Operationsmikroskop
Das Operationsmikroskop ist ein in der Minimalinvasiven Chirurgie und Mikrochirurgie angewandtes Mikroskop mit vergleichsweise niedriger Vergrößerung (ca. 6- bis 40fach) und liefert ein aufrechtes und dreidimensionales Bild. Die Vergrößerung geht über die einer Lupenbrille hinaus. Es kommt im medizinischen Bereich bei fast allen operativen Richtungen zum Einsatz.
Geschichte
Das Operationsmikroskop wurde erstmals im September 1921 von Carl Olof Siggesson Nylen bei einem oto-rhino-laryngologischen Eingriff eingesetzt. 1922 modifizierte Nyléns Chef und Lehrer G. Holmgren (1875–1954) ein binokulares Mikroskop von Carl Zeiss durch Hinzufügen einer Lichtquelle und einer Standvorrichtung, um es bei Fenestrationsoperationen einzusetzen. 1950 wurde es in die Ophthalmologie eingeführt. Horst Ludwig Wullstein baute, unzufrieden mit den damals eingesetzten, starren Dissektionsmikroskopen, ein eigenes, deutlich beweglicheres Operationsmikroskop.[1][2]
Vorteile gegenüber der Lupenbrille
Gegenüber der Lupenbrille ist eine höhere Vergrößerung möglich (bis zu 40- statt 2- bis 7-fach). Weiterhin ergibt sich ein ruhigeres Operationsfeld, da unwillkürliche Kopfbewegungen das Sichtfeld nicht stören. Zudem sehen der Operateur sowie der Assistent das gleiche Operationsgebiet, ohne mit dem Kopf zu nahe zum Operationssitus kommen zu müssen. Im Gegensatz zu einer Lupenbrille folgen Sicht und Beleuchtung einem fast identischen Strahlengang, was sich in einer wesentlich besseren Ausleuchtung des Operationsfeldes niederschlägt. Bei einer Trennung des Strahlengangs mit beweglichem Mitbeobachtersystem sind auch unterschiedliche Fokussierungen innerhalb des Operationsgebietes möglich.
Durch die zusätzliche Verwendung von Kamerasystemen innerhalb des Mikroskops sind auch digitale Vergrößerungen und die Dokumentation der Operation sowie die Übertragung des Operationsfeldes zu weiteren Monitoren möglich.[1][3]
Des Weiteren existieren Systeme, welche durch die Verwendung von Spezialkameras in der Lage sind, den Blutstrom im Gewebe (IR-Kamera) sowie besondere Gewebebereiche (Krebszellen-Fluoreszenz) zu erfassen und über Monitore sowie über Mikrodisplays optisch einzublenden. Damit können dem Operateur Hilfslinien und Gewebegrenzen, die sich aus Daten einer MRT- oder Röntgenuntersuchung ergeben, zugespielt werden.
Mittels geeigneter Bildverarbeitungssysteme können diese virtuellen Gewebegrenzen auch im Raum gedreht und der Position des jeweiligen Betrachters angepasst werden. Auch die 3D-Analyse und Schnitteinspielung eines OP-Gebietes sind möglich.
Spezielle Ergänzungen
Das Mikroskop kann mit einer speziellen sterilen Folie (Drape) abgedeckt werden, was die Sicht nicht stört, jedoch aseptisches Arbeiten ermöglicht.[3]
Um eine einfache Bedienung sowie ein ruhiges Bild sicherzustellen, sind große Mikroskope auf Standfüßen montiert und mit einem aktiven Brems-Balance-System ausgestattet, das meistens mit Handgriffen bedient wird und ein leichtgängiges Verändern der Position ohne Kraftaufwand ermöglicht.
Die Einstellungen des Mikroskops wie Fokussierung und Vergrößerung kann durch den Operateur mit Fußtasten erfolgen. Einige Mikroskope bieten darüber hinaus die Möglichkeit, die Bremsen mit einem elektronisch gesteuerten Mechanismus zu entriegeln, der über einen Mundtaster bedient wird.
Hersteller
Operationsmikroskope werden u. a. von Carl Zeiss Meditec, Leica Microsystems, Möller-Wedel, Arri Medical und Kaps Optik hergestellt.
Einzelnachweise
- Wolfgang Klimm: Endodontologie: Grundlagen u. Praxis. Deutscher Zahnärzte Verlag, 2003, ISBN 978-3-934280-13-7 (Seite 189 in der Google-Buchsuche).
- Zeiss: 50 Jahre Operationsmikroskope (PDF; 935 kB)
- Georg Heberer, Rudolf Zenker: Gefäßchirurgie (Sonderausgabe 2004). Springer, 2004, ISBN 978-3-540-40564-1 (Seite 89 in der Google-Buchsuche).