Mehrzweckzug
Der Mehrzweckzug (nach den bekanntesten Herstellerunternehmen auch Greifzug oder Habegger sowie linksrheinisch Hubzug genannt) ist ein transportables, handbetätigtes Gerät zum kontrollierten Zug eines Drahtseils, das dem Ziehen, Heben, Ablassen und Sichern von Lasten dient.[1][2][3] Dabei wird das Zugseil mittels Vor- und Rückwärtsbewegungen des Bedienhebels von den dadurch bewegten beiden Klemmvorrichtungen durch das Gerät bewegt, wodurch – anders als bei durch ihre Seiltrommeln limitierten Winden – Drahtseile in unbegrenzter Länge gezogen werden können. Im direkten Zug können handelsübliche Greifzüge Zugkräfte von mehreren hundert Kilogramm bis zu über drei Tonnen ausüben. Verwendung findet der Mehrzweckzug oft bei Hilfsorganisationen wie Feuerwehr oder THW sowie in der Forstwirtschaft.
Bezeichnung
Der umgangssprachliche Name des Mehrzweckzuges rührt von den Herstellerunternehmen Tractel Greifzug GmbH bzw. Willy Habegger her. Bei den österreichischen Feuerwehren wird nur der Begriff Greifzug, in den schweizerischen der Habegger verwendet, der Begriff Mehrzweckzug ist dort eher unbekannt. In Deutschland ist der Mehrzweckzug regional auch als „Luxemburger“ bekannt.
Funktion
Für die Arbeit mit einem Mehrzweckzug wird ein spezielles Stahlseil durch eine Zugvorrichtung gezogen, welches an einem Ende konisch geformt ist und am anderen Ende einen Lasthaken oder Lastbolzen aufweist.
Durch Vor- und Rückwärtsbewegungen mit einem Bedienhebel (einem Hebelrohr) transportieren zwei Klemmvorrichtungen das Seil durch das Gerät. Es wirkt das Prinzip der Selbsthemmung: Je stärker die zu ziehende oder zu hebende Last ist, desto fester ziehen sich die zwei Klemmvorrichtungen (Klemmbackenpaare) zusammen, ein Zurückrutschen des Seils ist also nicht möglich.
Zum Lösen der Zugspannung oder zum Ablassen von Lasten kann die Transportrichtung des Seils jederzeit umgekehrt werden: hierzu wird das Hebelrohr auf den zweiten Bedienhebel gesteckt. Dort bewirken die Vor- und Rückwärtsbewegungen, dass die Klemmbackenpaare das Zugseil in die entgegengesetzte Richtung transportieren.
Sofern die aufgebrachte Kraft die Nennzugkraft um etwa 25 % überschreitet[4], wird ein Metallstift als Sollbruchstelle im Vorschubhebel zerstört. Ein weiteres Ziehen des Seils ist erst nach Austausch des Abscherstiftes wieder möglich, sofern zuvor die angehängte Last reduziert oder die Zugkraft durch Einbau eines Flaschenzugs verringert wurde. Dabei ist zu beachten, dass nur Originalstifte des Herstellers verwendet werden dürfen, da sonst die für die Sollbruchstelle definierte Last möglicherweise nicht mehr korrekt ist.[4] Auch bei gebrochener Überlastsicherung ist ein Ablassen der Last weiterhin möglich.
Die Mehrzweckzüge gängiger Hersteller sind für jeweils 8, 16 oder 32 kN Zugkraft ausgelegt. Meist wird ein Sicherheitsfaktor von fünf angegeben: der Mehrzweckzug sollte also das Fünffache der maximalen Zugkraft zumindest halten können.
Der Mehrzweckzug arbeitet in jeder Lage und jeder Richtung mit gleich bleibender Sicherheit, also sowohl waagerecht, als auch schräg oder senkrecht und ist daher vielseitiger einsetzbar als beispielsweise eine fest auf einem Fahrzeug installierte Seilwinde, zumal der Mehrzweckzug in einer Kiste verpackt auch durch unwegsames Gelände an eine abgelegene Einsatzstelle transportiert werden kann.
Wenn der Mehrzweckzug im Gelände eingesetzt wird, wo keine Möglichkeit zur Befestigung an einem Festpunkt besteht, so verwendet man die Freilandverankerung mit Erdnägeln zur Befestigung.
Die relevante Norm für Mehrzweckzüge im Einsatz der Feuerwehr in Deutschland ist DIN 14800-5, worin die Mehrzweckzugvarianten MZ 16 und MZ 32 definiert sind.[5]
- Mehrzweckzug im Einsatz bei einer Feuerwehrübung
- Mehrzweckzug im Einsatz beim Militär
- Mehrzweckzug mit 30 kN Zugkraft
- Mehrzweckzug als Hilfsmittel eines Zimmermanns beim Aufbau der Thuner Eishalle
Ursprung
Der Mehrzweckzug wurde erfunden von Simon Faure, der am 5. September 1945 in Frankreich einen „Drahtseil-Zug- und Hebeapparat“ zum Patent anmeldete. 1948 wurde in Luxemburg das Unternehmen Secalt gegründet, das den Apparat produziert und unter dem Markennamen Tirfor (v. frz. tirer „ziehen“, fort „stark“) vertreibt. Bald wurden zahlreiche Tochtergesellschaften im Ausland gegründet, darunter die deutsche Greifzug GmbH und die amerikanische Griphoist Inc. Die genannten Unternehmen gehören zur weltweit operierenden Tractel-Gruppe mit Hauptsitz in Luxemburg.
Literatur
- Ferdinand Treutzel: Die Roten Hefte, Heft 3b – Leinen, Seile, Hebezeuge; Teil II: Ziehen und Heben. 15. Auflage. Kohlhammer, Stuttgart 2005, ISBN 978-3-17-018534-0.
- Matthias Ott, Marc Peter Hofmann, Nils Böger: Einsatz bei Extremwetterereignissen: Abwehr wetterbedingter Gefahren, Einsatzorganisation und -vorbereitung, Unfallverhütung und Einsatzgrenzen (= Technik – Taktik – Einsatz). ecomed Sicherheit, Landsberg am Lech 2018, ISBN 978-3-609-77503-6, Mehrzweckzug.
- Hans Kemper: Gerätekunde Arbeitsgerät (= Fachwissen Feuerwehr). ecomed Sicherheit, Landsberg 2019, ISBN 978-3-609-69796-3, Mehrzweckzüge.
Weblinks
Einzelnachweise
- Hans Kemper: Gerätekunde Arbeitsgerät (= Fachwissen Feuerwehr). ecomed Sicherheit, Landsberg am Lech 2019, ISBN 978-3-609-69796-3, Mehrzweckzüge, S. 63 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Matthias Ott, Marc Peter Hofmann, Nils Böger: Einsatz bei Extremwetterereignissen: Abwehr wetterbedingter Gefahren, Einsatzorganisation und -vorbereitung, Unfallverhütung und Einsatzgrenzen (= Technik - Taktik - Einsatz). ecomed Sicherheit, Landsberg am Lech 2018, ISBN 978-3-609-77503-6, Mehrzweckzug, S. 169 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Ulrich Cimolino (Hrsg.): Technische Hilfeleistung bei PKW-Unfällen (= Einsatzpraxis). 2., überarbeitete und erweiterte Auflage inkl. THL bei Unfällen mit Kleintransportern. ecomed Sicherheit, Landsberg am Lech 2008, ISBN 978-3-609-77492-3, Mehrzweckzug, S. 187 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche): „Ein Mehrzweckzug (im Sprachgebrauch nach einer Herstellerfirma auch 'Greifzug') ist ein handbetätigtes Gerät mit Drahtseilzug zum Heben, Ablassen, Ziehen und Sichern von Lasten.“
- Grundausbildung der Berufsfeuerwehr Köln
- Normübersichtsseite für einen Mehrzweckzug auf din.de