Moral insanity
Moral insanity (engl. für moralischer Schwachsinn, moralischer Wahnsinn) ist ein nur historischer Begriff aus der Psychiatrie und aus der Philosophie.
Der Begriff wurde um 1835 vom englischen Arzt James Cowles Prichard geprägt und bezeichnet nicht nur einen Zustand von Gefühlskälte, Grausamkeit und absolutem Egoismus, verbunden mit einem starken Mangel an sittlichem Urteilsvermögen, sondern wurde damals allgemein für Persönlichkeitsstörungen verwendet.[1] Heute ist dieser Begriff obsolet.
Eine berühmte Persönlichkeit, die sich im 19. Jahrhundert mit der Diagnose "moral insanity" konfrontiert sah, war Herzogin Sophie Charlotte von Alencon, die ehemalige Verlobte König Ludwigs II. von Bayern. Sophie Charlottes Biograf konnte allerdings überzeugend rekonstruieren, wie sehr die Diagnose in diesem Fall instrumentalisiert wurde, um die widerspenstige Herzogin von ihrem Wunsch, sich scheiden zu lassen um einen Arzt zu heiraten, abzubringen. Die Diagnose diente als Grundlage für eine Zwangseinweisung in ein Sanatorium des Psychiaters Richard von Krafft-Ebing.[2]
Literatur
- Georgi Schischkoff (Bearb): Philosophisches Wörterbuch. 18. Auflage. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1969, ISBN 3-520-01319-3, S. 412.
- Peter Schneider: Schlechter Charakter gleich psychisch krank? In: Tages-Anzeiger. 18. Februar 2009. (Zur Problematik des Begriffs)
Einzelnachweise
- Schott, Heinz& Tölle, Rainer: Geschichte der Psychiatrie. C. H. Beck, München 2006, S. 364.
- Christian Sepp: Sophie Charlotte. Sisis leidenschaftliche Schwester. München: August Dreesbach Verlag 2014, insbesondere S. 163–173.