Manuel und Amande

Manuel u​nd Amande i​st ein Fragment e​ines mittelhochdeutschen Textes. Möglicherweise handelt e​s sich hierbei u​m einen späten mittelalterlichen Artusroman. Insgesamt s​ind bis j​etzt nur 292 Verse bekannt. Es w​urde noch k​eine vollständige Handschrift entdeckt.

Überlieferung

Bis heute wurden insgesamt fünf Pergamentblätter gefunden. Ein Einzelblatt und drei Doppelblätter wurden im 19. Jahrhundert von P. Gerold Bickel entdeckt. Ein weiteres Einzelblatt, bei dem sich nur die Rückseite entziffern lässt, ist seit den frühen 1980ern bekannt. Alle Blätter wurden in den Einbänden von Büchern der Bibliothek des Klosters Schwaz, Tirol, gefunden. Offensichtlich war die Handschrift im Spätmittelalter oder der frühen Neuzeit zerteilt worden. Da sie damals nicht mehr von Interesse für die Menschen war, wurden ihre einzelnen Pergamentblätter umfunktioniert und zur Verstärkung der Buchrücken verwendet. Bei den Pergamenten handelt es sich um ein recht kleines Format von 15 mal 11 cm. Jede Seite ist mit genau 20 Versen beschrieben. Die Handschrift wurde verziert: Der Anfangsbuchstabe jedes Verspaars ist aus dem Text herausgerückt, die Initialen sind abwechselnd rot und blau und nach etwas größeren Abschnitten durch schlichte Ornamente hervorgehoben. Die Blätter wurden zurechtgeschnitten, vermutlich, um sie den Büchern, die in sie eingeschlagen waren, anzupassen. Daher fehlen manchmal ein paar Verse. Auch hat das im 19. Jahrhundert gefundene Einzelblatt zudem noch ein Loch in der Mitte des Textes. Daher die krumme Zahl von 292 überlieferten Versen, weil nicht alle 20 Verse auf jeder Seite immer vollständig zu entziffern sind oder auch Teile fehlen.

Datierung und Herkunft

Die Fragmente konnten anhand der Schrift und der Sprachverwendung einer identischen Handschrift zugeordnet werden. Diese Handschrift lässt sich aufgrund des Schriftbildes auf die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts datieren. Sie stammt wohl, wie sich am Sprachgebrauch erkennen lässt, aus dem heutigen Süden Deutschlands, nämlich Bayern oder Ostfranken. Der Ursprungstext ist jedoch älter und stammt aus einem anderen Teil Deutschlands. Denn bei den entdeckten Handschriftenteilen handelt es sich um eine Abschrift des Originals. Der Schreiber dieser Handschrift ist also nicht identisch mit dem Verfasser des Ursprungstextes „Manuel und Amande“, sondern erstellte nur eine Kopie davon. Die Datierung des Textes an sich ist weniger eindeutig. Auf jeden Fall entstand er aufgrund der reinen Endreime nach 1170. Denn diese Reinheit der Reime findet sich erst ab der Blütezeit der höfischen Literatur im deutschen Sprachgebiet. Die bisher betriebene Forschung zu „Manuel und Amande“ hält eine Datierung in das späte 13. Jahrhundert für möglich, genau lässt es sich jedoch nicht sagen. Der Dichter wird wohl in Mitteldeutschland beheimatet gewesen sein.

Handlung

Die Reihenfolge d​er einzelnen Blätter i​n der Handlung lässt s​ich nicht g​enau klären. In d​er Forschung w​ird aber Folgendes für möglich gehalten: Das zuletzt entdeckte Einzelblatt s​teht am Frühesten i​n der Handlung, d​ann folgt d​as im 19. Jahrhundert gefundene Einzelblatt u​nd zuletzt stehen d​ie drei Doppelblätter. Letztere werden d​em Schluss d​er Erzählung zugeordnet; jedoch w​ird davon ausgegangen, d​ass in d​er Mitte e​in weiteres Doppelblatt fehlt, sodass d​ie Handlung a​n dieser Stelle u​m 80 Verse unterbrochen ist. Auf j​eden Fall werden d​ie drei Handlungsteile i​n der Handschrift n​icht unmittelbar aufeinander gefolgt sein.

Inhalt der Fragmente (verkürzt dargestellt)

Die 20 Verse d​es später entdeckten Einzelblattes g​eben ein Gespräch zwischen z​wei Personen wieder. Die e​rste Person w​ird nicht b​eim Namen genannt, d​ie zweite i​st ein junger Mann m​it dem Namen Jonas. Dieser i​st noch unerfahren u​nd wird scheinbar b​ald zu e​inem Kampf aufbrechen.

Das zweite Einzelblatt i​st geprägt d​urch den Monolog e​ines Ritters, dessen Name n​icht bekannt ist. Dieser w​ill sich a​n einem Anderen rächen, w​eil dieser i​hm Leid u​nd Unrecht zugefügt hat. Zuletzt spricht n​och eine Frau, d​ie ebendiesen Ritter i​n ihren Dienst nimmt.

Die d​rei Doppelblätter handeln zunächst v​on der Hochzeit Manuel u​nd Amandes. Nach diesen Beiden w​urde das Textfragment a​uch benannt. Das Fest findet a​m Hofe König Artus s​tatt und e​s kommen Gäste a​us den Heimatländern d​er beiden, nämlich Spanien u​nd Griechenland. Nach d​er Hochzeit n​immt Manuel s​eine Braut m​it in s​eine Heimat Griechenland u​nd beide l​eben dort glücklich b​is an i​hr Lebensende.

Nun wendet s​ich der Erzähler d​em Tod König Artus zu: Dieser s​tarb und s​eine Frau Ginover (auch a​ls Guinevere bekannt) trauerte s​o sehr u​m ihn, d​ass sie i​hm schließlich i​n den Tod nachfolgte. Die Liebe zwischen Artus u​nd Ginover w​ird als Vorbild für e​ine ideale Beziehung genannt.

Der Erzähler schildert nun, w​ie es i​n einer Liebesbeziehung n​icht sein sollte, nämlich d​ass die Liebe m​it Gewalt d​urch den Mann erzwungen wird. Stattdessen s​oll er d​ie Frau achten u​nd dieser i​hre Freiheiten lassen. Zur Untermauerung seiner Meinung zitiert d​er Erzähler Cicero u​nd Seneca.

Gattung

Zuletzt stellt sich in der Forschung noch die Frage, ob sich der bis jetzt nur fragmentarisch überlieferte Text „Manuel und Amande“ dem seit 1170/80 auftretenden Artusroman zuordnen lässt. Das Auftreten König Artus und seines Hofes spräche dafür, die ungewöhnlichen Namen der Handlungsträger aber sprächen eher dagegen. Denn üblicherweise sind Ritter mit Namen wie Erec oder auch Iwein die Hauptpersonen in Artusromanen. Die Namen „Jonas“, „Manuel“ und „Amande“ mit ihrem leicht orientalischen Anklang kommen sonst in Artusromanen nicht vor. Jedoch gibt es bei den späten Artusromanen Variationen der typischen Handlung und auch der Personen. Daher wäre es möglich, dass es sich bei „Manuel und Amande“ um einen späten Artusroman handelt. Es gab aber auch Stimmen in der Forschung, die das Fragment dem neuen historischen Roman zuordnen wollten. Demnach erzähle dieser Roman die Geschichte realer Personen und Artus werde nur noch aus Gewohnheit erwähnt, weil dem Dichter der Gattungswandel noch nicht bewusst geworden sei. Genau klären lässt sich die Gattungsfrage nicht. Dafür ist zu wenig Text bekannt. Eine Struktur des Textes lässt sich nicht nachzeichnen. Gerade dies wäre sehr wichtig für die Frage, ob „Manuel und Amande“ ein Artusroman ist oder nicht.

Literatur

  • Heinrich Meyer-Benfey (Hrsg.): Mittelhochdeutsche Übungsstücke, Halle (Saale) 1902, S. 151–154.
  • Hans-Jochen Schiewer: in ris ich dar vmbe abe brach / Von sinem wunder bovme. Beobachtungen zur Überlieferung des nachklassischen Artusromans im 13. und 14. Jahrhundert, in: Deutsche Handschriften 1100-1400. in: Oxforder Kolloquium 1985, hg. von Volker Honemann und Nigel F. Palmer, Tübingen 1988, S. 222–278.
  • Edward Schröder: Manuel und Amande, in: Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Göttingen 1925, S. 166–168.
  • Hans-Hugo Steinhoff: Ein neues Fragment von 'Manuel und Amande', in: ZfdA 113 (1984), S. 242–245.
  • Oswald Zingerle: Manuel und Amande. Bruchstücke eines Artusromans, in: ZfdA 26 (1882), S. 297–307.
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