Polyphasischer Schlaf
Polyphasischer Schlaf (oder mehrphasiger Schlaf) ist ein Schlafmuster, bei dem der Schlafbedarf auf mindestens dreimal Schlafen pro Tag verteilt wird. Ein solches Verhalten ist im Neugeborenenalter normal. Im Gegensatz dazu wird die Schlafverteilung auf einen Nacht- und einen Mittagsschlaf als biphasischer Schlaf bezeichnet und monophasischer Schlaf heißt die Form mit nur einem Schlaf am Tag. Beides sind typische Schlafmuster von Erwachsenen.
Zuweilen wird der Begriff auch als künstlich umgestellter Schlafrhythmus des Erwachsenen aufgeführt, wodurch ein Auskommen mit verhältnismäßig wenig Schlaf möglich sein soll.
Vergleich der Schlafmuster
Quelle: highexistence.com[1] |
Schlafmuster | gesamte Schlafzeit | REM-Phasen-Anzahl | Methode |
---|---|---|---|
Monophasisch | ≈ 8,0 Stunden | 5 Phasen | 8 Stunden Hauptschlafphase mit fünf REM-Phasen |
Aufgeteilt | ≈ 7 Stunden | 4 Phasen | 2 × 3,5 Stunden Hauptschlafphase mit je 2 REM-Phasen |
Biphasisch (20-Minuten-Nap) | ≈ 6,3 Stunden | 5 Phasen | 6 Stunden Hauptschlafphase mit vier REM-Phasen und ein 20-minütiger „Tagschlaf“ mit einer REM-Phase |
Biphasisch (90-Minuten-Nap) | ≈ 6 Stunden | 4 Phasen | 4,5 Stunden Hauptschlafphase mit drei REM-Phasen und ein 90-minütiger Schlaf mit einer REM-Phase |
Triphasisch | ≈ 4,5 Stunden | 3 Phasen | dreimal 1,5 Stunden Nickerchen mit je einer REM-Phase |
Everyman („Jedermann“; mit zwei Nickerchen) | 5,2 Stunden | 5 Phasen | 4,5 Stunden Hauptschlafphase mit zwei REM-Phasen und zwei 20-minütige Tagschlafphasen mit je einer REM-Phase |
Everyman („Jedermann“; mit drei Nickerchen) | 4 Stunden | 5 Phasen | 3 Stunden Hauptschlafphase mit drei REM-Phasen und drei 20-minütige Tagschlafphasen mit je einer REM-Phase |
Everyman („Jedermann“; mit vier bis fünf Nickerchen) | ≈ 3 Stunden | 5–6 Phasen | 1,5 Stunden Hauptschlafphase mit einer REM-Phase und vier bis fünf 20-minütige Tagschlafphasen mit je einer REM-Phase |
Dymaxion | 2 Stunden | 4 Phasen | viermal 30 Minuten Nickerchen mit je einer REM-Phase (alle 6 Stunden) |
Uberman („Übermensch“) | 2 Stunden | 6 Phasen | sechsmal 20 Minuten Nickerchen mit je einer REM-Phase (alle 4 Stunden) |
Laut Süddeutscher Zeitung tauchte der „Uberman“ Anfang des Jahrtausends im Internet auf, als eine Amerikanerin unter dem Pseudonym PureDoxyK berichtete, sie habe als Collegestudentin monatelang dieses Schlafmuster praktiziert. Dieses Muster habe allerdings zwei Voraussetzungen: unbedingte Disziplin beim Einhalten der Nickerchen und Kondition in der rund zehntägigen Übergangsphase.[2]
Einfluss auf den Circadianen-Rhythmus
Die sogenannte Circadiane Rhythmik (auch: circadianer Rhythmus) bezeichnet in der Chronobiologie zusammenfassend die endogenen (inneren) Rhythmen, die eine Periodenlänge von circa 24 Stunden und bei vielen Lebewesen großen Einfluss auf die Funktionen des Organismus haben. Als solche steht eine mögliche Kopplung an den menschlichen Schlafrhythmus im Raum. Ein stark vom typischen 8-Stunden-Zyklus abweichendes Schlafmuster wurde lange als störend für eine physiologische Ausprägung der Circadianen Rhythmik angenommen. Untersuchungen von Zulley und Carr vom Max-Planck-Institut der Psychiatrie in München konnten im Jahr 1991 jedoch zeigen, dass eine Kopplung des Circadianen Rhythmus an ein biphasisches Schlafmuster nicht zustande kommt.[3]
Einhaltung der Schlafzeiten
Polyphasischer Schlaf verlangt eine strenge Einhaltung der Schlafzeiten. Die Schlafzeiten müssen gleichmäßig verteilt und genau eingehalten werden, da Überschlafen oder Auslassen der Schlafzeiten einen drastischen Leistungsabfall zur Folge hat. Auch bei monophasischem Schlaf kommt es dadurch zum Leistungsabfall, der allerdings normalerweise nicht ganz so drastisch wie beim polyphasischen Schlaf ausfällt.
Hierbei ist besonders problematisch, dass regelmäßig Schlafgelegenheiten aufgesucht werden müssen, in denen der Schlaf nicht gestört wird. Dies ist etwa bei länger dauernden Reisen und Unternehmungen hinderlich. Auch das Berufsleben ist meist an das monophasische Schlafmuster angepasst, wodurch es zu Kollisionen kommen kann.
Diese Effekte sind umso stärker, je mehr Schlafphasen das jeweilige Schlafmuster vorsieht.
Ein weiteres Hindernis ist die Eingewöhnungsphase, welche etwa zwei bis drei Wochen in Anspruch nimmt.
Anhänger des polyphasischen Schlafs beenden ihre Schlafphasen zumeist mit Wecker. Demgegenüber wachen Praktiker des zweiphasigen Schlafs (Nachtschlaf und Mittagsschlaf) oft ohne Wecker wieder auf.
Funktionsweise
Der übliche ca. 8 Stunden andauernde Nachtschlaf ist in insgesamt 5 Schlafphasen von je ca. 90 Minuten gegliedert. Gegen Ende einer Schlafphase wird der für die geistige Erholung wertvolle REM-Schlaf erreicht.
Der „Polyphasische Schlaf“ zielt darauf ab, möglichst viel REM-Schlaf mit möglichst wenig Gesamtschlaf zu erreichen. Grundsätzlich handelt es sich hier um nichts anderes als das Aneinanderketten mehrerer Powernaps.
Allerdings wird durch das Antrainieren in der Eingewöhnungszeit von ca. 10 Tagen der Anteil der REM-Phase z. B. beim Uberman innerhalb der 20 Minuten so erhöht, dass man mit insgesamt 2 Stunden Schlaf eine zum normalen 8 stündigen Nachtschlaf äquivalente Gesamtdauer an REM-Schlaf erreicht. Hier spielt der sogenannte „REM-Rebound“-Effekt eine Rolle.
Anwendung
Polyphasischer Schlaf findet Verwendung, wenn über einen längeren Zeitraum die Schlafzeiten minimiert werden müssen. Dies ist etwa bei Sportlern, z. B. beim mehrtägigen Radrennen RAAM und bei Weltumseglern, der Fall.
Alternativen
In Berufen, bei denen eine lange Wachzeit gefordert wird – etwa beim Militär und bei Ärzten –, wird der polyphasische Schlaf meist nicht angewendet. Stattdessen findet eine Wachzeit am Stück statt und wird durch eine verlängerte Hauptschlafphase ausgeglichen.
Siehe auch
Literatur
- Claudio Stampi (Hrsg.): Why we nap : evolution, chronobiology, and functions of polyphasic and ultrashort sleep. Foreword by Jürgan Aschoff. Birkhäuser, Boston 1992, ISBN 0-8176-3462-2 (englisch).
Einzelnachweise
- Jordan Lejuwaan: Alternative Sleep Cycles: You Don’t Really Need 6-8 Hours! (englisch) highexistence.com. Abgerufen am 2. April 2020.
- Berit Uhlmann: Schlafes Brüder. In: Süddeutsche Zeitung. 17. Mai 2010, abgerufen am 3. April 2020.
- J Zulley, D. Carr: Forced splitting of human sleep in free-running rhythms. In: J Sleep Res. Nr. 1(2), Juni 1992, S. 108–111 (wiley.com).