Schienenverkehr auf Mallorca
Der Schienenverkehr auf Mallorca umfasst heute ein Streckennetz mit rund 118 Kilometern Länge. Dieses wird von zwei Bahngesellschaften, der staatlichen Serveis Ferroviaris de Mallorca (SFM) und der privaten Ferrocarril de Sóller (FS), betrieben.
Strecken
Es handelt sich dabei um
- die Strecke Palma–Sóller mit der anschließenden Straßenbahn von Sóller nach Port de Sóller, betrieben von der FS
- die Strecke Palma–Inca mit den beiden Fortsetzungen Inca–Sa Pobla und Inca–Manacor, betrieben von der SFM.
- eine 8,5 Kilometer lange U-Bahn zwischen dem Stadtzentrum von Palma und dem Universitätsgelände, ebenfalls betrieben von der SFM.
Geschichte
Die erste Eisenbahn wurde vom mallorquinischen Ingenieur Eusebi Estada i Sureda (1843–1917) geplant und am 24. Februar 1875 eröffnet. Die in einer Spurweite von 914 mm (drei englische Fuß) angelegte Strecke der Ferrocarriles de Mallorca (FM) führte von Palma nach Inca. Bis 1927 wurde die Bahnstrecke in zwei Ästen über Manacor nach Artà sowie über Muro nach Sa Pobla verlängert. Zudem wurde eine Zweigstrecke von Santa Maria nach Felanitx errichtet. Eine weitere Strecke verband Palma mit Santanyí. Im Jahre 1931 wurde der vielbefahrene Abschnitt Palma–Inca zweigleisig ausgebaut.[1]
Die private Ferrocarril de Alaró nahm 1881 die Strecke Consell–Alaró in Betrieb[2]. Die ebenfalls private Ferrocarril de Sóller wurde am 5. November 1905 gegründet. Sie errichtete die Strecke Palma–Sóller mit einer Spurweite von 914 mm, die das Tramuntana-Gebirge mit mehreren Tunnels durchquert. Schon 1927 wurde die Strecke von Siemens-Schuckert elektrifiziert, um die Rauchbelastung in den Tunnels zu reduzieren.
Eine erste Stilllegung traf 1941 die private Strecke Consell–Alaró. Die Strecken der FM gingen an die 1965 gebildete, staatliche spanische Schmalspureisenbahngesellschaft FEVE über. Der neue Betreiber beschaffte Dieseltriebwagen und vereinheitlichte die Spurweite auf Meterspur. Die Ferrocarril de Sóller, die nicht von der FEVE übernommen wurden, blieb davon ausgenommen und behielt ihre Spurweite. Damit war der Wagenübergang, der auch vorher ohnehin nur selten praktiziert wurde, nicht mehr möglich. 1964 und 1977 folgten weitere Stilllegungen, so dass nur noch die Strecken Palma–Sóller und Palma–Inca in Betrieb waren. Die geschlossenen Streckenabschnitte wurden jedoch nicht abgebaut. 1994 wurde die SFM gegründet, sie übernahm die FEVE-Strecke Palma–Inca und begann ein Modernisierungsprogramm. Dabei wurden die stillgelegten Strecken nach Sa Pobla (2001) und Manacor (2003) wieder aufgebaut. In den Jahren 2005 bis 2007 errichtete man zudem einen neuen Hauptbahnhof in Palma. Die Gleisanlagen wurden dabei unter die Erdoberfläche verlegt. Die Metro de Palma wurde am 25. April 2007 eröffnet. Die Strecke mit einer Spurweite von 1000 mm verbindet das Stadtzentrum mit dem Gelände der Universität der Balearen. Die Strecke Richtung Inca verläuft seitdem bis zum Autobahnring in einem gemeinsamen Tunnelbauwerk mit der Strecke der Metro. Während die Metro von Anfang an elektrisch betrieben wird, wurde der Tunnelabschnitt der Strecke Palma–Inca beim Bau nur auf die Elektrifizierung mit Deckenstromschienen vorbereitet.
Im März 2010 begannen die Arbeiten zum Wiederaufbau des Abschnittes von Manacor nach Artà; dieser sollte als sogenannter Tren-Tram mit Niederflureinstiegen entstehen. Bereits im Frühjahr 2011 wurden für die geplante Inbetriebnahme sechs dreiteilige Stadtbahnfahrzeuge des Typs Vossloh Citylink geliefert. Aufgrund ungeklärter Finanzierung wurde Ende Juli 2011 ein Baustopp für den Streckenneubau verhängt.[3] Vorhandene Baumaßnahmen (Hallen, Trassen, Unterführungen, Verkehrsumleitungen) liegen brach. Im April 2013 ließ die amtierende Regionalregierung verlauten, dass die Strecke nach Arta nicht mehr ausgebaut werden wird. Die Trasse wird seit 2014 als touristischer Radweg (Via Verde) benutzt.[4]
Der Abschnitt Palma–Inca–Enllaç wurde mit 1500 V Gleichspannung elektrifiziert; die Strecke wurde am 16. Februar 2012 in Betrieb genommen.[5] In Enllaç trennen sich die Streckenäste nach Sa Pobla und Manacor. Das restliche Bahnnetz der SFM auf Mallorca ist seit 2019 vollständig elektrifiziert. Am 8. Januar 2019 weihte Balearen-Ministerpräsidentin Francina Armengol das letzte 32 Kilometer lange Teilstück zwischen dem Bahnhof Enllaç und Manacor ein. Damit werden alle Strecken auf der Insel elektrisch betrieben.
Streckennetz
Das Streckennetz der Serveis Ferroviaris de Mallorca hat heute eine Länge von rund 77 Kilometer. Bis zum Beginn der Streckenstilllegungen betrug die Länge rund 236 Kilometer. Der Abschnitt Palma–Inca ist seit 1931 zweigleisig.
Streckenübersicht
- Palma–Santa Maria–Consell–Inca
- Inca–Enllaç–Muro–Sa Pobla
- Inca–Enllaç–Sineu–Manacor–Artá
- Santa Maria–Felanitx
- Consell–Alaró (Privatbahn)
- Palma–Llucmajor–Campos–Santanyí
- Palma–Sóller–Port de Sóller (Privatbahn)
- Palma Stadt–Palma Universität (Metro)
(fett hervorgehobene Strecken sind in Betrieb)
Eröffnungs- und Stilllegungsdaten
(der staatlichen Strecken)
Streckenabschnitt | Länge (km) | eröffnet | eingestellt | Bemerkungen |
---|---|---|---|---|
Palma–Inca | 28,60 | 1875 | – | in Betrieb durch Serveis Ferroviaris de Mallorca |
Palma–Hafen | 2,90 | 1877 | 1931 | |
Inca–Sinéu | 13,84 | 1878 | 1977 | 2002 grundsaniert – wieder in Betrieb durch Serveis Ferroviaris de Mallorca |
Inca–Sa Pobla | 13,10 | 1878 | 1981 | 2001 grundsaniert – wieder in Betrieb durch Serveis Ferroviaris de Mallorca |
Sinéu–Manacor | 21,31 | 1879 | 1977 | 2003 grundsaniert – wieder in Betrieb durch Serveis Ferroviaris de Mallorca |
Consell–Alaró | 3,72 | 1881 | 1941 | |
Santa Maria–Felanitx | 42,79 | 1897 | 1964 | |
Palma–Llucmajor | 30,72 | 1916 | 1964 | Einstellung im Zuge des Flughafenbaus in Palma
Reaktivierung geplant[6] |
Llucmajor–Santanyí | 17,50 | 1917 | 1964 | |
Manacor–Artà | 30,35 | 1921 | 1977 | Strecke sollte erneut betrieben werden. Aus finanziellen Gründen wurde dieses – kurz vor Abschluss der Bauarbeiten – wieder verworfen (Frühjahr/Sommer 2013)[7] |
Inca–Palma (2. Gleis) | 28,60 | 1931 | – | in Betrieb durch Serveis Ferroviaris de Mallorca |
Palma–Hafen (Stadttunnel) | 2,13 | 1931 | 1964 | |
Plaça d’Espanya – Universitat des Illes Balears (Metro Palma) | 8,5 | 2007 | – | in Betrieb durch Serveis Ferroviaris de Mallorca |
Inca–Enllaç (zweites Gleis) | ? | 2009 | – | in Betrieb durch Serveis Ferroviaris de Mallorca |
Palma–Inca (Elektrifizierung) | 28,60 | 2012 | – | in Betrieb durch Serveis Ferroviaris de Mallorca |
Die Strecke der Ferrocarril de Sóller führt an die Nordküste. Sie muss dabei die Berge der Serra de Tramuntana überwinden. Auf der 27 Kilometer langen Strecken mussten 13 Tunnel, unter anderem auch ein Kehrtunnel, sowie ein 52 Meter langes Viadukt Cinc Ponts errichtet werden.
Die U-Bahn hat in Son Costa-Son Fortesa eine Verbindung zum Streckennetz der Serveis Ferroviaris de Mallorca.
Organisation des Verkehrs
Die Aufsicht über den Verkehr auf den Balearen untersteht dem Govern de les Illes Balears, genauer dem Ministerium für Verkehr- und Bauwesen. Die Transport de Illes Balears (TIB) koordiniert als Zentralgesellschaft den Omnibus-, Bahn-, Flug- und Schiffsverkehr.
Planungen
Eine Verlängerung der Strecke nach Sa Pobla bis nach Alcúdia wird gelegentlich diskutiert. Damit würden die beiden größten mallorquinischen Häfen auf der Schiene verbunden.[8]
Der Bau von Straßenbahn-Linien zum Flughafen[9][10] und zum Landeskrankenhaus Son Espases wird geplant.[11][12]
Siehe auch
- Ferrocarriles de Vía Estrecha (kurz FEVE; [spanische] Schmalspureisenbahnen)
Literatur
- J. Pere Brunet Estarelles: La Companyia dels Ferrocarrils de Mallorca. Institut D’Estudis Baleárics, 1994, ISBN 84-87026-34-6 (katalanisch).
- Nicolau S. Cañellas Serrano: El Ferrocarril a Mallorca. La via del progrés. Edicions Documenta Balear, Palma de Mallorca 2001, ISBN 84-95694-17-4 (katalanisch).
- Ekkehard Schönherr: Modernes Mallorca. Von der "Insel mit Industrie" zum "Touristenparadies". Logos-Verlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-8325-4989-3.
- Klaus-Jürgen Vetter, Sarah Wolff: Mallorca mit dem Zug entdecken. Bruckmann-Verlag, München 2001, ISBN 3-7654-7180-1.
- Klaus-Jürgen Vetter, Wolfgang Heitzmann, Sarah Wolff: Eisenbahnparadies Mallorca. GeraMond, 2004, ISBN 3-7654-7254-9.
Weblinks
- Transport de Illes Balears. Abgerufen am 2. November 2011 (katalanisch, spanisch).
- Ferrocarril de Sóller. Abgerufen am 2. November 2011.
- Eisenbahn auf Mallorca. Abgerufen am 2. November 2011 (Grundlage für diesen Artikel).
- Bahn-, Bus- und Fährverbindungen. Abgerufen am 2. November 2011.
- Tren de Soller. In: AlpenTunnel.de. Abgerufen am 2. November 2011 (Bilder und Video).
- Eisenbahn auf Mallorca. Abgerufen am 23. Juli 2014 (Bilder, Infos).
- Trens de Mallorca (spanisch: Die Züge Mallorcas). Abgerufen am 5. September 2019.
- spanishrailway.com
Einzelnachweise
- La Nación (Madrid), 27. Dezember 1928, Seite 6
- Spanish Railway » Blog Archive » Ferrocarril de Alaró (Consell-Alaró). Abgerufen am 6. September 2019 (spanisch).
- Bahnausbau auf Mallorca. In: Eisenbahn-Revue International. Nr. 6, 2010, S. 297.
- Vía Verde Manacor - Artà-Inicio. GOVERN ILLES BALEARS, abgerufen am 28. Januar 2021 (spanisch).
- eisenbahn-magazin 4/2012, S. 23.
- Línia de Santanyí. In: trensdemallorca.com. Abgerufen am 6. September 2019 (spanisch).
- Endgültiges Aus für Eisenbahnstrecke Manacor-Artà. In: Mallorca Zeitung. 19. April 2013, abgerufen am 28. Januar 2021.
- El trazado norte de la línea ferroviaria sa Pobla-Alcúdia, el más viable técnicamente. 12. Februar 2009, abgerufen am 6. September 2019 (spanisch).
- Mit der Tram zum Ballermann. Abgerufen am 28. Januar 2021.
- Mallorca plant Straßenbahn zu Flughafen und Playa de Palma. Abgerufen am 28. Januar 2021.
- Straßenbahn in Palma de Mallorca soll über Gleise des Roten Blitzes bis Son Espases fahren. Abgerufen am 28. Januar 2021.
- mallorcazeitung.es: So soll die neue Straßenbahn von Palma bis Son Espases fahren. Abgerufen am 28. Januar 2021.