Public School (Vereinigtes Königreich)
Eine Public School oder Independent School ist im Vereinigten Königreich eine Schule, die nicht durch staatliche Stellen, sondern stattdessen durch Schulgebühren, Spenden und Vermächtnisse finanziert wird. Sie werden seit dem 18. Jahrhundert als „Public“ School bezeichnet, da sie für alle frei sind, die die Schulgebühren bezahlen können. Ihr historischer Gegenpart im 18. Jahrhundert waren rein lokale Schulen mit Tagesbesuch.[1] Wer es sich leisten konnte, ließ seine Kinder seitdem bei der Schule wohnen. Obwohl die Schulen aus wohltätigen Stiftungen entstanden, erheben sie alle Gebühren für den Unterricht und die Unterbringung der Schüler. Die teilweise sehr hohen jährlichen Gebühren bewirken an den Schulen damit eine Bewahrung eines relativ geschlossenen (gehobenen) sozialen Milieus. Ein neuer Name, um Missverständnisse auszuschließen, ist Independent Schools.
Folglich sind die Public Schools Privatschulen mit entsprechendem Elitecharakter und dürfen nicht mit den rein staatlich finanzierten öffentlichen Schulen (State-funded schools) verwechselt werden. Häufig sind sie zugleich als Internate (Boarding Schools) organisiert, wie bspw. das Eton College. Bis heute entsenden im Vereinigten Königreich vor allem die sog. „herrschenden Klassen“ ihren Nachwuchs bevorzugt auf eine der alten renommierten Public Schools.[2] Noch in 2019 waren zwei Drittel der britischen Kabinettsminister Absolventen einer Public School.[3]
Frühe Geschichte
Das 1382 gegründete Winchester College, das Eton College (1440) und die St. Paul's School (1509) gelten als älteste Public Schools, die noch auf Stiftungen beruhten und unter der Patronage der Hocharistokratie standen. Sie und weitere wie die Harrow School wurden nur von Angehörigen des Adels, der Gentry und weniger reicher Bürger besucht. Das blieb im ganzen 18. Jahrhundert unverändert, doch mehrte sich die Kritik am statischen traditionellen Lehrplan, der selbst für die beiden aufnehmenden Universitäten unzureichend wurde. Die Schülerzahlen gingen zurück, es kam sogar zu Schüleraufständen gegen die Tradition. Einen ersten Neuanfang machte der Geistliche Samuel Butler 1798 an der Shrewsbury School. Nach einem Niedergang im frühen 19. Jahrhundert kamen von Thomas Arnold durch die Übernahme 1828 von Rugby School neue Impulse mit dem Ideal des christlichen Gentleman. Auch durch die Zurücksetzung der alten Sprachen und eine Höherschätzung von Sport zur Charakterbildung gab es viele Neugründungen, die auch für die Mittelschicht erschwinglich wurden: Cheltenham College (1841), Marlborough College (1843), Rossall School (1844), Radley College (1847), Wellington College (1853), Epsom College (1855), Bradfield College, (1859), Haileybury (1862), Clifton College (1862), Malvern School (1863) and Bath College (1867).[4]
Auch in Wales (um Cardiff) und Schottland entstanden meist ab dem 19. Jahrhundert Independent Schools: The Cathedral School Llandaff, Howell's School Llandaff, kath. St. John's College (Cardiff); Gordonstoun (reformpädagogische Schule der Königsfamilie), High School of Glasgow (Gründung 1124), Hutchesons' Grammar School (1641), Edinburgh Academy, Fettes College (Edinburgh). International ist das Atlantic College bei Cardiff ein Anziehungspunkt.
Organisationsedikt von 1868
Unter einer Public School im engeren Sinne versteht man im Großbritannien eine Schule, die entsprechend dem Public Schools Act von 1868 geführt wird. Vom Public Schools Act von 1868 war auf Grundlage der Untersuchungen der Clarendon Commission in den Jahren 1861 bis 1864 vom britischen Parlament eine Gruppe von neun Schulen betroffen. Das Gesetz sollte diese Schulen reformieren und regulieren. Die Schulen standen allein Jungen offen und waren ursprünglich als Stiftungen gegründet worden. Das Gesetz gab den Schulen die Unabhängigkeit von der Krone, der (Schul-)Gesetzgebung und der Kirche. Sie werden stattdessen jeweils durch ein Board of Governors reguliert.
Die neun vom Gesetz betroffenen Schulen waren:
Diskussion um die psychischen Wirkungen von Public Schools
Das öffentliche Bild der Public Schools war geprägt durch den elitären Charakter und die vielen hervorragenden Persönlichkeiten, die aus ihnen hervorgingen und dem British Empire vielfältig dienten. Eine negative Folge wird dagegen im ausgeprägten Klassenbewusstsein gesehen, das in England stark bemerkbar ist. Hinzu ist eine skeptische Einschätzung der Isolation in reinen Jungeninternaten getreten, die auch von Gewalt und Missbrauch geprägt waren.[5]
Quellen
- Colin Shrosbree: Public schools and private education. The Clarendon Commission, 1861–1864. Manchester University Press, Manchester u. a. 1988, ISBN 0-7190-2580-X, (Einsehbar bei Google Books).
- An Act to make further Provision for the good Government and Extension of certain Public Schools in England. In: A collection of the public general statutes passed in the Thirty-first and Thirty-second years of the reign of Her Majesty Queen Victoria: Being the Third Session of the Nineteenth Parliament of the United Kingdom of Great Britain and Ireland. Georg Edward Eyre and William Spottiswoode, London 1868, S. 560–571, (Einsehbar bei Google Books).
- An Act for Amending the Public Schools Act 1868. In: The statutes of the United Kingdom of Great Britain and Ireland, passed in 1868 – 9. Georg E. Eyre and William Spottiswoode, London 1869, S. 190, (Einsehbar bei Google Books)
Einzelnachweise
- public school | British education | Britannica. Abgerufen am 12. Januar 2022 (englisch).
- David Kynaston: Engines of Privilege: Britain's private school problem. Bloomsbury, London 2019, ISBN 978-1-5266-0127-8.
- Two thirds of Boris Johnsons cabinet went to private schools. The Guardian, 25. Juli 2019, abgerufen am 21. November 2021.
- Education in England: a history - Chapter 5. Abgerufen am 12. Januar 2022.
- Jakob Horstmann: Britische Internate: Boarding School Syndrom bei Internatsschülern. In: Der Spiegel. 20. Juni 2014, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 12. Januar 2022]).