Schadt-Helfrich-Zelle
Die Schadt-Helfrich-Zelle ist ein bestimmter Typ Flüssigkristall-Anzeige, auch bekannt als TN-Zelle.
Geschichte
Am 4. Dezember 1970 meldeten Martin Schadt und Wolfgang Helfrich, damals im Central Research Laboratory der Firma Hoffmann-La Roche tätig, das erste Patent über die „nematische Drehzelle“ (TN-Zelle, Schadt-Helfrich-Zelle) in der Schweiz an[1]. In Deutschland lehnte das Patentamt damals die Patenterteilung wegen mangelnder Erfindungshöhe ab[2], aber in 21 anderen Ländern wurde das Patent erteilt.
Aufbau und Funktion
In der Schadt-Helfrich Zelle bilden die Flüssigkristallmoleküle im spannungsfreien Zustand eine kontinuierliche Verschraubung von 90° aus, der die Polarisationsrichtung des beim Eintritt in die Zelle linear polarisierten Lichts folgen kann. Ist der zweite Polarisator senkrecht zum ersten angeordnet, kann das Licht die Zelle im spannungsfreien Zustand durchqueren, die Zelle ist transparent. Diese Betriebsart wird als normally white mode bezeichnet.
Bei allmählicher Erhöhung der Spannung über der Flüssigkristallschicht rotieren die Flüssigkristallmoleküle so, dass sie sich zunehmend parallel zum elektrischen Feld ausrichten. Die Moleküle auf den Substratplatten hingegen behalten ihre Ausrichtung auch bei hohen anliegenden Spannungen bei. Mit zunehmender Ausrichtung parallel zum elektrischen Feld nimmt die Rotation der Polarisationsrichtung ab und es erfolgt eine zunehmende Absorption des Lichts im zweiten (senkrecht zum ersten ausgerichteten) Polarisator. Damit nimmt die Transparenz der Zelle mit zunehmender Spannung kontinuierlich ab.
Aufgrund der niedrigen Ansteuerspannung (im Bereich weniger Volt), und der nahezu leistungslosen Ansteuerung (es ist kein Stromfluss zum Betrieb notwendig), bildet die Schadt-Helfrich-Zelle die Grundlage zur Anwendung von LCDs in tragbaren batteriebetriebenen Geräten, wie z. B. Taschenrechnern und Armbanduhren. Diese Anwendungen wiederum bildeten die Grundlage für die weite Verbreitung dieser ersten LCDs und ihre rasant fortschreitende technische Entwicklung bis zum heutigen LCD-Fernsehbildschirm.
Erwähnenswertes
Es ist zu erwähnen, dass sich neben der durch Dünnfilmtransistoren (TFTs) angesteuerten TN-Zelle noch 2 weitere Technologien für moderne großflächige Flüssigkristall-Flachbildschirme mit reduzierter Sehrichtungsabhängigkeit durchgesetzt haben:
- VA-Displays (Vertical Aligned)
- IPS-Displays (In-Plane Switching)
Beide Technologien unterscheiden sich wesentlich von der von Schadt und Helfrich entwickelten TN-Zelle.
Quellen
- Kristallmanufaktur – Schritte auf dem Weg zum sehrichtungsunabhängigen LC-Schirm. c't 22(2005) S. 222.
- M. Schadt: Milestones in the History of Field-Effect Liquid Crystal Displays and Materials. In: Jpn J Appl Phys. 48, 2009, S. 1–9.
- Gerhard H. Buntz: Twisted Nematic Liquid Crystal Displays (TN-LCDs), an invention from Basel with global effects., Information No. 118, Oktober 2005
- David A. Dunmur und Horst Stegemeyer: Crystals that Flow: Classic papers from the history of liquid crystals. Taylor and Francis, 2004, ISBN 0-415-25789-1 History of Liquid Crystals Homepage
- Rolf Bucher: Wie Schweizer Firmen aus dem Flüssigkristall-Rennen fielen – Das Schicksal von Roche und BBC-Entwicklungen in zehn Abschnitten. In: Neue Zürcher Zeitung Nr. 141 56 / B12, 20. Juni 2005
- Werner Becker und Hans-Juergen Lemp: 100 years of Commercial Liquid Crystal Materials. In: Information Display 2, 2004
- 100 years of Liquid Crystals at Merck: The history of the future. Merck KGaA, Corporate Communications, 2004
- Werner Becker (Herausgeber): 100 years Liquid Crystals. In: Liquid Crystal Newsletter No. 19, 2004
- Michael Heckmeier, u. a.: Liquid Crystals for Active Matrix Displays.
- Liquid Crystals: Merck Makes Bits & Bytes Visible. Merck KGaA, Corporate Communications
Einzelnachweise
- Schweizer Patent No. 532 261
- Details dazu von Gerhard H. Buntz: Twisted Nematic Liquid Crystal Displays (TNLCDs) – Eine Erfindung aus Basel geht um die Welt.