Julius Stettenheim

Julius Stettenheim (* 2. November 1831 i​n Hamburg; † 30. Oktober 1916 i​n Lichterfelde) w​ar ein deutscher Schriftsteller.

Julius Stettenheim

Leben

Sein Vater w​ar Kunsthändler. Stettenheim machte e​ine kaufmännische Lehre u​nd studierte n​ach dem Tod d​es Vaters 1857–60 a​n der Friedrich-Wilhelms-Universität z​u Berlin Literatur, Philosophie u​nd Geschichte. Schon a​ls Student schrieb e​r Humoresken, Possen u​nd Singspiele. Er kehrte 1860 n​ach Hamburg zurück u​nd gründete 1862 d​as humoristisch-satirische Blatt Hamburger Wespen. Es hieß a​b 1868 Berliner Wespen u​nd ab 1891 Deutsche Wespen.

1867 z​og er n​ach Berlin. Er w​ar Mitarbeiter b​eim Kladderadatsch u​nd bei anderen Zeitungen u​nd Zeitschriften, s​eit 1893 Redakteur d​es „Wippchen“, e​iner Beilage z​um „Kleinen Journal“. Er w​ar Mitbegründer d​er Freien Bühne, w​as ihn n​icht hinderte, d​en Naturalismus i​n Satiren u​nd Parodien (Fuhrmann Henschel) z​u verspotten. Mit seinem Wortwitz verfasste e​r auch Aphorismen (Nase- u​nd andere Weisheiten, 1904). Berühmt i​st sein Redakteur Wippchen, d​er aus d​em idyllischen Bernau b​ei Berlin fiktive Kriegsberichte v​on den realen Kriegsereignissen d​er Zeit liefert – d​aher rührt d​ie noch h​eute gängige Berliner Redensart Mach k​eine Wippchen!, w​enn jemand g​ar zu offensichtlich aufschneidet. Stettenheim entdeckte d​ie dichterischen Qualitäten d​es Zollbeamten Karl Anton Theodor Rethwisch. Er veröffentlichte dessen „deutsch-dänische“ Gedichte i​n den Hamburger Wespen. Seine 1865 zusammengestellte Sammelausgabe erschien 1914 a​ls Neudruck.[1]

Ein Enkel Stettenheims w​ar Curt Valentin, d​er ab 1937 i​n New York e​ine Kunstgalerie führte.[2]

Werke (in Auswahl)

Porträt Julius Stettenheims, zeitgenössisches Zeitschriftenbild
  • Der Untergang der Welt oder: Berliner am dreizehnten Juni 1857. Posse mit Gesang in einem Akt. Kolbe, Berlin 1857. (Digitalisat)
  • Die letzte Fahrt. Liederspiel in 1 Akt. Heinrich, Berlin 1859. (Digitalisat)
  • Ein gefälliger Mensch. Posse mit Gesang in einem Akt. Heinrich, Berlin 1859. (Digitalisat)
  • Ungebetene Gäste. Posse mit Gesang in 1 Akt. Guthschmidt, Berlin 1860 (Digitalisat)
  • Der Judenfresser. Ein „Wohl bekomm’s“. Hamburg 1862. (Digitalisat)
  • Das große Loos, oder: Was man sich von Seeger erzählt. Posse mit Gesang in zwei Abtheilungen.Kolbe, Berlin 1862. (Digitalisat)
  • Der schöne Don Carlos. Opera buffa, mit theilweiser Benutzung eines vorhandenen Stoffes und vorhandener Melodien, in zwei Abtheilungen. Hoffmann, Berlin 1868.
  • Die Berliner Wespen im Aquarium. Berlin 1869.
  • Lohengrin. Humoreske in 3 Gesängen (nach Richard Wagner's Oper). Hofmann, Berlin 1859.
  • Wippchens sämmtliche Berichte, 16 Bände. 1878–1903.
  • Schultze und Müller auf der Weltausstellung in Paris 1878. Humoristische Reisebilder. Hofmann, Berlin 1878.
  • Schultze und Müller auf der Berliner Gewerbe-Ausstellung. Humoristische Skizzen. Hofmann, Berlin 1879.
  • Muckenich's Reden und Thaten. Berlin, Leipzig 1885. Digitalisat im Projekt Gutenberg
  • Unter vier Augen. Besuche des eigenen Interviewers. Friedrich, Berlin 1885. Kommentierte Neuausgabe 2016, ISBN 978-3-7411-1000-9
  • Bulgarische Krone gefällig? Allen denen, welche Ja sagen wollen, als Warnung gewidmet von Julius Stettenheim. Inhalt: Der Trompeter von Säkkingen oder Die Lösung der bulgarischen Frage. - Muckenich und Bulgarien. – Zur Lösung der brennenden Frage. Bulgarisches Allerlei. Freund, Leipzig 1888.
  • Ein Kistchen Monopol-Cigarren. S. Fischer, Berlin 1889.
  • Wippchens charmante Scharmützel. In Erinnerung gebracht von Siegfried Lenz u. Egon Schramm. Hoffmann und Campe, Hamburg 1983.
  • Brodlose Künste. Fischer, Berlin 1890.
  • Welche Frau ist die Beste? Conitzer, Berlin 1890.
  • Humor und Komik. Steinitz, Berlin 1891.
  • Wippchen in Chicago. Fischer, Berlin 1893.
  • Sauer macht lustig! Ein Körbchen aus der Weinfabrik. Fischer, Berlin 1894.
  • Ein lustig Buch. Steinitz, Berlin 1894.
  • Humoresken und Satiren. Freund & Jeckel, Berlin 1896.
  • Heitere Erinnerungen. S. Fischer, Berlin 1896. Neuausgabe 2012, ISBN 978-3-8472-6743-0
  • Heiteres Allerlei. Humoristisch-satirische Feuilletons. Freund & Jeckel, Berlin 1898. Kommentierte Neuausgabe 2016, ISBN 978-1-5334-7619-7
  • Das Lied von der versunkenen Glocke und andere Parodien. Simson, Charlottenburg 1898.
  • Der moderne Knigge. Leitfaden durch das Jahr und durch die Gesellschaft. Hofmann, Berlin 1899 Digitale Version bei Zeno.org
  • Lustige Gesellschaft. Komische Vorträge und humoristische Vorlesungen. Paetel, Berlin 1900.
  • ‘s Unterbrettl. Buntes Parodie- und Travestie-Theater 1 : Fuhrmann Henschel.Hofmann, Berlin 1901.
  • Nase- und andere Weisheiten. Fontane, Berlin 1904.
  • Die Ballmutter und andere Typen der Gesellschaft. Amateur-Photographien. Fontane, Berlin 1904.
  • Tierisches – Allzumenschliches. Fabeln. Fontane, Berlin 1905.
  • Der Hausierer. Seemann, Berlin/Leipzig 1908.
  • Humoristische Vorträge für gesellige Kreise. Neufeld & Henius, Berlin 1908.
  • Wippchens Tage- und Nachtbuch mit etwas Autobiographischen des Verfassers: Allerlei Erlebtes. Pan-Verlag, Berlin 1911.
  • Die Kanonen machten: Bum! Bum! Nur lauter. Stephenson, Leipzig/Wien 1924.

Literatur

  • Stettenheim, Julius. In: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 19: Sand–Stri. Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica. De Gruyter, Berlin u. a. 2012, ISBN 978-3-598-22699-1, S. 553–565.
  • Adolph Kohut: Julius Stettenheim gegen den Antisemitismus. Im deutschen Reich. Zeitschrift des Centralvereins Deutscher Staatsbürger Jüdischen Glaubens. Berlin 1. November 1916. Digitalisat
  • Curt Joel: Julius Stettenheim. Berliner Leben, Heft 11 (1901), S. 205.
  • Werner Bergmann: „Der Judenfresser“. Eine Antwort auf Wilhelm Marr. In: Hamburger Schlüsseldokumente zur deutsch-jüdischen Geschichte, 22. September 2016. doi:10.23691/jgo:article-126.de.v1

Einzelnachweise

  1. Karl Brügge (Hrsg.): Gammel Sören Sörensen. Gedichte von Theodor Rethwisch. Huwald'sche Buchhandlung, O. Hollesen. Flensburg 1914.
  2. Christine Fischer-Defoy:Gute Geschäfte – Kunsthandel in Berlin 1933–1945, zitiert nach Marianne Breslauers 2009 erschienener Autobiografie, gedenkstaettenforum.de, abgerufen am 18. Februar 2013
Wikisource: Julius Stettenheim – Quellen und Volltexte
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