Kreditrationierung
Kreditrationierung ist ein Begriff aus den Wirtschaftswissenschaften, der in der Praxis großen Niederschlag gefunden hat. Er bezeichnet die pauschale Ablehnung einiger Kreditanträge, obwohl darunter auch potentielle Kreditnehmer guter Qualität sind (Definition nach Stiglitz und Weiss 1981)[1].
Die untersuchte Frage ist, ob Banken im Fall einer Überschussnachfrage die Zinsen erhöhen sollen.
Ausgangspunkt ist, dass der Kreditgeber nur begrenzte Refinanzierungsmöglichkeiten hat. Die Bank hat folglich zwei Möglichkeiten:
- Sie kann entweder ab einem bestimmten Kreditvolumen jeden weiteren Kreditantrag ablehnen. Bei dieser Entscheidung spielt die festgestellte Qualität der Kreditnehmer keine Rolle.
- Sie kann andererseits mögliche Kreditnehmer mit bestimmten negativen Qualitätsmerkmalen ablehnen.
Funktion der Kreditrationierung
In unvollkommenen Märkten kann Kreditrationierung sinnvoll sein. Mögliche Gründe sind
- Adverse Selektion: Durch eine Senkung des Kreditzinses verbessert sich die durchschnittliche Qualität der Kreditnehmer (Qualitätsunsicherheit). Ein Projekt wird nur dann durchgeführt, wenn bei gegebenem Zins der erwartete Gewinn positiv ist.
- Moral Hazard: Durch die Senkung des Kreditzinses sehen sich die Kreditnachfrager veranlasst, das Risiko ihres Projektes zu verringern (Verhaltensunsicherheit, ex-interim Unsicherheit).
- ex-post Unsicherheit
Die Wirkung der Zinssenkung auf den Bankertrag kann durch den adversen Selektionseffekt mehr als ausgeglichen werden.
Theoretische Analyse der Kreditrationierung: Das Modell von Stiglitz und Weiss
Annahmen
Variablen
- K ist der Kreditbetrag
- r ist der Kreditzins, der von der Bank verlangt wird
- C ist der Sicherheitenwert
- R ist die vereinbarte Rückzahlung in Höhe von (1+r)·K
Strukturannahmen
- Kreditgeber und Kreditnehmer sind risikoneutral
- Die Verteilung der Kreditnehmerqualitäten ist bekannt. Der Kapitalgeber kann diese aber nicht individuell beobachten.
- Die Qualität der Kreditnehmer ist abhängig von der Verteilung der Projekterträge , wobei die Streuung der Erträge beschreibt
- Alle Projekte haben den gleichen Erwartungswert aber unterschiedliche Streuung
- Für den Kredit wird ein Rückzahlungsbetrag R vereinbart: R=(1+r)K sowie Sicherheiten in Höhe von C für den Ausfall des Kreditnehmers festgelegt.
Gewinnfunktion des Kreditnehmers
Der Gewinn des Kreditnehmers ist das Maximum aus Projektertrag abzüglich der vereinbarten Rückzahlung und dem Negativbetrag der Sicherheit:
- .
Der Kreditnehmer macht Verlust in Höhe der Sicherheit, solange der Projektertrag kleiner ist als der verzinste Kreditbetrag abzüglich der Sicherheit. Übersteigt der Projektertrag diesen Wert, so kommt der Kreditnehmer auch in die Gewinnzone, die abhängig vom Projektertrag unbegrenzt ist.
Ertragsfunktion des Kreditgebers
Der Ertrag des Kreditgebers ist das Minimum aus der vereinbarten Rückzahlung und der Summe aus Projektertrag und Sicherheit:
- .
Die Ertragsfunktion des Kreditgebers beginnt mit einem Betrag in Höhe der Sicherheit bei einem Projektertrag in Höhe von Null. Sie steigt dann mit dem Projektertrag an, bis der vereinbarte Rückzahlungsbetrag erreicht ist. Darüber bleibt der Rückzahlungsbetrag konstant.
Mechanismus
Eine Erhöhung der Preise hat sowohl Einfluss auf die Nachfrage als auch auf die Qualität und Verhaltensweisen der Nachfrager.
Risikoparameter
Es werden Kreditnehmer mit unterschiedlicher Qualität angenommen. Dies drückt sich in einem unterschiedlichen Projektrisiko aus, welches sich anhand der Verteilung der Projekterträge ablesen lässt. Um die unterschiedlichen Projektrisiken zu unterscheiden, wird der Risikoparameter Theta eingeführt. Ein hoher Wert des Risikoparameters Theta bedeutet ein hohes Risiko. Dies drückt sich in der Wahrscheinlichkeit für niedrige Projekterträge aus, die bei hohem Theta hoch ist.
Kritischer Zins
Bei jedem vorgegebenen Kreditzins, den die Bank verlangt, gibt es einen kritischen Wert des Risikoparameters Theta, ab welchem die Kreditnehmer nur noch Projekte finanzieren, die den optimalen Risikowert, d. h. Theta *, übersteigen. Es gibt folglich einen optimalen Zins.
Kreditnehmer finanzieren nur Projekte mit Risikoparameter, welche das kritische Theta übersteigen. Steigt der Kreditzins, so steigt dadurch auch der optimale Risikowert (das kritische Theta).
Ertrag
Der erwartete Ertrag der Bank aus dem Kreditgeschäft ist umso geringer, je riskanter die finanzierten Projekte sind. Risikoerhöhung bedeutet für den Kreditgeber einen geringeren erwarteten Rückzahlungsbetrag pro Kreditnehmer.
Ergebnisse
- Für jeden Zinssatz r existiert ein kritischer Wert des Risikoparameters. Von da ab werden nur noch Projekte finanziert, die riskanter sind als der Schwellenwert.
- Mit der schrittweisen Erhöhung des Zinssatzes r:
- steigt die erwartete Rückzahlung für den Kapitalgeber
- steigt aber auch der kritische Schwellenwert des Risikoparameters, was zu Adverser Selektion oder Moral Hazard führen kann.
Ab einem optimalen Zins führt eine weitere Erhöhung zu Ertragsverlusten (Effekt 2 dominiert). Von da an lohnt es sich nicht mehr für die Bank Zinsen zu erhöhen. Sie schränkt das Kreditangebot ein (Kreditrationierung).