Klageänderung
Eine Klageänderung ist das Austauschen des Klageantrags oder des diesen begründenden Sachverhalts innerhalb desselben Prozesses, folglich eine Änderung des Streitgegenstands. Klageänderungen können im Zivilprozess oder im Verwaltungsprozess vorkommen. Im Strafprozess gibt es keine Klageänderung im eigentlichen Sinne; allerdings kann die Staatsanwaltschaft unter bestimmten Voraussetzungen eine Nachtragsanklage erheben (§ 266 StPO) oder nach Hinweis auf eine Änderung des rechtlichen Gesichtspunkts eine Verurteilung nach einem anderen Straftatbestand erfolgen (§ 265 StPO).
Zivilprozessrecht
Klageänderung vor Rechtshängigkeit
Vor Rechtshängigkeit ist eine Klageänderung immer zulässig. Die neue Klage muss den Anforderungen des § 253 ZPO entsprechen, nur sie wird dann anstelle der alten Klage zugestellt.
Klageänderung nach Rechtshängigkeit
Nach Rechtshängigkeit ist eine Klageänderung nicht mehr stets zulässig. Sie setzt vielmehr regelmäßig voraus, dass der Prozessgegner der Klageänderung zustimmt, sich rügelos einlässt oder das Gericht sie – meist aus Gründen der Prozessökonomie – für sachdienlich hält, § 263 ZPO. Sachdienlichkeit liegt vor, wenn ein neuer Prozess vermieden wird, eine Beilegung des Rechtsstreits gefördert wird, der bisherige Prozessstoff weiter verwertet werden kann und die Verteidigung des Beklagten nicht unzumutbar erschwert.[1] Für bestimmte Fälle der Klageänderung, insbesondere die Klageerweiterung oder Klagebeschränkung, sieht das Gesetz vor, dass diese nicht als Klageänderung anzusehen seien (vgl. § 264 ZPO). Diese Fiktion führt folgerichtig dazu, dass diese Klageänderungen auch stets zulässig sind.[2]
Folgen der Unzulässigkeit
Die Zulässigkeit der Klageänderung ist im Hinblick auf die geänderte Klage eine Prozessvoraussetzung, sodass das Verfahren, wenn die Klageänderung unzulässig ist, durch Prozessurteil zu beenden ist. Hat der Kläger den ursprünglichen Klageantrag hilfsweise aufrechterhalten, so ist über diesen nach den allgemeinen Regeln zu entscheiden. Andernfalls ist über die ursprüngliche Klage zu entscheiden, sofern der Kläger dies begehrt. Andernfalls muss der Kläger die Klagerücknahme (§ 269 ZPO), den Verzicht (§ 306 ZPO) oder die Erledigung (§ 91a ZPO) erklären.
Folgen der Zulässigkeit
Ist eine Klageänderung zulässig, ist umstritten, ob über den ursprünglichen Klageantrag zu entscheiden ist. Nach ganz herrschender Meinung ist über diesen grundsätzlich nicht mehr zu entscheiden. Die neue Klage trete anstelle der ursprünglichen Klage, ersetzt diese und beseitigt die ursprüngliche Rechtshängigkeit.[3] Ausnahmsweise ist nach herrschender Meinung über die ursprüngliche Klage zu entscheiden, wenn eine Differenz zwischen den Anträgen besteht und dieser nicht zurückgenommen, ein Verzicht oder eine Erledigung erklärt wird.[4] Nach der Gegenansicht sei nie über den ursprünglichen, sondern nur über den neuen Antrag zu entscheiden.[5]
Eine Zulassung der Klageänderung kann vom Beklagten nicht angefochten werden (§ 268 ZPO), die Nichtzulassung der Klageänderung durch den Kläger hingegen schon (mit dem Endurteil, § 512 ZPO).
Verwaltungsprozessrecht
Die Zulässigkeit der Klageänderung im Verwaltungsprozess bemisst sich nach § 91 VwGO, der ebenfalls auf die Zustimmung des Gegners oder die Feststellung der Sachdienlichkeit durch das Gericht abstellt.
Einzelnachweise
- BGH WM 2020, 841; BGH Urt. v. 24.01.2014 - V ZR 36/13, BeckRS 2014, 5442.
- Vgl. BAG NJW 2019, 3101.
- BGH NJW 1990, 2682; BGH NJW 1992, 2235.
- BGH NJW 1990, 2682.
- Kurt Schellhammer: Zivilprozess. 15. Auflage. C. F. Müller, Heidelberg 2016, ISBN 978-3-8114-4505-5, Rn. 1667.