Lazzaretto Nuovo
Lazaretto nuovo ist eine Insel in der Lagune von Venedig, die etwa 3 km nordöstlich des historischen Zentrums, gegenüber von S. Erasmo liegt.[1]
Lazaretto nuovo | ||
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Gewässer | Lagune von Venedig | |
Geographische Lage | 45° 27′ 24″ N, 12° 23′ 8″ O | |
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Fläche | 8,72 ha |
Älteste Siedlungsspuren verweisen in die Bronzezeit.
Im Hochmittelalter, in der ersten Urkunde, die die Insel 1015 erwähnt, heißt sie noch Vigna Murada, lebten dort einige Einsiedler. Im 12. Jahrhundert war die Insel im Besitz der Mönche von San Giorgio Maggiore, die dort eine kleine Kirche errichteten und diese San Bartolomeo (dem heiligen Bartholomäus) weihten. 1468 wurde auf Beschluss des Senats auf der Insel ein Lazarett eingerichtet. Dieses hatte die Aufgabe, ansteckenden Krankheiten vorzubeugen. Die Insel, die nunmehr Lazzaretto Vecchio (alt) genannt wurde, und die in der südlichen Lagune liegt, nahm die pestverdächtigen Fälle auf.
Dazu wurden auf dem ‚neuen Lazarett‘ Krankenhäuser errichtet, darunter noch im 16. Jahrhundert das Teson Grande, das größte Gebäude auf der Insel. Die Bauten waren neben den Seilerwerkstätten im Arsenal die größten öffentlichen Gebäude Venedigs. Das Teson Grande ist mehr als 100 m lang. Um dieses „Lazzarett“ von dem bereits nahe dem Lido bestehenden zu unterscheiden, nannte man es Lazaretto Novo, wie bald die gesamte Insel genannt wurde. Sansovino nennt 100 Räume auf der Insel, die von Ferne einem Castello geähnelt habe. Diesen Eindruck dürften die mehr als 100 Kamine im venezianischen Stil vermittelt haben. Im Gebäude sind zahlreiche Inschriften erhalten, dazu Zeichnungen, die an die Gegenwart der Kaufleute erinnern, und die angesichts des Sterbens auf der Insel auch die Informationen über die geladenen und dort gelagerten Waren bewahren sollten. Auch Reisebeschreibungen von Schiffen, die aus Zypern oder Konstantinopel gekommen waren, finden sich dort.
Während der Pestepidemie von 1576 wurde die Insel zum Zwangsaufenthalt für die von der Krankheit möglicherweise angesteckten Personen. Aufzeichnungen aus dieser Zeit berichten von nahezu zehntausend Menschen auf Lazzaretto nuovo, und die Wasserwege waren von Hunderten von Schiffen und Booten verstopft. Nach dem Abflauen der Pest wurde die Insel nach und nach von den verbliebenen Bewohnern verlassen. Um 1700 verlor die Insel ihre Bedeutung als Quarantäneort.
Erst im 19. Jahrhundert schuf man Wohn- und Lagergebäude für militärische Zwecke. Ein Rest von Befestigungsanlagen (fortificazioni lagunari) zeugt von den militärischen Auseinandersetzungen um die Lagune seit Napoleon und unter den Österreichern. Daher wurden die großen Arkaden des Teson zugemauert, ein Pulvermagazin entstand dort. Die Mauern wurden mit Schießscharten ausgestattet, mit Wachtürmen, Bollwerken aus istrischem Marmor und Erdwällen. Die Insel verband nun mit S. Erasmo eine eigene Brücke, der Testa di Ponte. Eine ähnliche Verbindung entstand mit der Batterie des Torre Massimiliano, einem Turm, der den Zugang zum Hafen von Lido bewachte. Bis 1975 wurde die Insel vom italienischen Militär genutzt.
Inzwischen ist die Insel unter Leitung des Ministero per i Beni e le Attività Culturali einer umfassenden Sanierung unterzogen worden. Die Ausführung oblag der Sopraintendenza per i Beni Ambientali e Architettonici und dem Magistrato alle Acque. Seit einigen Jahren untersteht die Insel dem Ekos Club, einer Freiwilligenvereinigung, die hinter einem Projekt namens ‚Für die Wiedergeburt einer Insel‘ steht. Dieser fördert wissenschaftliche und kulturelle Aktivitäten und koordiniert die Zusammenarbeit von Körperschaften und Institutionen. Die Insel gehört dem Sistema Bibliotecario Museale, dem Verbund der Museumsbibliotheken der Provinz Venedig an, ebenso wie den Itinerai Educativi, die Lehrpfade unterhalten.
So entstand ein etwa einen Kilometer langer Rundweg, der Ausblicke auf die Lagune bietet, aber auch in das Ökosystem auf der Insel einführt.[2] Dort befinden sich Lorbeerbäume, Eschen, Weißdorn, wilde Dornbüsche und große Mengen von Schilfgräsern. Dabei weist die Nordseite typische Pflanzengemeinschaften deer Barene auf, wie sie in der Lagune verbreitet sind, darunter Limonium (Strandflieder), Salicornia und Artemisia (Beifuß). Auch lagunentypische Fische und Krustentiere lassen sich hier beobachten. Innerhalb der österreichischen Befestigungsanlage stehen mehrere Jahrhunderte alte Maulbeerbäume, aber auch Eschen und Pappeln, dazu verwilderte Obstbäume. Neben Möwen und Seidenreihern finden sich Graureiher, Kormorane, einige wenige Eisvogelpaare, Falken und andere Raubvögel. Hinzu kommen Stelzenläufer, die hier als Cavalieri d'Italia bezeichnet werden.
Auf der Insel werden archäologische Sommercamps durchgeführt, bei denen in Grabungstechnik und Konservierungsmethoden eingeführt wird, aber auch in Quellenlektüre und Konservierungstechniken. Ebenso spielen Unterwasserarchäologie und experimentelle Archäologie eine wesentliche Rolle.[3]
Literatur
- Giordano Trovabene, Alessandro Asta, Marco Bortoletto, Gerolamo Fazzini: Venezia, Isola del Lazzaretto Nuovo. Lo scavo del Priorato, in: NAVe – Notizie di Archeologia del Veneto, 1/2012, Florenz 2014, S. 76–79.
- Matteo Borrini, Fulvio Bartoli, Alessandra Bacci, Francesco Mallegni: Analisi paleonutrizionale su alcuni campioni dalla mass grave dell’Isola del Lazzaretto Nuovo (Venezia), in: Archivio per l’Antropologia e la Etnologia CXL (2010), S. 1–11.
- Francesca Malagnini: Le scritture parietali cinque-secentesche del Lazzaretto Nuovo di Venezia. Appunti linguistici, in: Cuadernos de filología italiana 24 (2017), S. 11–72.
Anmerkungen
- Fährt man mit dem öffentlichen Verkehrsmittel zur Insel S. Erasmo, sieht man genau gegenüber der ersten Station „S. Erasmo Capannone“, ehemals „Baracca“ genannt, einen Anlegesteg und einen langgestreckten Gebäudekomplex.
- Lazzaretto Nuovo: inaugurato "Il sentiero delle barene", in: Venezia Today, 7. April 2019.
- Lazzaretto Nuovo: la Giunta autorizza il prosieguo della campagna di scavi all’Archeoclub, in: Il Nuovo Terraglio, 19. Mai 20198.