Montius Magnus
Montius Magnus († 354 in Antiochia) war ein hoher römischer Beamter der Spätantike. Zunächst Prokonsul, wurde Montius 351 quaestor sacri palatii, eine Art Justizminister, am Hof des Caesars (Unterkaisers) Constantius Gallus in Antiochia. In dieser Funktion hatte er vor allem die Aufgabe, den Oberkaiser Constantius II. am Hof seines Untergebenen Constantius Gallus zu vertreten. So kam er in Konflikt mit Gallus, der schließlich dafür sorgte, dass Montius gemeinsam mit dem Präfekten Domitianus von Soldaten grausam ermordet wurde.
Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Zu Beginn des 4. Jahrhunderts n. Chr., also zu der Zeit, als Montius Magnus geboren wurde, wurde Konstantin der Große römischer Kaiser. Er setzte sich gegen diverse Konkurrenten durch und herrschte schließlich ab 324 allein über das Römische Reich. Als Kaiser leitete er die konstantinische Wende ein und ebnete dem Christentum so den Weg zur Reichsreligion. Außerdem verlegte er die Hauptstadt des Reiches nach Konstantinopel, wodurch sich die Zentralmacht in den Ostteil des Reiches verlagerte.
Als Konstantin schließlich 337 starb, kam es zu einer Reihe von Morden: Zugunsten der drei Söhne Konstantins beseitigten Militärs fast alle anderen männlichen Verwandten des verstorbenen Kaisers. Nachdem also die potentiellen Rivalen von Konstantins Söhnen aus dem Weg geschafft waren, übernahmen diese die Herrschaft: Konstantin II. regierte im Westen, Constans in Italien und Africa, Constantius II. im Osten. Schon 340 kam es jedoch zu einem Bruderkrieg zwischen Konstantin II. und Constans, in dem Konstantin II. getötet wurde.
Im Jahr 350 erhob sich in Gallien der Usurpator Magnus Magnentius zum Kaiser. Er ließ Constans ermorden und übernahm so die Macht im gesamten Westen des Reiches. Constantius II., der einzige verbliebene Sohn Kaiser Konstantins I., musste nun gegen Magnentius ziehen. Um dabei die Ostgrenze des Reiches, die von den Persern bedroht wurde, nicht ohne Schutz zu lassen, erhob er seinen Cousin Constantius Gallus zum Caesar (Unterkaiser) und schickte ihn nach Osten. 351 besiegte Constantius den Magnentius in der Schlacht bei Mursa, konnte ihn jedoch erst am Mons Seleucus 353 endgültig besiegen.
Leben
Aufstieg
Vielleicht stammte Montius Magnus aus der Provinz Africa.[1] Da er Anfang der 350er Jahre bereits ein alter Mann war,[2] könnte er Anfang des 4. Jahrhunderts geboren worden sein. Um das Jahr 350 wurde er Prokonsul (Statthalter) von Konstantinopel. Zu dieser Zeit widmete ihm der Redner Libanios sein Werk Argumenta Demosthenis. Im Jahr 351 erhob der damalige Kaiser Constantius II. seinen Cousin Constantius Gallus zum Caesar (Unterkaiser) und schickte Montius im Amt des quaestor sacri palatii mit dem Hof des Gallus in den Osten des Reiches. Dort hielt sich der Hofstaat des Gallus, dem Montius nun angehörte, in Antiochia auf. Gleichzeitig mit seiner Berufung zum quaestor sacri palatii, der am Hof etwa die Funktion eines Justizministers ausübte, wurde Montius zum Patricius ernannt.[3]
Constantius II. hatte Montius und die anderen Beamten beauftragt, Gallus zu überwachen und dafür zu sorgen, dass er nach dem Willen des Oberkaisers handelte. Dies entsprach Constantius’ Verständnis von den Aufgaben eines Caesars: Gallus sollte fast ausschließlich militärische und repräsentative Kompetenzen haben, legislative und exekutive Aufgaben sollten den Beamten des Constantius vorbehalten bleiben. Dieses System entsprach weitgehend dem, das unter Constantius’ Vater Konstantin dem Großen geherrscht hatte. Damals waren Konstantins Söhne, die er zu Caesares ernannt hatte, und Constantius als einer von ihnen ebenfalls nicht mit administrativen Kompetenzen ausgestattet gewesen.
Gallus hatte jedoch ein anderes Verständnis von den Aufgaben eines Caesars, das eher auf dem ursprünglichen System der von Kaiser Diokletian begründeten Tetrarchie basierte. Demnach sollte er als Caesar in seinem Reichsteil weitgehende Autonomie genießen, auch in der Verwaltung. So kam es zu Konflikten zwischen Gallus und Constantius, der in diesem Streit hauptsächlich vom Hof in Antiochia vertreten wurde. Gallus nahm sich, noch bestärkt von seiner Frau, der Konstantinstochter Constantina, immer mehr Freiheiten heraus und traf dabei auch strategisch riskante Entscheidungen. Beispielsweise machte er sich die Oberschicht von Antiochia zum Feind, indem er während einer Hungersnot die Getreidepreise gegen deren Willen senken ließ.[4]
Ermordung
An Gallus’ Hof arbeitete Montius als einer der höchsten Beamten zunächst vor allem mit dem Prätorianerpräfekten Thalassius zusammen, der oft mit Gallus in Konflikt geriet. Als Thalassius 353 plötzlich verstarb, schickte Constantius Domitianus als neuen Prätorianerpräfekten nach Antiochia. Dieser erhielt den Auftrag, Gallus an den Hof in Mediolanum (Mailand) zu locken und ihn so aus dem Verkehr zu ziehen. Domitianus stellte sich aber im Folgenden äußerst ungeschickt an: Er spielte sich dem Caesar gegenüber herrisch auf und zog sich so dessen Zorn zu.
Der Ablauf der nun folgenden Ereignisse wird in den antiken Quellen widersprüchlich dargestellt. Dem Historiker Ammianus Marcellinus zufolge wurde Gallus schließlich so wütend, dass er Domitianus durch seine Leibwächter bewachen ließ, ihn also festsetzte. Montius versuchte, zwischen den beiden zu vermitteln, indem er die Palastwache zu sich rief und sie eindringlich warnte, dass jede Handlung gegen Domitianus auch eine Handlung gegen Constantius II. sei, dem sie doch eigentlich unterstanden. Als Gallus davon erfuhr, bekam er es mit der Angst zu tun und wiegelte seine Truppen gegen Montius und Domitianus auf, so dass diese die beiden schließlich ermordeten. Diese Darstellung wird auch durch eine Bemerkung des Historikers Zonaras gedeckt.[5]
Nach einer abweichenden Überlieferung des Philostorg wurde Montius von Gallus beauftragt, Domitianus hinrichten zu lassen. Montius protestierte und erklärte dem Caesar, dass er nicht einmal das Recht habe, einen niederen Beamten zu ernennen. Deshalb dürfe er erst recht nicht glauben, dass er einen hohen Beamten wie Domitianus beseitigen könne. Constantina, die Ehefrau des Gallus, war so aufgebracht über die „maßlose Frechheit“ des Montius, dass sie diesen persönlich wegzog und den Wachen übergab. Beide, Montius und Domitianus, wurden getötet.[6] Einer dritten Version, die von den Kirchenhistorikern Sokrates Scholastikos und Sozomenos überliefert wird, zufolge konspirierte Gallus gegen Constantius. Montius und Domitian verrieten diese Pläne dem Constantius und wurden dafür umgebracht.[7]
Der Ablauf des Lynchmordes wird von Ammianus so dargestellt:
„Ohne Zögern stürzten sich danach [nach der Aufwiegelung durch Gallus] die Soldaten, die ja immer nach Unruhen trachten, zuerst auf Montius, der in nächster Nähe wohnte. Er war ein alter Mann, von schwächlichem Körper und kränklich; trotzdem banden sie seine Beine mit rauhen Stricken und schleppten ihn mit gespreizten Beinen wie leblos bis zum Amtssitz des Präfekten. In demselben Anfall von Wut stürzten sie den Domitianus die Treppe hinunter und banden ihn ebenfalls mit Stricken. Dann schleppten sie beide aneinander gefesselt in eiligem Lauf durch die weiträumige Stadt. Bald waren ihre Gelenke und Glieder auseinandergerissen, und so warfen die Soldaten die Leichen der beiden unter Fußtritten, scheußlich entstellt, in den Fluß, nachdem sie ihre Wut an ihnen ausgelassen hatten.“
Montius wird von Ammian als zur Milde neigend beschrieben.[9] Die Ermordung der beiden hohen Beamten ließ Constantius’ Geduldsfaden endgültig reißen, so dass er Gallus aus Antiochia weglockte und ihn schließlich hinrichten ließ. Auch die für die Lynchjustiz verantwortlichen Männer des Gallus wurden später von Constantius’ Beamten Eusebius angeklagt und verurteilt.[10]
Quellen
Montius wird vor allem in Zusammenhang mit seiner Ermordung in den Quellen erwähnt (zu den drei Versionen von Ammian, Philostorg und Sozomenos/Sokrates Scholastikos siehe oben). Erwähnt wird sein Tod außerdem in der Artemii Passio, in einem Brief des Redners Libanios (220) und von Gregor von Nyssa in dessen Rede Gegen Eunomius (1,§ 28,47). Dass Montius aus Africa stammte, lässt sich aus einer Bemerkung Ammians (14,7,12) schließen, in der Montius mit dem Wort afen in Verbindung gebracht wird.[1] Unter Verwendung eines Briefes von Libanios (epistula 220) wurde außerdem vermutet, dass er der Vater des Beamten Calliopius war.
Literatur
- Arnold Hugh Martin Jones, John Robert Martindale, John Morris: Montius Magnus 11. In: The Prosopography of the Later Roman Empire (PLRE). Band 1, Cambridge University Press, Cambridge 1971, ISBN 0-521-07233-6, S. 535–536 (Online-Version).
- Adolf Lippold: Montius Magnus. In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 3, Stuttgart 1969, Sp. 1419.
- Wilhelm Enßlin: Montius Magnus 1). In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band XVIII,1, Stuttgart 1939, Sp. 211 (mit Angabe aller Quellen).
Anmerkungen
- So etwa Enßlin, in: RE, Bd. XVIII,1, Sp. 211; PLRE, Bd. 1, S. 536. Das afen bei Ammian 14,7,12 wird aber etwa von Wolfgang Seyfarth zu acer transliteriert: Ammianus Marcellinus, Römische Geschichte, Lateinisch und Deutsch und mit einem Kommentar versehen von Wolfgang Seyfarth, Bd. 1, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1970, S. 82.
- Ammianus Marcellinus 14,7,15.
- Artemii Passio 12.
- Zur Rolle des Gallus und der Constantina in der antiochenischen Versorgungskrise vgl. Ammian 14,1; 14,7–8 und John F. Matthews, The Roman Empire of Ammianus, London 1989, S. 406–408.
- Ammianus Marcellinus 14,7,12–17; Zonaras 13,9.
- Philostorg 3,28. Vgl. dazu etwa Bruno Bleckmann, Constantina, Vetranio und Gallus Caesar, in: Chiron 24 (1994), S. 29–68, hier S. 63.
- Sokrates Scholastikos 2,34; Sozomenos 4,7. Dies sind auch die einzigen Quellen, in denen Montius Magnus genannt wird.
- Zit. nach Ammianus Marcellinus, Römische Geschichte, Lateinisch und Deutsch und mit einem Kommentar versehen von Wolfgang Seyfarth, Bd. 1, S. 85. Eine ähnliche, kürzere Schilderung bei Philostorg 3,28.
- Ammian 14,7,12.
- Ammian 15,3,1.