Lübecker Wasserkunst (1867)
Die Lübecker Wasserkunst befindet sich im Stadtteil St. Jürgen der Hansestadt Lübeck direkt an der Wakenitz. Das zentrale Gebäude ist der Wasserturm, der als historistisches Bauwerk die Formensprache der Backsteingotik aufnimmt. Er wurde 1867 errichtet und 1890 aufgestockt.
Wasserkunst Lübeck | |
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Daten | |
Baujahr: | 1867 |
Umbau: | 1890 |
Turmhöhe: | 29 m |
Nutzhöhe: | 27,4 m |
Behälterart: | Intze-1 |
Volumen des Behälters: | 2145 m³ |
Betriebszustand: | in Betrieb |
Denkmalschutz: | Kulturdenkmal seit 1989 |
Mittelalterliche Wasserkünste
Nachdem in der Frühzeit der Stadt Lübeck kalkhaltiges Wasser aus privaten und öffentlichen Brunnen entnommen worden war, leitete man, da die vorhandene Menge nicht ausreichte, Wasser mit natürlichem Gefälle durch hölzerne Rohre in die Straßen. Man baute Wasserhebewerke, bei denen durch Räder Wasser in die "Kummen" – ein niederdeutscher Ausdruck für Kasten oder tiefe runde Schüsseln – gehoben wurde. Die größten, die Brauerwasserkunst und die Bürgerwasserkunst, standen auf dem Hüxterdamm vor dem Hüxtertor.
Neubau 1867
Durch immer wieder auftretende Choleraepidemien wurde, nicht zuletzt durch die Bemühungen des Arztes Emil Cordes, der Wunsch nach dem Bau einer neuen Wasserkunst geweckt und 1867 verwirklicht. Es handelte sich um einen Backsteinrundbau, der durch Blendarkaden gegliedert war, die über zwei Stockwerke reichten und gekuppelte Zwillingsfenster aufwiesen. Im Innern befand sich das Sammel- und Ausgleichsbecken, ein ca. 1000 m³ fassender Flachbodenbehälter. Ein Zinnenkranz schloss den Rundbau ab, darüber erhob sich ein 20 Meter hoher Steigeleitungsturm, so dass das durch Sandfilteranlagen gereinigte Wasser auch in hochgelegene Entnahmestellen geleitet werden konnte.
Umbau 1890
Als immer mehr Häuser an das neue Versorgungswerk angeschlossen wurden, der Verbrauch durch Einbau von Sanitäranlagen ständig stieg und der Gegendruck bei einem Brand auf dem Marktplatz nicht ausreichte, um den Einsatz der Feuerspritzen ausreichend zu ermöglichen, stockte man das Bauwerk auf und gab ihm damit die heutige Gestalt.
Zur Auflockerung der massiven Turmwände wurden glasierte Ziegel eingesetzt. Sie bilden Streifen, die den Mittelteil des Turms spiralartig umlaufen. Der Turmkopf wurde reichlich mit Blendarkaden und weiteren Zierelementen ausgestattet, die sich an der norddeutschen Backsteingotik orientierten. Statt des ursprünglichen Flachbodenbehälters baute man einen Intze-1-Behälter ein. Dieser lag 10 m höher und fasste 2145 m³ Wasser. Er lagerte auf einem Innenfundament, das das Mauerwerk des abgerissenen Steigeleitungsturms ersetzte.
→ Näheres zu den Behälterformen im Hauptartikel Wasserturm
Historische Fotos
- Der Wasserturm der 1867 erbauten Wasserkunst in seiner ursprünglichen Gestalt vor der Aufstockung von 1890
- Der Wasserturm der Lübecker Wasserkunst in der Gestalt, die er seit 1890 hat
- Die Gesamtanlage der Wasserkunst im Jahre 1900
Heutige Situation
Das Quantitätsproblem war damit gelöst, nicht aber das der Wasserqualität. Chlorgeruch und -geschmack trübten den Genuss, so dass nach Grundwasser gebohrt werden musste. Nach Inbetriebnahme des Wasserwerks Kleinen See 1972 und 1981 in Klein Disnack wurde das Wasser erheblich verbessert. Die Wasserkunst konnte außer Betrieb gesetzt werden. Auf dem Gelände der Wasserkunst befinden sich heute 2 Reinwasserbehälter mit zusammen 16.000 m³ Inhalt, in denen nachts Wasser aus den Wasserwerken gespeichert wird, um es tagsüber bedarfsorientiert über Pumpen in das Lübecker Trinkwassernetz zu speisen. Ebenso dient der historische Wasserturm heute noch als Wasserspeicher.
1989 wurde die Wasserkunst unter Denkmalschutz gestellt, weil sie "ein architektonisch charakteristisches, in der Formensprache der Neugotik ausgeführtes Zeugnis industrieller Bauweise, für die örtliche Situation markant und als öffentlicher Profanbau mit Charakter von hoher städtebaulicher Bedeutung" ist.
Die Fläche um die Wasserkunst wird künftig einer neuen Nutzung in Form eines Wohnquartiers zugeführt. Es ist geplant die Bebauung in den Jahren 2017/2018 fertigzustellen. Drei Straßen werden diesen Bereich erschließen und auf die historische Bedeutung verweisen. Die Straßennamen lauten: "Alter Wasserturm", "Brunnenstube", "Zum Wasserspeicher".
Siehe auch
Literatur
- Antjekathrin Graßmann (Hrsg.): Lübeckische Geschichte. Schmidt-Römhild, Lübeck 1988, ISBN 3-7950-3202-4.
- Jens U. Schmidt: Wassertürme in Schleswig-Holstein. Geschichte und Geschichten um die Wasserversorgung im Norden und ihre auffälligsten Bauten. Regia-Verlag, Cottbus 2008, ISBN 978-3-939656-71-5 (Archiv Deutscher Wassertürme).
Weblinks
Einzelnachweise