Inverkehrbringen von Produkten (EU-Wirtschaftsrecht)
Als Inverkehrbringen von Produkten bezeichnet man im Wirtschaftsrecht der Europäischen Union, insbesondere im Produktsicherheitsrecht, Produkte erstmals im Hoheitsgebiet der EU für die Verwendung oder den Vertrieb verfügbar zu machen.
Ebenen
Das Europäische Wirtschaftsrecht unterscheidet im Bereich der technischen Sicherheitsvorschriften und Normen drei verschiedene Regulierungsebenen:[1]
- die allgemeine Produktsicherheit (sog. b2c-Produkte),
- spezifische europarechtliche Produktsicherheit für Konsum- und Industriegüter, die oftmals an der CE-Kennzeichnung erkennbar sind,
- den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung nationaler Vorschriften.
Allgemeine Produktsicherheit
Die allgemeine Produktsicherheit für das Inverkehrbringen von Produkten unterliegt der Richtlinie 92/59/EWG vom 29. Juni 1992 (ABl. 1992, L 228/24), geändert durch die Richtlinie 2001/95/EG vom 3. Dezember 2001 (ABl. 2002, L 11/17). Sie gilt ausschließlich für sog. b2c-Produkte (business to customer), also nicht für b2b-Produkte (business to business). Demnach müssen in den Verkehr gebrachte Produkte sicher sein. Sicher sind Produkte, wenn sie die europarechtlichen Bestimmungen oder in deren Ermangelung die nationalen Rechtsvorschriften erfüllen.[1]
Spezifische Produktanforderungen
Neben dieser allgemeinen Produktsicherheit existieren zahlreiche Richtlinien mit spezifischen Anforderungen für Konsum- und Industriegüter insbesondere in den Sparten Elektrogeräte, Kommunikationstechnologie, Maschinen, Bauprodukte, Druckgeräte, Messwesen, Medizinprodukte, Energieeffizienz, Spielzeuge, Sprengstoffe oder pyrotechnische Erzeugnisse, Sportboote sowie Lebensmittel- und Arzneimittelrecht. Produkte, die die jeweiligen Anforderungen erfüllen, erhalten die CE-Kennzeichnung; dies betrifft jedoch nicht alle Produktgattungen.[1] Im Einzelnen:
- Elektrogeräte, Elektronik, Kommunikationstechnologie: Richtlinie 2014/35/EU, sogenannte „Niederspannungsrichtlinie“
- Maschinen: Richtlinie 2006/42/EG, sogenannte „Maschinenrichtlinie“
- Bauprodukte: Verordnung 305/2011, sogenannte „Bauprodukteverordnung“
- Druckgeräte: Richtlinie 2014/68/EU, sogenannte „Druckgeräterichtlinie“ und Richtlinie 2014/29/EU über einfache Druckbehälter, sogenannte „Druckbehälterrichtlinie“
- Messwesen: Richtlinie 2004/22/EG
- Medizinprodukte: Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte, auch: „MDR“ (Medical Device Regulation)
- Energieeffizienz: Richtlinie 2005/32/EG, Richtlinie 92/42/EWG, Richtlinie 96/57/EG und Richtlinie 2000/55/EG
- Spielzeug: Richtlinie 88/378/EWG, Richtlinie 2009/48/EG und Richtlinie 2005/84/EG
- Sprengstoffe und pyrotechnische Erzeugnisse: Richtlinie 93/15/EWG, Richtlinie 2004/57/EG und Richtlinie 2007/23/EG
- Sportboote:
- Lebensmittel:
- Arzneimittel:
Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung
In Ermangelung europäischer Richtlinien gelten die jeweiligen nationalen Vorschriften (dies betrifft besonders den Gebrauchtwarenhandel). Die gegenseitige Anerkennung gewährleistet die Warenverkehrsfreiheit nach Art. 36. Will ein Staat ausnahmsweise von der gegenseitigen Anerkennung abweichen schreibt die Verordnung (EG) Nr. 764/2008 das Verfahren vor.[1]
Literatur
- Manfred A. Dauses (Hrsg.): Handbuch des EU-Wirtschaftsrecht. 36. Auflage. Band 1. C. H. Beck, München Oktober 2014.
Einzelnachweise
- Manfred A. Dauses (Hrsg.): Handbuch des EU-Wirtschaftsrecht. 36. Auflage. Band 1. C. H. Beck, München Oktober 2014, C. VI. 1. Rn. 1.