Offenbach Archival Depot

Das Offenbach Archival Depot (OAD) war die zentrale Sammelstelle in der Amerikanischen Besatzungszone für Bücher, Manuskripte, Dokumente und Ritualgegenstände. Zwischen 1946 und 1948 wurden in ihm ca. vier Millionen Bände zusammengetragen. Geleitet wurde es zuerst von Captain Seymour Pomrenze und später von Captain Isaac Bencowitz von der Monuments, Fine Arts, and Archives Section (MFA&A). Zunächst war das Depot in der Freiherrlich Carl von Rothschild'schen öffentlichen Bibliothek in Frankfurt am Main untergebracht, die sich bald als zu klein erwies, weshalb ein ehemaliges Gebäude der I.G. Farben in Offenbach neuer Standort wurde. Bis zu 140 Mitarbeiter recherchierten die Besitzverhältnisse. Über drei Millionen Bände wurden restituiert, sodass bei der Auflösung des Depots der Restbestand von offiziell 286.610 Bänden dem Land Hessen übergeben wurde. In den Folgejahren wurden weitere Eigentümer ermittelt, vor allem aus der Arbeiterbewegung, die ihre Bibliotheken zurückerhielten. Ein Großteil der Bibliotheksbestände ehemaliger jüdischer Osteuropäer wurde jüdischen Organisationen außerhalb der Warschauer-Vertragsstaaten überlassen.[1]

Stempel des Offenbach Archival Depots

Der niederländische Reichsarchivar Dirk Petrus Marius Graswinckel konnte Bestände d​er Bibliothek d​es Jüdisch-Portugiesischen Seminars Amsterdam, d​er Bibliotheca Rosenthaliana, d​er Spinoza-Gesellschaft u​nd anderer beraubter niederländischer Organisationen ausfindig machen. Im Sommer 1946 konnten mehrere tausend Kisten m​it jiddisch-, hebräisch- u​nd russischsprachigen Büchern d​em am Institut akkreditierten sowjetischen Offizier übergeben werden. Nachdem Gershom Scholem, d​er selber Mitarbeiter i​m Offenbacher Depot war[2] d​ies kritisiert h​atte (die Bücher sollen d​ort hingehen, w​o die Juden hinwandern), w​urde das Verfahren geändert. Als d​as Depot i​m Juni 1949 geschlossen wurde, w​aren 1,4 Millionen Objekte rückerstattet worden. Um d​ie etwa verbliebenen e​ine Million Bücher u​nd mehrere tausend Ritualgegenstände kümmerten s​ich fortan d​as YIVO, d​as Joint Distribution Committee u​nd die Jewish Cultural Reconstruction.

Literatur

  • Elisabeth Gallas: Offenbach Archival Depot. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 4: Ly–Po. Metzler, Stuttgart/Weimar 2013, ISBN 978-3-476-02504-3, S. 397–402.
  • Elisabeth Gallas: Das Leichenhaus der Bücher. Kulturrestitution und jüdisches Geschichtsdenken nach 1945. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2013, ISBN 978-3-525-36957-9.
  • Gabriele Hauschke-Wicklaus: Fast vergessen: Das amerikanische Bücherdepot in Offenbach am Main von 1945 bis 1949. Offenbacher Editionen, Offenbach 2011, ISBN 978-3-939537-14-4.

Einzelnachweise

  1. Rüdiger Zimmermann: Berlin - Offenbach - Washington - Bonn: Das Offenbach Archival Depot und die Gewerkschaftsbestände der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung. Zuerst erschienen in: AKMB-News: Informationen zu Kunst, Museum und Bibliothek, Jg. 8 (2002), H. 2, S. 11-17, Online-Ressource abgerufen am 18. März 2014
  2. Jürgen Lillteicher: Rezension zu: Elisabeth Gallas: Das Leichenhaus der Bücher. In: H-Soz-Kult, 31. März 2014 (www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-20561 Online)
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