Schlacht von Mesiche
Die Schlacht von Mesiche (oder auch Misiche) im Jahr 244 war ein entscheidender Sieg der persischen Sassaniden über eine römische Armee unter dem Kommando des Kaisers Gordian III.[1]
Nachdem zuvor die Sassaniden unter Ardaschir I. wiederholt auf römisches Gebiet vorgestoßen waren, rückte Gordian 243 mit einem starken Heer nach Mesopotamien vor (zu den Hintergründen siehe Römisch-Persische Kriege). Bei Resaina (dem heutigen Ras al-Ain), zwischen Karrhai und Nisibis gelegen, gelang den Römern ein Sieg über die Perser, die inzwischen von Ardaschirs Sohn Schapur I. regiert wurden.
Was nun folgte, wird in den Quellen unterschiedlich dargestellt und ist auch in der modernen Forschung umstritten. Nach mehreren westlichen (lateinisch/griechischen) Quellen wurde gegen den Kaiser intrigiert und dieser schließlich ermordet; sie widersprechen sich insofern als in manchen Quellen von einer Ermordung Gordians bei Ktesiphon, der persischen Hauptresidenz, die Rede ist, während es nach anderen Quellen zu einer Meuterei auf dem Rückmarsch des römischen Heeres aus Persien kam. Nach Angaben anderer Quellen starb Gordian sogar bereits vor dem römischen Einmarsch in das Perserreich.[2] Alle Quellen, die von einer Intrige gegen Gordian sprechen, sind spätantike oder byzantinische Werke, sind also nicht zeitgenössisch; sie bezichtigen praktisch übereinstimmend den Prätorianerpräfekten Gordians, Philippus Arabs, der Mittäterschaft an dem Komplott.[3] Diesen Berichten liegt offenbar eine gemeinsame Vorlage zugrunde, bei den lateinischen wahrscheinlich die sogenannte Enmannsche Kaisergeschichte. Bei einigen der besagten Werke aus der Zeit des 5. bis 13. Jahrhunderts, die in griechischer Sprache verfasst sind, sind aber auch Informationen aus einer anderen Quellentradition erkennbar.
Es existiert jedoch noch eine andere, weitaus zeitnähere Quellenüberlieferung, die auf einer Siegesinschrift Schapurs I. beruht, einer dreisprachigen Inschrift bei Naqsch-e Rostam, den sogenannten res gestae divi Saporis. Demnach erlitt Gordian, der mit einem großen Heer angerückt war, bei Mesiche wohl im Februar des Jahres 244 eine vernichtende Niederlage und wurde getötet, woraufhin die Römer Frieden schließen mussten. Auch auf einem sassanidischen Felsrelief wird Gordian am Boden gezeigt, zu Füßen von Schapur auf seinem Pferd. Nach seinem Sieg benannte Schapur Mesiche in Peroz-Schapur („Siegreich ist Schapur“) um.[4]
Dem Tatenbericht Schapurs – der zwar auch eine Propagandaschrift darstellt, aber kaum eine grob verfälschende Darstellung wiedergibt[5] – wurde in der Vergangenheit bisweilen weniger Glauben geschenkt als den westlichen Quellen. Doch decken auch Aussagen bei mehreren byzantinischen Geschichtsschreibern (unter anderem Georgios Kedrenos [der nicht von einer Ermordung spricht] und Johannes Zonaras), die auf ältere Vorlagen zurückgreifen konnten, möglicherweise durchaus den Bericht Schapurs ab, wenngleich etwa Zonaras vom Tod Gordians II. in der Schlacht berichtet (statt von Gordian III., was vielleicht auf einer Verwechslung beruht).[6] Der Tod Gordians in der Schlacht von Mesiche bzw. eventuell aufgrund von in der Schlacht erlittenen Verletzungen, wird in der modernen Forschung denn auch von mehreren Forschern akzeptiert.[7] Zudem sind die Quellen, die Philippus Arabs die Schuld am Tod des Kaisers zuweisen, kaum weniger problematisch als der Tatenbericht Schapurs, da sie weitgehend darum bemüht sind, Gordian in einem guten und Philippus in einem möglichst schlechten Licht darzustellen.
Dass die Schlacht von Mesiche in westlichen Quellen verschwiegen wird, ist, da es sich um eine Niederlage handelte, durchaus nachvollziehbar, zumal auch der römische Sieg bei Resaina (wenn auch nur von Ammianus Marcellinus erwähnt)[8] in der Inschrift Schapurs unerwähnt bleibt. Möglicherweise lassen sich die widersprechenden Aussagen auch so in Einklang bringen, als dass Gordian bei Mesiche unterlag und erst anschließend von aufgebrachten Soldaten ermordet wurde.[9] Eine eindeutige Antwort kann jedoch nicht formuliert werden.
Literatur
- Erich Kettenhofen: Die römisch-persischen Kriege des 3. Jahrhunderts n. Chr. Nach der Inschrift Sāhpuhrs I. an der Ka’be-ye Zartošt (ŠKZ). Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients B 55. Wiesbaden 1982.
- Christian Körner: Philippus Arabs. Ein Soldatenkaiser in der Tradition des antoninisch-severischen Prinzipats (Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte 61). Berlin u. a. 2002.
- David MacDonald: The death of Gordian III - another tradition. In: Historia 30 (1981), S. 502–508.
Anmerkungen
- Allerdings wird die Schlacht nur in einer persischen Inschrift direkt erwähnt, siehe die Ausführungen im Artikel.
- Quellennachweise bei Körner, Philippus Arabs, S. 75f.
- Belege bei Körner, S. 79ff.
- In späteren Quellen, etwa bei Ammianus Marcellinus, wird diese bedeutende Stadt als Pirisabora bezeichnet, die Araber nannten die Stadt al-Anbar; vgl. dazu Philological and historical commentary on Ammianus Marcellinus XXIV. Hrsg. von J. den Boeft u. a. Brill, Leiden u. a. 2002, S. 48f. In Schapurs „Tatenbericht“ (Res Gestae Divi Saporis) heißt es dazu: „Und als ich anfangs im Reich zur Herrschaft gekommen war, zog der Kaiser Gordian aus dem ganzen Reich der Römer, Goten und Germanen ein Heer zusammen und kam nach Mesopotamien gegen das Reich Eran und uns. Und an den Grenzen Babyloniens bei Mesik kam es gegeneinander zur großen Schlacht. Und der Kaiser Gordian fand den Tod, und wir vernichteten das römische Heer. Da wählten die Römer Philippus zum Kaiser. Und der Kaiser Philippus kam zu uns um Fürbitte, und er zahlte uns für ihr Leben 500000 Denare Lösegeld, und er trat in Tributpflicht zu uns. ...“; Zitat nach Josef Wiesehöfer: Das antike Persien. Aktualisierte Auflage. Düsseldorf 2005, S. 216.
- Vgl. dazu auch Engelbert Winter, Beate Dignas: Rom und das Perserreich. Zwei Weltmächte zwischen Konfrontation und Koexistenz. Berlin 2001, S. 96f.
- Belege bei Körner, S. 84f., der diesen Notizen keinen historischen Wert beimisst. Vgl. aber Thomas Banchich (Übersetzer): The History of Zonaras: From Alexander Severus to the Death of Theodosius the Great. Routledge, London-New York 2009, S. 89, Anmerkung 25.
- Überblick bei Körner, S. 87f., wenngleich er selbst nicht dieser Meinung ist. Von dem Tod Gordians in der Schlacht gehen jedoch diverse neuere Fachpublikationen bzw. Handbücher aus, siehe unter anderem: John Drinkwater: Maximinus to Diocletian and the „Crisis“. In: The Cambridge Ancient History. Hrsg. von Averil Cameron u. a. Bd. 12. Cambridge 2005, S. 35f.; Kettenhofen, Kriege, S. 31ff.; Santo Mazzarino: Antico, tardoantico ed èra costantiniana. Bd. 2, Bari 1980, S. 53ff.; Michael Sommer: Römische Geschichte II. Rom und sein Imperium in der Kaiserzeit (= Kröners Taschenausgabe. Band 458). Kröner, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-520-45801-8, S. 271, 283 (dort zurückhaltender formuliert); Karl Strobel: Das Imperium Romanum im 3. Jahrhundert. Modell einer historischen Krise?. Stuttgart 1993, S. 218.
- Ammian 23,5,17.
- So der Rekonstruktionsversuch von David S. Potter: The Roman Empire at Bay. London u. a. 2004, S. 236.