Posthumanismus
Posthumanismus ist eine Philosophie, die darauf ausgerichtet ist, traditionelle Konzeptionen des Menschseins neu zu überdenken. Das Konzept des „Posthumanen“ – eine Überwindung des gegenwärtigen menschlichen Stadiums – ist dabei eng verknüpft mit der Denkrichtung des Transhumanismus.[1]
Überblick
Im Gegensatz zum klassischen Humanismus wird beim Posthumanismus die besondere Stellung des Menschen negiert und er als eine unter vielen natürlichen Spezies dargestellt. Daraus wird u. a. geschlossen, dass der Mensch auch nicht das Recht hat, die Natur zu zerstören oder sich selbst als ethisch höherwertig zu betrachten. Die Einschränkungen und die Fehlbarkeit des Menschen werden verdeutlicht.
Trotz aller unterschiedlichen Argumentationen der Posthumanisten vereint diese der Gedanke, dass die biologische Menschheit den Gipfel ihrer Evolution bereits erreicht hat und die nächste Entwicklung von intelligentem Leben in den Händen der künstlichen, computergestützten Intelligenz liegt, die in vielen Bereichen dem Menschen überlegen sein könnte.
Der Posthumanismus beschreibt also ein Entwicklungszeitalter nach der Menschheit. Da dies naturgemäß in der Zukunft liegt, gibt es darüber zunächst nur Spekulationen und Thesen. Allerdings versucht der Posthumanismus auch eine Beschreibung des posthumanen Menschen als hypothetisches zukünftiges Wesen, dessen Fähigkeiten die eines heutigen Menschen bei weitem übersteigen. Ein posthumanes Wesen kann also auch als Kreatur beschrieben werden, die durch eine Erweiterung der physischen und psychischen Fähigkeiten entsteht. Posthuman kann allerdings auch bedeuten, dass eine Einheit von menschlicher und künstlicher Intelligenz geschaffen wird und dass das Bewusstsein in einen fremden Körper oder Computer geladen wird.[2] Beispiele dafür können eine Veränderung des menschlichen Organismus durch Nanotechnologie oder einer Kombination von Gentechnik, Psychopharmakologie, lebensverlängernde Maßnahmen, neurale Schnittstellen, gedächtniserweiternde Drogen und tragbare oder implantierte Computertechnologie sein.
Ob der Transhumanismus als eine Spezialform des Posthumanismus angesehen werden sollte oder ob es sich um zwei unterschiedliche kulturelle Traditionen handelt, wurde in den Jahren 2009 und 2010 in einigen Artikeln und einer Sonderausgabe der Zeitschrift „Journal of Evolution and Technology“ erörtert. Im Rahmen dieser Diskussion hat sich herausgestellt, dass es Gründe gibt, davon auszugehen, dass Friedrich Nietzsche sowohl als Ahnherr des Trans- als auch des Posthumanismus angesehen werden kann.[3] Allerdings hatte er Vorläufer wie Guy de Maupassant, der in seiner Novelle Der Horla in ähnlicher Weise sowohl die Unzulänglichkeiten des Menschen betonte, als auch auf ein Wesen, das ihn ersetzen werde, hinwies.
Science-Fiction
Im Bereich der Science-Fiction beschäftigen sich u. a. folgende Autoren (explizit oder implizit) in ihren Werken mit Posthumanität:
Kunst
Siehe auch
Literatur
- John Brockman: Die neuen Humanisten. Wissenschaft an der Grenze (Ullstein Hc; Oktober 2004), ISBN 978-3-550-07597-1
- Achim Bühl: Cyber Society. Mythos und Realität der Informationsgesellschaft. (Köln: PapyRossa Verlag, 1996)
- Bernd Flessner (Hg.): Nach dem Menschen – der Mythos einer zweiten Schöpfung und das Entstehen einer posthumanen Kultur (Freiburg im Breisgau: Rombach, 2000)
- Francis Fukuyama: Das Ende des Menschen (Stuttgart: DVA, 2002)
- Stefan Herbrechter: Posthumanismus. Eine kritische Einführung (Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft 2009)
- Karl Kegler (Hg.): Der künstliche Mensch: Körper und Intelligenz im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit (Köln: Böhlau, 2002)
- Oliver Krüger: Virtualität und Unsterblichkeit. Gott, Evolution und die Singularität im Post- und Transhumanismus., 2. überarb. u. ergänzte Auflage, Freiburg: Rombach 2019, ISBN 978-3-7930-9939-0.
- Lutz Marz: Mensch, Maschine, Moderne – Zur diskursiven Karriere der posthumanen Vernunft. In: Veröffentlichungsreihe der Abteilung Organisation und Technikgenese des Forschungsschwerpunkts Technik-Arbeit-Umwelt des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, FS II 93-107; (1993) pp. 1-95; Das Leitbild der posthumanen Vernunft – Zur diskursiven Technikfolgenabschätzung der Künstlichen Intelligenz. In: ibid., FS II 93-111, pp. 1-75
- Stefan Lorenz Sorgner: Menschenwürde nach Nietzsche. Die Geschichte eines Begriffs (Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft 2010) (Der Autor entwickelt ein Würde-Konzept, das für die Epoche des Posthumanismus angemessen ist)
- Raimar Zons: Die Zeit des Menschen – Kritik des Posthumanismus (Frankfurt: Suhrkamp, 2001)
- Mieke Mosmuller: Posthumanismus. Über die Zukunft des Menschen. Occident Verlag, Baarle-Nassau 2020. ISBN 978-3-946699-13-2.
Weblinks
- Oliver Krüger: Die Vervollkommnung des Menschen. Eurozine, 16. August 2007 .
Einzelnachweise
- Bert Gordijn, Ruth Chadwick: Medical Enhancement and Posthumanity. (Online).
- Anthony Miccoli: Posthuman Suffering and the Technological Embrace. Lexington Books, Plymouth 2010, ISBN 978-0-7391-4402-2, S. 60 (Google Books).
- Journal of Evolution and Technology: Manuskript sowie Antworten:
- Stefan Lorenz Sorgner: Nietzsche, the Overhuman, and Transhumanism. In: Journal of Evolution and Technology. Vol. 20, Issue 1, März 2009, ISSN 1541-0099, S. 29–42 (englisch, Online [abgerufen am 2. Januar 2019]).
- Michael Hauskeller: Nietzsche, the Overhuman and the Posthuman: A Reply to Stefan Sorgner. In: Journal of Evolution and Technology. Vol. 21, Issue 1, Januar 2010, ISSN 1541-0099, S. 5–8 (englisch, Online [abgerufen am 2. Januar 2019]).
- Max More: The Overhuman in the Transhuman. In: Journal of Evolution and Technology. Vol. 21, Issue 1, Januar 2010, ISSN 1541-0099, S. 1–4 (englisch, Online [abgerufen am 2. Januar 2019]).
- Stefan Lorenz Sorgner: Beyond Humanism: Reflections on Trans- and Posthumanism. In: Journal of Evolution and Technology. Vol. 21, Issue 2, Oktober 2010, ISSN 1541-0099, S. 1–19 (englisch, Online [abgerufen am 2. Januar 2019]).