Nūr ad-Dīn ar-Rānīrī
Nūr ad-Dīn ar-Rānīrī (gest. 1658) war ein islamischer Religionsgelehrter aus Gujarat, der während der Regierungszeit von Iskandar II. (reg. 1636–1641) am Hof des Sultanats von Aceh wirkte.
Ar-Rānīrī stammte aus einer arabischen Familie aus dem Hadramaut, die in der Stadt Rander in Gujarat ansässig war und bereits Kontakte zum Hof in Aceh unterhielt. Sein Onkel war bereits von 1580 bis 1583 dort als Lehrer für Logik, Rhetorik, Ethik und Fiqh tätig gewesen. Ar-Rānīrī selbst gehörte dem Rifai-Orden und der ʿAydarūsīya[1] an. Den Hof von Aceh erreichte er Ende Mai 1637. Dort stellte er sich in den Dienst von Iskandar Thani und verfasste für ihn ab 1638 zunächst das malaiische Werk Bustān as-Salāṭīn ("Garten der Herrscher"), eine siebenbändige Weltchronik, die auf der Grundlage von arabischen Quellen die Geschichte von der Schöpfung über die Propheten und muslimischen Herrscher des Vorderen Orients bis in seine unmittelbare Gegenwart behandelte.
In der Zeit zwischen 1641 und 1644 verfasste ar-Rānīrī sein Buch Tibyān fī maʿrifat al-adyān, ein häresiographisches Werk nach dem Modell von Schahrastanis Kitāb al–Milal wa-n-Nihal, in dem er sowohl außerislamische Religionen wie Judentum und Christentum als auch verschiedene islamische Gruppen besprach.[2] Er nutzte dieses Werk vor allem für Angriffe auf die Lehren der beiden sumatranischen Sufis Hamza Fansūrī und Schams ad-Dīn as-Samatrānī, die sich an Ibn Arabis panentheistischer Wahdat-al-wudschūd-Theorie orientierten und zu seiner Zeit am Hof von Aceh viele Anhänger hatten.[3] Ar-Rānīrī warf ihnen vor, wie die Dschahmiyya, die auf Dschahm ibn Safwan zurückgeführt wird, die Anfangsewigkeit der Welt zu lehren, und wies dies aufgrund der koranischen Aussage, dass Gott der Schöpfer aller Dinge ist (z. B. Sure 13:16), als Unglauben zurück.[4]
Ar-Rānīrī ließ die Bücher von Hamza Fansūrī und Samatrānī öffentlich verbrennen und ihre Schüler hinrichten. Nachdem Iskandar II. 1641 gestorben war und seine Witwe Safiyyat ad-Din die Herrschaft übernommen hatte, verlor er die Gunst am Hof und musste fliehen. Er starb 1658 in Indien.
Belege
- Vgl. Peter G. Riddell: „Shari‘a-mindedness in the Malay World and the Indian Connection: The Contributions of Nur al-Din al-Raniri and Nik Abdul Aziz bin Haji Nik Mat“, S. 175 ff., in: R. Michael Feener, Terenjit Sevea (eds.): Islamic Connections: Muslim Societies in South and Southeast Asia. Singapore 2009 (Institute of Southeast Asian Studies, ISEAS Series on Islam), hier S. 176.
- Vgl. zu diesem Werk Azyumardi Azra: The Origins of Islamic Reformism in Southeast Asia. Honolulu 2004. S. 68.
- Vgl. Attas 12–15.
- Vgl. Attas 28–30
Literatur
- Muhammad Naquib al-Attas: Raniri and the Wujudiyyah of 17th century Aceh. Singapore 1966.
- G. W. J. Drewes: Nur al-Din al-Raniri's charge of heresy against Hamzah and Shamsuddin from an international point of view. In: C.D. Grijns and S.O. Robson (eds.): Cultural contact and textual interpretation: Papers from the fourth European colloquium on Malay and Indonesian studies, held in Leiden in 1983. Dordrecht and Cinnaminson 1986. S. 54–9.
- Takeshi Ito: Why did Nuruddin ar-Raniri leave Aceh in 1054 A.H.? in Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde 134 (1978), pp. 489–491.
- Ph. S. van Ronkel: Raniri's Maleische geschrift: Exposé der religies in Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde 102 (1943) 461–480.