Rentenformel
Die Rentenformel dient der Bestimmung der Höhe der monatlichen gesetzlichen Rente und ist im deutschen Sozialrecht in § 64 des Sechsten Buch Sozialgesetzbuch normiert (SGB VI). Die Formel beinhaltet alle aus dem Versicherungsverlauf des Versicherten zusammengetragenen rentenrechtlichen Zeiten und wird auf Grundlage der jeweils individuellen Erwerbsbiographie ermittelt.
Die monatliche Bruttorente berechnet sich, indem die während des Versicherungslebens ermittelten persönlichen Entgeltpunkte unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors mit dem aktuellen Rentenwert und dem Rentenartfaktor multipliziert werden.
Für die knappschaftliche Rentenversicherung gelten Besonderheiten (§ 79 bis § 87 SGB VI)
Von der Rentenformel ist die Rentenanpassungsformel zu unterscheiden, nach der der aktuelle Rentenwert grundsätzlich jedes Jahr zum 1. Juli berechnet wird.
Die Rentenformel
Mathematisch notiert lautet die Formel:
- Rentemonatlich = EP · ZF · aRW · RAF
wobei:
Rentemonatlich | Monatliche Bruttorente in Euro |
EP | Summe der Entgeltpunkte aufgrund des Versicherungsverlaufs |
ZF | Zugangsfaktor |
aRW | Aktueller Rentenwert in Euro |
RAF | Rentenartfaktor |
Das Produkt EP · ZF ergibt die persönlichen Entgeltpunkte.
Aus den Anfangsbuchstaben der Faktoren ergibt sich das Akronym EZRA (eigentlich EZRa), weshalb die Rentenformel gelegentlich auch EZRA-Formel genannt wird.
Entgeltpunkte (EP)
Die Summe an Entgeltpunkten spiegeln die relative versicherte Einkommensposition während des Arbeitslebens wider. Ein versichertes Arbeitseinkommen in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres ergibt einen vollen Entgeltpunkt.
Für bestimmte beitragsfreie Zeiten werden Entgeltpunkte angerechnet, deren Höhe von der Höhe der in der übrigen Zeit versicherten Arbeitseinkommen abhängig ist.
Zugangsfaktor (ZF)
Geht ein Versicherter früher oder später in Rente, wird dieser Umstand durch den Zugangsfaktor berücksichtigt. Damit werden Vorteile und Nachteile einer unterschiedlichen Bezugsdauer der Rente ausgeglichen. Der Zugangsfaktor beträgt 1,0, wenn eine Altersrente mit dem regulären Rentenbeginn anfängt. Bei früherem Beginn einer Altersrente ist er kleiner als 1,0 und bei über die Regelaltersgrenze hinausgeschobenem Rentenbeginn größer als 1,0.
Rentenartfaktor (RAF)
Durch den Rentenartfaktor wird das Sicherungsziel der jeweiligen Rentenart im Verhältnis zu einer Altersrente bestimmt. Bei Rentenarten mit Lohnersatzfunktion beläuft er sich auf 1,0 und bei Rentenarten mit Unterhaltsfunktion ist er kleiner als 1,0.
Aktueller Rentenwert (aRW)
Der aktuelle Rentenwert wird zum 1. Juli jedes Jahres in Abhängigkeit von der Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter, dem Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung und demographischer Veränderungen (Nachhaltigkeitsfaktor) angepasst. Die Rate der Rentenanpassung wird nach der Rentenanpassungsformel berechnet.
Zahlenbeispiele für die angewandte EZRA-Formel
- Ein 1946 geborener Arbeitnehmer hat 45 Jahre in Westdeutschland rentenversicherungspflichtig gearbeitet und stets ein Arbeitsentgelt in Höhe des Durchschnittsentgelts (West) verdient, sodass er pro Jahr einen Entgeltpunkt erhält. Mit 65 Jahren geht er im Herbst 2019 zum vorgesehenen Zeitpunkt in Altersrente. Hieraus ergibt sich folgende Rentenberechnung: 45 Entgeltpunkte (EP) × 1,0 (ZF) × 1,0 (RAF) × 33,05 EUR (aRW) = 1.487,25 EUR monatliche Bruttorente. Der Rentenartfaktor der Regelaltersrente ist 1,0.[1] Der Zugangsfaktor beträgt bei Renteneintritt zum gesetzlich vorgesehenen Zeitpunkt 1,0. Der aktuelle Rentenwert belief sich im Herbst 2019 auf 33,05 EUR. Er verändert sich zum 1. Juli jeden Jahres.
- Bei einem anderen westdeutschen Arbeitnehmer, der ebenfalls im Herbst 2019 in Rente ging, betrug das beitragspflichtige Arbeitsentgelt immer genau 2/3 des Durchschnittsentgeltes, dies entspricht 0,6667 EP pro Jahr. Nach 45 Jahren Arbeit ergibt sich dann ein Rentenanspruch von 30 Entgeltpunkten. Die Höhe seiner Regelaltersrente berechnete sich bei Rentenbeginn im Jahr 2019 wie folgt: 30 (EP) × 1,0 (ZF) × 1,0 (RAF) × 33,05 EUR (aRW) = 991,50 EUR.
- Bei einem 1980 geborenen Arbeitnehmer wird eine teilweise Erwerbsminderung festgestellt. Für seine Beitragszeiten und andere rentenrechtliche Zeiten werden insgesamt 30 Entgeltpunkte ermittelt. Der Rentenartfaktor der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beträgt 0,5.[1] Da er die Rente bereits vor seinem vollendeten 60. Lebensjahr in Anspruch nimmt, vermindert sich der Zugangsfaktor auf 0,892, sodass er ab Herbst 2019 eine monatliche Teilerwerbsminderungsrente von 30 (EP) × 0,892 (ZF) × 0,5 (RAF) × 33,05 EUR (A) = 442,21 EUR erhielt.
Vorläufer
Vor dem 1. Januar 1992 lautete die Rentenformel:[2]
- Rentejährlich = r · n · p · B
wobei:
Rentejährlich | Jährliche Bruttorente in DM |
r | Steigerungssatz; er beträgt 1 % für Berufsunfähigkeitsrenten bzw. 1,5 % für Erwerbsunfähigkeits- und Altersrenten |
n | Versicherungsjahre; sie umfassen Beitragszeiten, Ersatzzeiten (z. B. Wehrdienst) und Ausfallzeiten |
p | Durchschnittliche persönliche Prozentsatz, gebildet als Summe der in Prozent zum Durchschnittsentgelt gebildeten eigenen Bruttojahresverdienste |
B | Allgemeine Bemessungsgrundlage, die jährlich neu festgelegt wurde (in DM) |
Das Produkt p · B ergab die persönliche Bemessungsgrundlage; diese konnte höchstens das Doppelte der allgemeinen Bemessungsgrundlage betragen.
Beispiel:
- Zum Ende des Jahres 1979 (Bemessungsgrundlage 1979: 21.068 DM) hatte eine versicherte Person nach 40 Arbeitsjahren (in denen sie stets ein Jahresbruttoeinkommen erzielte, das 25 % über dem jeweiligen Durchschnittsentgelt lag) einen Anspruch auf Altersruhegeld in Höhe von:
- 1,5 % (Altersrente) × 40 (Arbeitsjahre) × 125 % (Bruttoeinkommen) × 21.068 DM (Bemessungsgrundlage) = 15.801 DM/Jahr = 1.316,75 DM/Monat.
Weblinks
- Deutsche Rentenversicherung: Rentenformel
- Faktoren der Rentenberechnung. Infomagazin Seniorenbedarf
Einzelnachweise
- § 67 SGB VI
- Meyers neues Lexikon. Band 6, Oe–Rt. Bibliographisches Institut, Mannheim / Wien / Zürich 1980, ISBN 3-411-01756-2, S. 551 f.