Polylatrie

Polylatrie (von altgriechisch πολύς polýs „viel“ und altgriechisch λατρεία latreía, deutsch Gottesdienst) beschreibt die kultisch-religiöse Verehrung einer Vielzahl von Gottheiten und transzendenter Mächte.[1] Die Polylatrie steht der Monolatrie gegenüber. Der Begriff „Latrie“ leitet sich vom altgriechischen λατρεία, latreía ab und steht von seiner Wortherkunft in Verbindung mit dem Wort für Dienstbarkeit oder auch Knechtsdienst. Die Polylatrie ist die aktive rituelle Verehrung mehrerer Gottheiten. Der Begriff „Polytheismus“ hingegen legt den Fokus auf den Glaube an die Existenz vieler Götter. Nach Rüpke (2007) [2] geht es in der „latreiologischen Perspektive“ um die Legalität der Verehrung oder Anbetung eines oder mehrerer Gottheiten. In der „ontologischen Perspektive“ geht es um die grundsätzlichen Fragen nach der Existenz und dem Wesen der Gottheiten, die durch die Begriffe Monotheismus und Polytheismus beschrieben werden.

Für d​ie Entwicklung d​es jüdischen Glauben führte Rainer Albertz[3] für d​ie frühmonarchische Zeit i​m Tanach insgesamt 61 verschiedene theophorische Namen auf, v​on denen e​twa ein Drittel e​ine Beziehung z​u einer identifizierten Gottheit aufwies, hiervon wiederum i​n der Mehrzahl z​u „El“, gleichviel z​u „Jahwe“, weniger z​u „Baal“ u​nd zu e​inem geringen Prozentsatz z​u „alten Epitheta“. In d​er spätmonarchischen Zeit (im Davidisch-salomonischen Großreich d​er frühen Eisenzeit), veränderten s​ich die Befunde stark; v​on 57 verschiedenen theophorischen Namen hielten d​ie Mehrzahl e​ine Beziehung z​u „Jahwe“, e​ine geringere Anzahl z​u „El“ u​nd in e​iner noch geringeren Zahl konnte „alte Epitheta“ identifiziert werden. Nach Albertz konnten israelitische Familien während d​es größten Zeit d​er vorexilischen Zeit (vergleiche Babylonisches Exil) andere Gottheiten anstelle v​on oder n​eben Jahwe i​n ihren Haushaltskulten verehren. Ein Phänomen, a​uf dass d​er Propheten Jeremia n​och im späten siebten Jahrhundert v​or der Zeitrechnung (700 v. Chr.) hinwies, i​ndem er d​ie Judäer beschuldigte, s​ich für i​hre privaten Bedürfnisse a​n fremde Gottheiten z​u wenden, während s​ie Jahwe i​n kollektiver Not u​m Hilfe riefen (Jer 2,27 , Jer 7,17 ).

Ein Beispiel: In polytheistische Glaubenssystemen wird angenommen, dass es viele Götter oder Göttinnen gibt. Verehrt ein Polytheist nur einen dieser vielen Götter wird diese Aspekt mit dem Begriff „Monolatrie“ beschrieben. In der römisch-katholischen Kirche wird gelehrt, dass es nur einen Gott gibt, aber den Gläubigen wird die Verehrung der Jungfrau Maria und der Heiligen angeboten, was an einem polylatrischen Akt der Religionsausübung erinnern kann.

Literatur

  • Johannes Woyke: Götter, ’Götzen’, Götterbilder. Aspekte einer paulinischen ’Theologie der Religionen’. (= Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft. Beiheft 132). de Gruyter, Berlin u. a. 2005, ISBN 3-11-018396-X, (zugleich Dissertation, Tübingen 2004), S. 164–165
  • Peter von Bohlen: Die Genesis, historisch-kritisch erläutert. Bornträger, Königsberg 1835, S. CV (Einleitung) (Volltext auf archive.org)
  • Jörg Rüpke: Wie funktioniert Polytheismus? Götter, Bilder, Reflexionen. Mediterraneo antico XV, 1–2, 2012, S. 233–246 ( auf academia.edu)
  • Klaus Koch: Studien zur alttestamentlichen und altorientalischen Religionsgeschichte: zum 60. Geburtstag von Klaus Koch. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1988, S. 118 f.
  • [4]
  • André Lemaire: Naissance du monothéisme: Point de vue d’un historien. Bayard, Paris 2003, ISBN 978-2-227-47089-7

Einzelnachweise

  1. Klaus Koch: Šaddaj: Zum Verhältnis zwischen israelitischer Monolatrie und nordwest-semitischem Polytheismus. Vetus Testamentum, Vol. 26, Fasc. 3 (Jul., 1976), S. 299-332, doi:10.2307/1517300
  2. Jörg Rüpke: Gruppenreligionen im römischen Reich: Sozialformen, Grenzziehungen und Leistungen. Mohr Siebeck, Tübingen 2007
  3. Rainer Albertz: Family Religion in Ancient Israel. S. 104 ff. In: John Bodel, Saul M. Olyan (Hrsg.): Household And Family Religion In Antiquity. Blackwell Publishing, Malden, MA 2008
  4. Gildas Hamel: Monotheism and empire. Draft, April 1–8, 2014, Entwurf April 2020, S. 1–34, (auf cpb-us-e1.wpmucdn.com hier S. 3; 6)
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