Robert Hartmann (Naturforscher)
Karl Eduard Robert Hartmann (* 1. Oktober 1831 oder 8. Oktober 1832 in Blankenburg (Harz); † 20. April 1893 in Potsdam) war ein deutscher Naturforscher und Völkerkundler.
Leben
Hartmann studierte in Berlin Medizin und Naturwissenschaft, begleitete 1859 und 1860 den Freiherrn Adalbert von Barnim, Sohn des Prinzen Adalbert von Preußen und Therese Elßler (Frau von Barnim), nach Nordostafrika, wurde 1865 Lehrer der Zoologie und vergleichenden Physiologie an der landwirtschaftlichen Akademie zu Proskau und 1867 Privatdozent, ab 1873 Professor der Anatomie an der Universität zu Berlin. Im Jahr 1884 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt.
Er lieferte mehrere Untersuchungen über die Anatomie von Seetieren, angestellt an der italienischen und schwedischen Küste. Sein auf der afrikanischen Reise, besonders im Dschesiret-Senaar, gesammeltes Material für Geographie, Ethnographie und Zoologie verarbeitete er in dem Werk Reise des Freiherrn A. v. Barnim durch Nordostafrika etc. (Berlin 1863).
Hartmann und die Afrikawissenschaft
Hartmann war ein Freund des Afrikaforschers Heinrich Barth, dessen positive Beurteilung der Afrikaner er teilte. Seine Arbeit an dem umfangreichen und auf mehrere Bände konzipierten Werk über die Nigritier (gemeint sind die Schwarzafrikaner) stellte er ein, weil er zunehmend Ziel der Angriffe von rassistischen Kollegen wurden, die ihm vorwarfen, er sei während seines Aufenthalts in Afrika selber zum „Neger“ geworden. Seine Forschungen konnte er nur mehr außerhalb des universitären Bereiches fortführen, und die Untersuchungen zur Kultur der Afrikaner, die er im Sinne des 1865 verstorbenen Heinrich Barth fortführen wollte, mussten der rein anthropologischen Forschung weichen, wobei Hartmann sich im Gegensatz zu den meisten Fachkollegen nicht zu rassenideologischen Interpretationen der anthropologischen Befunde hinreißen ließ. Vor allem die Vertreter der Darwin’schen Evolutionstheorie wie Ernst Haeckel und Friedrich von Hellwald attackierten Hartmann, der sich offen gegen eine gemeinsame Abstammung wandte und sich zu einer modifizierten Form des Polygenismus bekannte, d. h. zur Lehre von der mehrfachen Entstehung derselben Gattungen (z. B. der Menschen) in unterschiedlichen Regionen der Erde.[1]
Werke
- Reise des Freiherrn A. v. Barnim durch Nordostafrika. Berlin 1863[2]
- Naturgeschichtlich-medizinische Skizze der Nilländer. Berlin 1865–1866
- Die Nigritier. Berlin 1876, Band 1 (Digitalisat)
- Die Völker Afrikas. Leipzig 1880
- Der Gorilla. Zoologisch-zootomische Untersuchungen. Leipzig 1880 (Volltext)
- Handbuch der Anatomie des Menschen. Straßburg 1881
- Die menschenähnlichen Affen und ihre Organisation im Vergleich zur menschlichen. Leipzig 1883
- Abessinien. Leipzig 1883
- Die Nilländer. Leipzig 1883
- Madagaskar etc. Leipzig 1886
Hartmann begründete 1869 mit Adolf Bastian die Zeitschrift für Ethnologie, war Schriftführer der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte und Generalsekretär der Anthropologischen Gesellschaft.
Literatur
- Karl Heinz Ciz: Robert Hartmann (1831–1893), Mitbegründer der deutschen Ethnologie. Gelsenkirchen: Müller, 1984. ISBN 3-89049-004-2.
- Céline Trautmann-Waller: Quand Berlin pensait les peuples. Anthropologie, ethnologie et psychologie (1850–1890). CNRS Éditions, Paris 2004, ISBN 2-271-06203-9
- Rolf Herzog: Robert Hartmanns Leistungen für die Völkerkunde Afrikas (PDF; 1,2 MB). In: Zeitschrift für Ethnologie. Band 100, 1975, S. (7)–15
Weblinks
Einzelnachweise
- Siehe dazu die Aufsätze über Hartmann und die Zeitschrift für Ethnologie in C. Trautmann: Quand Berlin pensait les peuples.(s. u. "Literatur")
- Eintrag zu R. Hartmann. Brockhaus Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1, S. 765, 1911, abgerufen am 6. April 2013.