Queen Mary’s Dolls’ House
Queen Mary’s Dolls’ House ist ein aus den 1920er-Jahren stammendes von Edwin Lutyens entworfenes (nicht zu Spielzwecken gebautes) Miniaturhaus im Maßstab 1:12, das auf Windsor Castle besichtigt werden kann.
Königin Mary, die Gemahlin von König Georg V., war zwar die Namensträgerin des Objekts, die Idee kam aber von ihrer Cousine, Prinzessin Marie Louise. Diese brachte den führenden Architekten Sir Edwin Lutyens anlässlich der Sommerausstellung der Royal Academy of Arts von 1921 dazu, das Modell einer „zeitgemäßen“ Luxusvilla zu entwerfen. Prinzessin Marie Louise gelang es auch, führende Künstler und Kunsthandwerker für das Projekt zu gewinnen. Das „Geschenk des britischen Volkes an seine Königin“ sollte die besten und modernsten britischen Waren und Einrichtungsgegenstände der Epoche zeigen. So zeigt beispielsweise die Garage Modellversionen damaliger britischer Automarken wie Daimler, Rolls-Royce, Vauxhall, Sunbeam und Lanchester. Die miniaturisierten Produkte wurden entweder von den betreffenden Unternehmen selbst beigestellt oder von professionellen Modellbauern, beispielsweise dem Unternehmen Twining Models aus Northampton. Das etwa einen Meter hohe Modellhaus wurde auf der British Empire Exhibition 1924/5 gezeigt und ist derzeit in Windsor Castle zu sehen. Bemerkenswert ist die außerordentliche Detailgenauigkeit des Modells – sogar die Lifte und die Wasserspülungen der WC-Anlagen funktionieren. Bekannte Schriftsteller wie Rudyard Kipling und Sir Arthur Conan Doyle verfassten spezielle Texte für die Bücher des Miniaturhauses, bekannte Maler lieferten entsprechende Bilder. Auffällig ist, dass das klassizistische Gebäude stilistisch nicht der Moderne, sondern der Belle Époque vor 1914 zuzuordnen ist, und somit den bis weit in die Zwischenkriegszeit dominierenden konservativen Geschmack der britischen Oberschicht dokumentiert.
Literatur
- John Martin Robinson: Queen Mary’s Dolls’ House. Official Souvenir Guide. Scala, London 2012, ISBN 978-1-90974-114-0.