Marcia Haydée
Marcia Haydée, eigentlich Márcia Haydée Salaverry Pereira da Silva, (* 18. April 1937 in Niterói, Brasilien) ist eine brasilianische Tänzerin, Choreografin und Ballettdirektorin. Sie gilt als eine der großen Ballerinen des 20. Jahrhunderts und ist auch für ihre schauspielerischen Fähigkeiten anerkannt. Berühmte Tanzpartner waren etwa Rudolf Nurejew, Mikhail Baryshnikov und Richard Cragun.
Leben
Marcia Haydée wuchs in Rio de Janeiro als Tochter eines Arztes auf. Ihre internationale Karriere begann mit dem Debüt in Rio de Janeiro im Jahr 1953. Nach einem mehrjährigen Engagement beim Grand Ballet du Marquis de Cuevas kam Marcia Haydée 1961 nach Stuttgart. Sie nahm ein Engagement des Generalintendanten Walter Erich Schäfer zur Mitarbeit am Stuttgarter Ballett an, wo sie unter der Leitung von John Cranko Primaballerina wurde.
Der Durchbruch zum Weltruhm gelang ihr 1962 in Romeo und Julia, später kreierte sie die Hauptrollen in Crankos Onegin und Der Widerspenstigen Zähmung, letztere mit Richard Cragun, der über 30 Jahre lang ihr regelmäßiger Tanzpartner war. Die Stuttgarter Compagnie wurde eine der führenden Balletttruppen der ganzen Welt. Nach dem Tod John Crankos übernahm 1974 zunächst der US-Amerikaner Glen Tetley die Direktion der Truppe, 1976 wurde Haydée zur Ballettdirektorin ernannt. Sie arbeitete auch mit anderen zeitgenössischen Tänzern und Choreografen – etwa mit John Neumeier, der ihr sein Ballett Kameliendame gewidmet hat, und Maurice Béjart zusammen. Als Direktorin in Stuttgart förderte sie gezielt den Nachwuchs wie etwa William Forsythe, heute einer der wichtigsten Choreografen der Welt, Uwe Scholz oder Renato Zanella. Sie zeigte auch eigene Choreografien: 1987 Dornröschen und 1989 Giselle. Von 1994 bis 1996 leitete sie sowohl die Ballett-Compagnie von Stuttgart als auch von Santiago de Chile. Marcia Haydée nahm 1996 Abschied vom Stuttgarter Ballett. Seit 2002 leitete sie wieder das Ballett von Santiago de Chile im Teatro Municipal, sie ging mit dem Ensemble weltweit auf Tournee und zeigte nun Tanztheater. Im Dezember 2020 beendete sie ihre Direktion in Santiago de Chile, bleibt aber als internationale Beraterin der Kompanie verbunden.[1]
Marcia Haydée lebte 16 Jahre mit Richard Cragun zusammen, später neun Jahre mit dem Tänzer Jean-Christophe Blavier. Seit 1995 ist sie mit ihrem Yoga-Lehrer Günther Schöberl verheiratet.[2]
Ehrungen und Auszeichnungen
Marcia Haydée erhielt im Jahr 1975 die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg.[3] Im März 2009 wurde sie mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern ausgezeichnet.[4]
Filmografie
- Die Kameliendame. Spielfilm/Tanzfilm, Deutschland, 1987, 129 Min., Regie: John Neumeier, Produktion: NDR, Polyphon
- Golgotha. Spielfilm, Deutschland, Bulgarien, 1994, 125 Min., Regie: Mikhail Pandoursky, Produktion: Pandora Film
- Poem – Ich setzte den Fuß in die Luft und sie trug. Spielfilm, Literaturverfilmung, Deutschland, 2000/02, 92 Min., Regie: Ralf Schmerberg, Produktion: Trigger Happy Productions
- M. for Marcia. Marcia Haydée - die Tanzlegende des 20. Jahrhunderts. Dokumentation, 2006, 52 Min., ein Film von Jean Christophe Blavier, Produktion: moving-angel GmbH (DVD)
- Marcia Haydée – Das Schönste kommt noch!. Dokumentation, 2007, 45 Min., ein Film von Jean Christophe Blavier (langjähriger Tanzpartner Haydeés), Produktion: ZDFtheaterkanal, moving-angel GmbH, Erstausstrahlung: 3sat, 15. Dezember 2007
Publikationen
- Marcia Haydée: Mein Leben für den Tanz. DVA, Stuttgart 1996, ISBN 3-421-05027-9
- Marcia Haydée: John Cranko. Mit einer Einleitung von Walter Erich Schäfer. Belser, Stuttgart 1973, ISBN 3-7630-9014-2
Literatur
- Cornelia Stilling-Andreoli: Marcia Haydée - Divine. Fotografien von Gundel Kilian. Henschel-Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-89487-504-6.
- Thomas Aders: SeelenTanz. John Cranko und das Wunder des Balletts. Books on Demand, Norderstedt 2020, ISBN 978-3-7504-3165-2
- Felipe J. Alcoceba und Brigitte Schneider: Dance & dancers Stuttgart Ballet. Edition Braus, Heidelberg 1997 [Ausstellung der Württembergischen Landesbibliothek in Zusammenarbeit mit dem Stuttgarter Ballett aus Anlass des Stuttgarter Ballett-Festivals: Hommage à John Cranko und des Projekts "TanzRegion" der KulturRegion Stuttgart 1997 vom 24. September bis 23. Dezember 1997], ISBN 3-89466-205-0
- Maurice Béjart und Rainer Woihsyk (Hrsg.): Marcia Haydée. Belser, Stuttgart, Zürich 1987, ISBN 3-7630-9041-X.
- Hannes Kilian: Stuttgarter Ballett. Auf neuen Wegen. Kunstverlag Weingarten, Weingarten 1981, ISBN 3-921617-45-6.
- Hannes Kilian, Heinz-Ludwig Schneiders, Horst Koegler, John Percival: Marcia Haydee. Porträt einer großen Tänzerin. Thorbecke Verlag, Sigmaringen 1975, ISBN 3-7995-2002-3.
Weblinks
- Literatur von und über Marcia Haydée im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Marcia Haydée in der Internet Movie Database (englisch)
- Marcia Haydée bei filmportal.de
- Marcia Haydée in der Deutschen Biographie
- Kevin Ng: Marcia Haydee: Prima ballerina Stuttgart Ballet. Interview with Marcia Haydee. ballet.magazine, April 2001, archiviert vom Original am 4. Mai 2013; abgerufen am 18. April 2017 (englisch).
- Adriane von Hoop: Marcia Haydée. FemBio, Frauen-Biographieforschung e.V. 10. April 2017
- Die Maria Callas des Tanzes. 3sat-Sendung Kulturzeit, 6. Dezember 2007, archiviert vom Original am 19. März 2012; abgerufen am 18. April 2017.
- Menschen und Orden: Ordensträger: Marcia Haydée. Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, archiviert vom Original am 2. April 2015; abgerufen am 18. April 2017.
Einzelnachweise
- Asesora internacional | Marcia Haydée. In: Ballet de Santiago. Municipal di Santiago., Dezember 2020, abgerufen am 3. April 2021 (spanisch).
- Die Maria Callas des Tanzes. 3sat-Sendung Kulturzeit, 6. Dezember 2007, archiviert vom Original am 19. März 2012; abgerufen am 18. April 2017.
- Liste der Ordensträger 1975–2021. (PDF; 376 kB) Staatsministerium Baden-Württemberg, 23. Juli 2021, S. 1
- Bekanntgabe der Verleihungen des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland vom 1. April 2009. Bundespräsidialamt, archiviert vom Original am 3. Mai 2009; abgerufen am 18. April 2017.