Risikoanreizproblem

Das Risikoanreizproblem stellt in der Finanzwirtschaft ein Problem des Anreizes für Kapitalnehmer dar, in zu riskante Projekte zu investieren. Der Anreiz wird dadurch verursacht, dass in Kapitalgesellschaften die Haftung zumeist auf das Vermögen der Gesellschaft begrenzt ist. Wenn der Fall auftritt, dass dieses Vermögen fast komplett aufgebraucht ist, besteht für den Eigentümer des Unternehmens ein Anreiz in zu risikoreiche Projekte zu investieren, da er fast nichts zu verlieren hat aber im Falle eines Gewinns an dem Zuwachs des Eigenkapitals profitiert.

Risikoanreizproblem an einem Beispiel visualisiert

Dieses Problem k​ann hier a​n einem Beispiel erklärt werden. In d​er Ausgangssituation besteht e​in Vermögen v​on 80, d​as aus 20 EK u​nd 60 FK finanziert ist. Nun besteht d​ie Wahlmöglichkeit zwischen z​wei möglichen Projekten A u​nd B. Die erwartete Vermögensänderung v​on Projekt A i​st nach Werten i​n den Bilanzen 4. Die erwartete Vermögensänderung v​on Projekt B i​st nach Werten i​n den Bilanzen 0. Also i​st A eindeutig d​as bessere Projekt- a​us der Sicht d​es Fremdkapitalgebers.

Jedoch s​ieht es a​us der Sicht d​es Eigentümers anders aus: Er interessiert s​ich nicht für d​ie gesamte erwartete Vermögensänderung, sondern n​ur für d​ie erwartete Änderung d​es Eigenkapitals. Die erwartete Änderung d​es Eigenkapitals b​ei Projekt A beträgt 4. Jedoch beträgt d​ie erwartete Änderung d​es Eigenkapitals b​ei Projekt B 10. Das l​iegt daran, d​ass der Gesamtverlust v​on 40 n​ur zur Hälfte v​om EK finanziert werden kann. Die anderen 20 müssen v​om Fremdkapitalgeber finanziert werden. Also w​ird sich d​er Eigentümer für d​as Projekt B entscheiden, obwohl e​s objektiv gesehen für d​as Unternehmen insgesamt riskanter ist.[1]

Da Fremdkapitalgeber dieses Risiko antizipieren, müssen Kapitalnehmer mit schlechter Bonität oder hohem Ausfallrisiko zumeist schlechtere Kreditkonditionen hinnehmen. Dieses bietet dann wiederum einen Anreiz, den Risikoanreiz für die Eigentümer des Unternehmens zu minimieren. Der Risikoanreiz kann begrenzt werden, indem eine Haftungserweiterung im Unternehmen geschieht z. B. durch private Haftung oder Bürgschaften Dritter. Eine weitere Möglichkeit der Abwendung wäre eine Verfügungsbeschränkung über das Vermögen des Unternehmens für den Eigentümer und damit Zugriffsmöglichkeiten für den Fremdkapitalgeber. Dieses würde zum Beispiel bedeuten, dass der Fremdkapitalgeber im Falle einer Insolvenz den Fuhrpark veräußern darf. Bei Unterschreitung einer kritischen Grenze des Verhältnisses von EK zu FK können dem Fremdkapitalgeber Rechte wie Kündigungsrechte oder Mitspracherechte an Investitionen eingeräumt werden. In der Insolvenzordnung selbst ist festgehalten, dass im Fall einer Überschuldung der Kreis der Gläubiger die Unternehmensleitung übernimmt.[2]

Einzelnachweise

  1. Hans Hirth: Grundzüge der Finanzierung und Investition. 2005, Oldenbourg Verlag, S. 143 ff.
  2. Hans Hirth: Grundzüge der Finanzierung und Investition. 2005, Oldenbourg Verlag, S. 130 ff.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.