Schellensee
Der Schellensee ist die Bezeichnung für einen nicht öffentlich zugänglichen Teich in Wien-Liesing, genauer Siebenhirten.
Lage
Der Schellensee liegt im Südosten von Wien in Siebenhirten, Liesing. Er wird eingegrenzt vom Kellerberg und Kellerberggasse im Westen, Auf der Schanz im Süden, der Schellenseegasse im Osten und der Varonnegasse im Norden. Der See hat eine Größe von ca. 20 000 m², das abgegrenzte Areal ca. 60 000 m².
Der See ist in Privatbesitz und daher nicht öffentlich zugänglich.
Geschichte
Der Schellensee ist ein ehemaliger Ziegelteich. Ursprünglich gehörte der Ziegelteich zum Gräflich Strachwitz´schem Ziegelwerk Schellenhof (Inh. Graf Moritz Strachwitz)[1]. Laut Der Reporter. Wochenschrift für Handel, Industrie in 1873 war es eine "entsetzlich herabgekommene Ziegelei"[2]. Die Firma der Strachwitzer Ziegelwerke Schellenhof wurde 1896 aufgelöst[3]. Die Ziegelei wurde von Ferdinand Schindler übernommen. Von dieser Zeit stammt auch das Ziegelzeichen Ziegelwerk Schellenhof[4]. 1929 kauften die Wiener Ziegelwerke das Ziegelwerk Schellenhof um 360.000 Kronen von Ferdinand Schindler[5].
Um 1905 arbeitet der Vater von Johnny Weissmüller (später berühmt als Tarzan Darsteller) im Ziegelwerk Siebenhirten vor deren Weiterreise nach Amerika. Johnny Weissmüller war damals 1 Jahr alt.[6]
Um 1915 wurde der Ziegelteich vom steigenden Grundwasser geflutet. Laut historischen Zeitungsberichten versinken im Zuge "eine Dampfwalze" und ein "schmuckes Haus". In Folge wurde der See als Eisteich für die Brauerei Schellenhof verwendet.[7] Dafür wurden aus dem Schellensee Eisblöcken geschnitten um das Bier in den Kellern der Brauerei zu kühlen.[8] Die Brauerei Schellenhof wurde 1926 geschlossen und 1944 durch Bombenangriffe zerstört.[9]
Um 1930 übernimmt Oswald Glasauer, Rechtsanwalt und Wiener Gemeinderat für Hietzing von 1915 bis 1918, das Areal. Laut Zeitungsbericht vom 12. Juni 1930[10] wurde in der Verlängerung der Ferdinand Schindlergasse (seit 1957 Schellenseegasse[11]) "auf dem Plateau eine Hügels ein neuwertiges Kabinenhaus und der alte Kaffeekiosk vom Graben" errichtet. Weiters wurden über 60,000 Bäume gepflanzt, ein Badestrand mit "Korb" und abgegrenzten Bereich für Nichtschwimmer[12] eingerichtet und Badehütten gebaut. Am 29. März 1930 wird das Areal als Strandbad Schellensee behördlich konzessioniert. Am 8. Juni 1930 erfolgt die Eröffnung[13]. Der Eintritt damals 70 Groschen. Aktivitäten waren nicht nur Badesport, sondern auch Rudern. Am 31. August 1930 findet ein Schwimmwettbewerb der "Arbeiterturner" vor 1000 Zusehern statt.[14] Im Oktober 1932 werden "herrliche Baugründe" am Schellensee ab 1.50 Schilling verkauft[15] Laut Pharmazeutische Post in 1934 wird der Schellensee auf Grund des sauberen und natürlich gefilterten Wassers auch ärztlich empfohlen.[16]
In einem Inserat im Allgemeinen Illustrierten Wochenblatte vom Juni 1934 wird jedem 5000. Besucher ein "Wochenendhaus" am Bad Schellensee versprochen.
Mit Einsendeschluss 30.9. findet 1937 ein Fotowettbewerb zum Thema "Schellensee" statt.[17] Im August 1938 findet ein Strandfest mit "verschiedenen Schönheitskonkurrenzen" und "Strandkabarett" statt.[18] Im August 1943 ertrinkt der Hilfsarbeiter Jaroslav Zmunda beim Wildbaden.[19]
Gegen Ende des 2. Weltkrieges zerstören schwere Bombenangriffe im Mai und August 1944 unter anderem den am Schellensee angrenzenden Luftschutzkeller unter dem Kellerberg. Laut Zeitzeugen schlugen Bomben auch in den Schellensee ein.[20] Im August 1948 ertrinkt "des schwimmen unkundigen Taxifahrer Pretsch-Lerchenhort" im Schellensee.[21]
Bis heute befindet sich das Areal im Privatbesitz und die Badehütten werden verpachtet.
Weblinks
Ziegelzeichen Ziegelwerk Schellenhof, Ferdinand Schindler 1883–1905
Einzelnachweise
- ANNO, Wiener Handelsblatt: wirtschaftspolitische Tageszeitung zur Förderung von Industrie, Handel und Export, 1869-12-03, Seite 2. Abgerufen am 12. September 2021.
- ANNO, Der Reporter. Wochenschrift für Handel, Industrie, 1873-08-05, Seite 2. Abgerufen am 12. September 2021.
- ANNO, Neue Freie Presse, 1896-12-06, Seite 12. Abgerufen am 12. September 2021.
- Ziegelzeichen L-Z. In: Stadtarcheologie.at. Werner Chmelar – Stadtarchäologie Wien und mit Dr. Gerhard Zsutty – Wiener Sondermuseum Ziegel und Baukeramik., Juli 2021, abgerufen am 12. September 2021 (deutsch).
- ANNO, Wiener Zeitung, 1910-05-22, Seite 21. Abgerufen am 12. September 2021.
- Lutz Maurer: Johnny Weissmüller: Der Tarzan-Jodler. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 7. September 2021]).
- Brauerei Schellenhof. Abgerufen am 31. August 2021 (deutsch).
- Auf Spurensuche in einem besonderen Stadtteil - Agenda Liesing. Abgerufen am 31. August 2021.
- Brauerei Schellenhof. Abgerufen am 7. September 2021.
- ANNO, (Neuigkeits) Welt Blatt, 1930-06-12, Seite 4. Abgerufen am 12. September 2021.
- Ferdinand-Schindler-Gasse (23). Abgerufen am 12. September 2021 (deutsch (Sie-Anrede)).
- ANNO, (Neuigkeits) Welt Blatt, 1930-06-12, Seite 4. Abgerufen am 12. September 2021.
- ANNO, Die Stunde, 1930-06-08, Seite 8. Abgerufen am 7. September 2021.
- ANNO, Arbeiter Zeitung, 1930-09-02, Seite 9. Abgerufen am 7. September 2021.
- ANNO, Die Stunde, 1932-10-30, Seite 16. Abgerufen am 7. September 2021.
- ANNO, Pharmaceutische Post, 1934-09-22, Seite 9. Abgerufen am 7. September 2021.
- ÖNB-ANNO - Photo Sport. Abgerufen am 7. September 2021.
- ANNO, Österreichisches Abendblatt, 1933-08-10, Seite 7. Abgerufen am 7. September 2021.
- ANNO, Illustrierte Kronen Zeitung, 1943-08-04, Seite 5. Abgerufen am 7. September 2021.
- Marcello La Speranza: Bomben auf Wien: Zeitzeugen berichten. Ibera, 2003, ISBN 978-3-85052-169-7 (google.at [abgerufen am 7. September 2021]).
- ANNO, Wiener Kurier, 1947-08-21, Seite 2. Abgerufen am 7. September 2021.