Kopierkonstruktor
Ein Kopierkonstruktor, oft Copy-Konstruktor genannt, ist in der Objektorientierten Programmierung ein spezieller Konstruktor, der eine Referenz auf ein Objekt desselben Typs als Parameter entgegennimmt und die Aufgabe hat, eine Kopie des Objektes zu erstellen.
Beispiel
Als Beispiel dient eine Klasse, die eine Zeichenkette oder eine Klasse selben Typs über ihren Konstruktor verarbeitet. Das folgende Beispiel in C++ zeigt zum Vergleich einen gewöhnlichen Konstruktor und einen Kopierkonstruktor:
class MitCopyKonstruktor
{
private:
char *cString;
public:
// gewöhnlicher Konstruktor
MitCopyKonstruktor(const char* value)
{
cString = new char[strlen(value) + 1]; // Speicher der richtigen Länge reservieren
strcpy(cString, value); // Den String aus value in den reservierten Speicher kopieren
}
// Kopierkonstruktor:
// hat in C++ immer die Signatur "Klassenname(const Klassenname&)"
MitCopyKonstruktor(const MitCopyKonstruktor& rhs) // Üblicherweise rhs: "Right Hand Side"
{
cString = new char[strlen(rhs.cString) + 1];
strcpy(cString, rhs.cString);
}
};
Aufruf
Der Kopierkonstruktor wird bei der Initialisierung eines Objektes mittels eines anderen Objekts desselben Typs aufgerufen. In C++ wird dieses andere Objekt als einziger Parameter dem Konstruktor übergeben. Es erfolgt in der Deklaration des Objektes die Zuweisung des anderen Objektes oder das Objekt wird als Wertparameter an eine Funktion oder Methode übergeben.
Beispiel in C++ (Fortsetzung):
int main()
{
MitCopyKonstruktor mitCC("Dulz"); // Erstellt eine Zeichenkette
MitCopyKonstruktor mitCC2 = mitCC; // Kopierkonstruktor, Zuweisungssyntax
MitCopyKonstruktor mitCC3(mitCC); // Kopierkonstruktor, Aufrufsyntax
}
Verwendung
Einige Programmiersprachen, wie beispielsweise C++, stellen einen vordefinierten Kopierkonstruktor zur Verfügung, der einfach die Elementvariablen des zu kopierenden Objektes in die des zu initialisierenden Objektes kopiert. (In anderen Programmiersprachen, z. B. Java, muss der Kopierkonstruktor explizit programmiert werden.) Dies kann allerdings zu Problemen führen. Sind unter den Elementvariablen nämlich Handles auf Ressourcen und gibt das bereits existente Objekt die Ressourcen frei, so ist das Handle in dem per Standard-Kopierkonstruktor erstellten Objekt ungültig und seine Verwendung kann dann zu Programmabstürzen führen. Pointer auf Speicherbereiche werden so ebenfalls kopiert, so dass die Kopie des Ursprungsobjekts nun Pointer auf bereits genutzte Speicherbereiche besitzt. Werden nun diese Speicherbereiche geändert, z. B. durch eine Änderung des Ursprungs oder des kopierten Objekts, so hat das Auswirkungen auf alle Objekte, die Pointer auf den gleichen Speicherbereich verwenden.
Im Beispiel enthält jede Instanz von Zeichenkette ihren eigenen Speicher, der beim Aufruf des Kopierkonstruktors reserviert wird. Wenn jede Kopie eines Objektes exklusiven Zugriff auf ihre Ressourcen hat, d. h., sie nicht mit anderen Objekten teilen muss, spricht man von einer tiefen Kopie (engl. deep copy). Andernfalls spricht man von einer flachen Kopie (engl. shallow copy). Eine flache Kopie produziert der Compiler mit dem vordefinierten Kopierkonstruktor automatisch. Ist in der Klasse Zeichenkette kein Kopierkonstruktor definiert, der eine tiefe Kopie erstellt, würden nach einer Kopie zwei Objekte einen Zeiger auf denselben Speicherblock haben, da die Adresse einfach kopiert werden würde. Ein Objekt weiß dann aber nicht, ob das andere bereits delete auf dem Speicherblock aufgerufen hat. Sowohl ein Zugriff auf den Speicher als auch ein erneutes delete würden dann zu einem Absturz des Programmes führen. Folgendes Beispiel illustriert dies.
Beispiel in C++ (gekürzt):
class ZeichenketteF
{
public:
/*
* Konstruktor mit Parameter.
* In der Initialisierungsliste wird der Zeiger m_memory so
* initialisiert, dass er auf den neu reservierten Speicher auf dem
* Heap zeigt.
*/
explicit ZeichenketteF(const char* value) :
m_memory(new char[strlen(value) + 1])
{
// Kopiert den String aus value in den reservierten Speicher
strcpy(m_memory, value);
}
/*
* Destruktor.
*/
~ZeichenketteF()
{
// Gibt den im Konstruktor reservierten Speicher wieder frei
delete m_memory;
}
/*
* Kopierkonstruktor.
* In der Initialisierungsliste wird der Zeiger z.m_memory kopiert,
* aber nicht der Speicherbereich, auf den er zeigt (!).
* Es gibt anschließend zwei Objekte von ZeichenketteF, deren Zeiger
* m_memory auf denselben Speicherbereich zeigen.
*/
ZeichenketteF(const ZeichenketteF& z) :
m_memory(z.m_memory)
{
}
private:
/*
* Zuweisungsoperator.
*
* Die Deklaration als "private" und die fehlende Definition sorgen
* dafür, dass der Compiler eine Zuweisung mittels "=" nicht
* zulässt und auch keinen Zuweisungsoperator implizit erzeugt.
*/
ZeichenketteF& operator=(const ZeichenketteF& z);
char *m_memory;
};
void scheitere()
{
ZeichenketteF name("Wolfgang");
ZeichenketteF kopie(name);
/* Nun wird eine so genannte flache Kopie erstellt.
* Sowohl name.m_memory als auch kopie.m_memory zeigen nun auf
* denselben Speicher!
*
* Sobald die Funktion scheitere() endet, wird für beide Objekte der
* Destruktor aufgerufen. Der erste gibt den Speicherbereich frei,
* auf den m_memory zeigt; der zweite versucht, denselben Speicher
* nochmals freizugeben, was zu undefiniertem Verhalten führt.
* Das kann z. B. ein Programmabsturz sein.
*/
}
Kosten tiefer Kopien
Wie am Beispiel unter Aufruf sichtbar, finden tiefe Kopien statt, daraus folgt eine gewisse Last. Zur Vermeidung unnötiger Last empfehlen sich zwei Varianten der oben dargestellten Kopier-Strategie.
- Ressourcen mittels Referenzzählung in verschiedenen Instanzen gemeinsam zu nutzen; viele Implementierungen der Klasse String machen hiervon Gebrauch.
- konstante Referenzen als Parameter in Funktionen und Methoden zu übernehmen, in all den Fällen, in denen auf Parameter nur lesend zugegriffen wird.
Der Kopierkonstruktor selbst zeigt in seinem Prototyp wie man unnötige tiefe Kopien von Objekten vermeidet, auf die man nur lesend zugreifen muss: Er übernimmt eine konstante Referenz, denn sonst müsste er ja (implizit) aufgerufen werden, bevor er aufgerufen wird! Die Signatur "Klassenname(const Klassenname&)" ist auch deshalb typisch.