Institut d’Estudis Occitans
Das Institut d’Estudis Occitans ([instiˈtyt dɛˌstydizutsiˈtans], kurz IEO; „Institut für okzitanische Studien“) ist eine kulturell orientierte, wissenschaftliche, private, nicht-öffentliche Gesellschaft, die sich der Förderung der okzitanischen Sprache und Kultur verschrieben hat. Der Sitz des IEO ist Toulouse (okzitanisch: Tolosa).
Aufgabe und Geschichte
Das Institut d’Estudis Occitans steht in einer langen Tradition von sprachlich-kulturellen Renaissancebewegungen des Okzitanischen. Die erste bedeutende Renaissancebewegung des Okzitanischen etablierte sich bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in der Provence und in der Gaskogne (dort auch mit der Forderung nach politischer Autonomie). Für die jüngere Geschichte der okzitanischen Kultur sind die Félibrige und diejenige Bewegung, aus der nach dem Zweiten Weltkrieg das Institut d’Estudis Occitans selbst hervorgegangen ist, bestimmend. Die Félibrige, 1864 von den provenzalischen Dichtern und Literaten Frédéric Mistral (Literatur-Nobelpreis 1904), Théodore Aubanel und Joseph Roumanille gegründet, gehörte zu den bedeutendsten sprachorientierten Renaissancebewegungen des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts. Die geografische Beschränkung auf die Provence, eine umstrittene Graphie der okzitanischen Sprache wie auch das Ausblenden politischer Aspekte der Minderheitenfrage generieren Kritik an dieser Bewegung. Viele Autoren im Umkreis der 1923 gegründeten Zeitschrift „Oc“ äußern diese Kritik und vertreten dagegen einen entschlossenen Panokzitanismus mit dem Ziel der Etablierung einer gemeinsamen panokzitanischen Hochsprache. Orientiert an katalanischen Vorbildern (siehe: Institut d’Estudis Catalans) gründen sie[1] im Jahr 1930 die „Societat d’Estudis Occitans“ (SEO, Gesellschaft für okzitanische Studien), die direkte Vorgängerinstitution des „Institut d’Estudis Occitans“.[2]
Das Institut wurde 1945 in Toulouse von Robert Lafont, Juli Cubainas, Pèire Lagarda, Leon Còrdas, Max Roqueta, Fèlix Castanh, Renat Nelli und anderen wissenschaftlichen Vertretern der okzitanischen Sprache gegründet. Im Jahr 1986 wurde die Institution durch das französische Ministerium für Jugend und Erziehung offiziell anerkannt. Das Institut arbeitete in seiner Zielverfolgung wesentlich direkter und dynamischer als seine Vorgängerorganisation. Das Institut hat seinen Hauptsitz in Toulouse. Es ist in zahlreichen regionalen und Département-basierten Sektionen in ganz Okzitanien und den okzitanischsprachigen piemontesischen Alpentälern Italiens organisiert. Diese Sektionen unterstützen zahlreiche lokale Arbeitskreise.
Am Anfang stand die wissenschaftliche, vor allem die linguistisch orientierte Arbeit an der okzitanischen Sprache im Vordergrund. Im Zuge der in Frankreich anhebenden Diskussion um die zentralistische Kulturpolitik engagierte sich das Institut d’Estudis Occitans zunehmend für die Wiederverbreitung der okzitanischen Sprache (u. a. über fakultativen Okzitanisch-Unterricht an französischen Schulen) und für die Veröffentlichung zeitgenössischer okzitanischer Schriftsteller. Das Institut arbeitet auch (besonders unter Louis Alibert) für die Herstellung einer linguistischen Einheit aller okzitanischen Sprecher und Dialekte.
Literatur
- Institut d’Estudis Occitans. In: Gran Enciclopèdia Catalana. Bd. 13, Barcelona 1992, ISBN 84-7739-008-8, S. 114.
Anmerkungen
- Unter den Gründungsmitgliedern sind der Philologe Josep Anglada und der provencalische Dichter Valèri Bernard.
- Absatz nach: Peter Cichon: Einführung in die okzitanische Sprache, Absatz „Sprachgeschichte“, p. p. 14 f., Bonn 2002, 2. korrigierte Auflage, ISBN 3-86143-132-7