Sanktionsfrei
Sanktionsfrei ist ein 2015 gegründeter eingetragener Verein zur Unterstützung von Hartz-IV-Empfängern. Er bietet insbesondere Unterstützung für diejenigen, die von einer SGB-II-Sanktion betroffen sind, und setzt sich für ein Ende solcher Sanktionen ein.[1][2]
Geschichte und Selbstverständnis
Sanktionsfrei wurde 2015 in Berlin von Helena Steinhaus gegründet, die zuvor zeitweise selbst von Hartz-IV betroffen war.[2] Unterstützt wird der Verein zudem von Inge Hanemann und Michael Bohmeyer.[3][4] Durch soziale Medien erlangte der Verein ein hohes Maß an Sichtbarkeit.[4]
Der Verein spricht sich für ein Ende der Hartz-IV-Sanktionen aus, die Betroffene unverhältnismäßig unter Druck setzen würden und kontraproduktiv seien, wenn es darum gehe, Menschen zurück in den Arbeitsmarkt zu vermitteln.[5] Hartz-IV sei deshalb ein „fragwürdiges Instrument“, mit dem der Staat seiner Fürsorgepflicht nicht gerecht werde.[6] Der Verein knüpft an die Idee eines Bedingungslosen Grundeinkommens an.[4]
Nach eigener Aussage sollen die Sanktionen durch massenhafte Beratung und Kollektivierung wirkungslos gemacht und die Jobcenter infolgedessen „lahmgelegt“ werden.[4]
Engagement
Sanktionsfrei hilft ALG2-Empfängern, die von einer Sanktion betroffen sind, denen also die Regelsätze unter das Existenzminimum gekürzt werden sollen. Betroffene können bei einer vorliegenden Ankündigung einer Sanktion oder einer bereits ausgesprochenen Sanktion über eine Internetplattform automatisiert ein Widerspruchsschreiben generieren lassen. Im Falle einer bereits ausgesprochenen Sanktion, bei der das Widerspruchsschreiben allein nicht ausreichend ist und lediglich der Fristwahrung dient, unterstützt Sanktionsfrei zudem bei der Suche und Finanzierung weiterer Rechtsberatung.[7]
Während der Dauer einer Sanktion versucht der Verein zudem, im Rahmen der Aktion „Hartzbreaker“ Betroffene finanziell zu unterstützen und die Verluste auszugleichen. Das Geld dafür kommt von privaten Spendern. Bis Mitte 2019 sammelte und verteilte der Verein 70.000 Euro an Spendengeldern.[8] Im Falle eines erfolgreichen Widerspruchs bzw. erfolgreicher Klage gegen die Sanktion wird der Betrag wieder zurückgezahlt und fließt erneut in den Solidartopf.[4]
Während der COVID-19-Pandemie, als die Sanktionen ausgesetzt wurden, aber durch steigende Lebensmittelpreise und ein Wegfall von beispielsweise Schulspeisungen sich die finanzielle Situation insbesondere für Familien verschärfte, unterstützte der Verein mehr als 230 zufällig ausgewählte betroffene Familien mit einer Einmalzahlung von 100 Euro.[6]
Weblinks
Einzelnachweise
- Alicia Lindhoff: Hartz-IV-Empfängerin erhebt Vorwürfe gegen Jobcenter - jemand schreitet ein. In: Watson.de. 26. Juni 2019, abgerufen am 2. November 2021.
- Lea Hampel: Hilfe bei Sanktionen. In: Süddeutsche Zeitung. 14. Juni 2020, abgerufen am 2. November 2021.
- Wolf-Sören Treusch: Internetplattform gegründet - Zur Strafe "Hartz-IV" kürzen? Nicht mit uns! In: Deutschlandfunk. 9. Februar 2016, abgerufen am 2. November 2021.
- Ulrike A. C. Müller: Protest und Rechtsstreit: SGB-II-Mobilisierung als Konservierung des Hartz-IV-Konflikts. Nomos Verlag, 2021, ISBN 978-3-7489-0844-9, S. 166 (google.com [abgerufen am 2. November 2021]).
- Alicia Lindhoff: Hartz IV ganz ohne Sanktionen. In: Frankfurter Rundschau. 7. Dezember 2018, abgerufen am 2. November 2021.
- Anne Seith: Hartz-IV-Empfänger in der Coronakrise: Was 100 Euro extra bewirken. In: Der Spiegel. 24. Juli 2020, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 2. November 2021]).
- Daniel Timmermann: Legal Tech-Anwendungen: Rechtswissenschaftliche Analyse und Entwicklung des Begriffs der algorithmischen Rechtsdienstleistung. Nomos Verlag, 2020, ISBN 978-3-7489-2180-6, S. 135 (google.com [abgerufen am 2. November 2021]).
- Steffen Herrmann: Die Hartz-4-Hackerin. In: Frankfurter Rundschau. 17. Dezember 2020, abgerufen am 2. November 2021.