Nachtrag (Vertragsrecht)
Mit Nachtrag bezeichnet man im Vertragsrecht eine nachträgliche, nach dem ursprünglichen Vertragsschluss vorgenommene Änderung des Vertrags, speziell die nachträglich hinzugefügten Teile des Vertrags.
Allgemeine Regeln
Im allgemeinen Vertragsrecht gilt der Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind. Daraus folgt, dass es normalerweise bei den vertraglichen Vereinbarungen verbleibt und ein Vertragspartner nicht vom anderen Vertragspartner eine Vertragsänderung verlangen kann. Abweichungen von dieser Rechtslage können sich allerdings aus gesetzlichen Vorschriften, vertraglichen Vereinbarungen (Regelung eines Rechts, bestimmte Vertragsänderungen zu verlangen) oder auch aus Treu und Glauben (§ 242 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)) ergeben.
Nachträge bei Werkverträgen
Relativ häufig kommt es zu Nachträgen im Werkvertragsrecht, insbesondere im privaten Baurecht. Das ist darin begründet, dass es hierbei oft nicht möglich ist, den Leistungsinhalt bereits bei Vertragsschluss genau festzulegen. Häufig ist bei Vertragsschluss mit dem Bauunternehmer die Planung aus Zeitgründen noch nicht fertiggestellt. Es können auch technische Notwendigkeiten, die sich erst während der Ausführung ergeben, zu einer Änderung der Planung nach Vertragsschluss zwingen. Oft ergeben sich erst während der Ausführung zusätzliche Wünsche des Auftraggebers, die umgesetzt werden sollen.
Wird angesichts solcher Veränderungen der Vertrag geändert, gelten keine Besonderheiten. Es gilt dann die geänderte vertragliche Regelung. Ein Recht des Auftraggebers, eine Änderung des Vertrags zu verlangen, gilt nicht generell, wird aber unter Umständen nach Treu und Glauben anzunehmen sein. In Bauverträgen haben Auftraggeber nach § 650b BGB die Möglichkeit, Änderungen zu verlangen.[1]
Mit einem Nachtrag gehen sehr oft zusätzliche Vergütungsansprüche oder Verlängerungen der Ausführungsfristen einher. Wird vom Auftraggeber eine zusätzliche Leistung gefordert, macht der Auftragnehmer in der Regel ein Nachtragsangebot, mit dem er die Ausführung zu einem bestimmten Preis anbietet. Manchmal wird die Leistung ausgeführt, obwohl eine Einigung über den Preis nicht zustande kommt. Dann wird in der Rechnung eine Nachtragsforderung geltend gemacht, um deren Berechtigung nicht selten prozessiert werden muss.
Besonderheiten bei Bauverträgen unter Einbeziehung der VOB/B
Bei Bauverträgen, für die die Geltung der VOB/B vereinbart ist, gilt § 1 Absatz 4 VOB/B, der lautet:
- Nicht vereinbarte Leistungen, die zur Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich werden, hat der Auftragnehmer auf Verlangen des Auftraggebers mit auszuführen, außer wenn sein Betrieb auf derartige Leistungen nicht eingerichtet ist. Andere Leistungen können dem Auftragnehmer nur mit seiner Zustimmung übertragen werden.
Hier besteht also unter den genannten Voraussetzungen eine Pflicht des Auftragnehmers zur Ausführung zusätzlicher Leistungen. Dazu bedarf es keiner vertraglichen Änderungsvereinbarung, sondern der Auftraggeber hat ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht. Verlangt er die Ausführung zusätzlicher Leistungen (auf deren Ausführung der Betrieb des Auftragnehmers eingerichtet ist), so entsteht allein dadurch eine entsprechende Leistungspflicht des Auftragnehmers. Als Kehrseite dieses Leistungsbestimmungsrechts enthalten § 2 Abs. 5, 6 und Abs. 7 Nr. 2 VOB/B auch Regelungen zur Vergütung.
Darüber hinaus werden Nachtragsforderungen auch gestellt für Leistungen, die ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Auftrag ausgeführt wurden. Für diese Fälle sieht § 2 Absatz 8 Nr. 1 Satz 1 VOB/B vor, dass sie nicht zu vergüten sind. Von diesem Grundsatz gibt es allerdings unter bestimmten Voraussetzungen, die in § 2 Absatz 8 Nr. 2 und 3 VOB/B geregelt sind, Ausnahmen.
Nachtragsforderungen bergen erhebliches Konfliktpotential. Bei der Auftragserteilung konkurrieren Auftragnehmer oft mit mehreren anderen Firmen. Meist erhält der günstigste Anbieter den Auftrag. Die dadurch begründete Notwendigkeit eines preisgünstigen Angebots zum Zwecke der Erlangung des Auftrags führt tendenziell dazu, dass mit dem Auftrag kein allzu hoher Gewinn gemacht werden kann. Nicht selten wird daher von Auftragnehmerseite versucht, bei Nachträgen eine möglichst hohe zusätzliche Vergütung durchzusetzen, um die Gewinnsituation zu verbessern.
Nachtragsmanagement im Bauwesen ist die Tätigkeit im Zusammenhang mit der Stellung von Nachtragsangeboten und Nachtragsforderungen und mit der Beurteilung von deren Berechtigung.
Einzelnachweise
- § 650b BGB - Einzelnorm. Abgerufen am 17. April 2018.