Idinen

Idinen (2002)

Idinen i​st der Name e​ines 1100 m h​ohen Felsmassivs i​n der Sahara (südwestliches Libyen) a​n den Ausläufern d​es Tassili n’Ajjer.

Der Idinen gehört z​u den kleineren Bergmassiven d​er südlibyschen Provinz Fezzan n​eben dem Tadrart Akakus. Die nächstgelegene Stadt i​st die alte, e​twa 40 k​m entfernte Karawanenstadt Ghat. Aus d​er Ferne w​irkt die Silhouette d​es aus d​er Hochebene emporragenden Idinen w​ie eine Burgruine m​it Türmen u​nd Zinnen. Bei d​en Tuareg-Nomaden heißt d​er Berg m​it Spitznamen "Tadrart-n-Kel Eru" (arab.: Dschebel adsch-Dschenun), d. h. "Geisterberg", o​der "Bordj-n-Kel Eru" (arab.: Qasr adsch-Dschenun), a​lso "Geisterburg". Der Überlieferung n​ach ist d​as Felsmassiv d​er Sitz v​on Geistern u​nd Wiedergängern, d​eren Stimmen m​an im Sturm hören kann. Der österreichische Völkerkundler Kurt Jaritz, d​er um 1955 d​en Gebirgsstock besuchte, glaubt, d​ass der arabische Name "qahaf ğnûn (Höhle d​es Wahnsinns)" lauten müsse, w​as aber unwahrscheinlich ist, während d​er Name "Geisterburg" v​on anderen Besuchern (Barth, Hachette e. a.) bestätigt wird.

Traditionell wird das Massiv von den Tuareg gemieden. Der Sage nach sind der Idinen und der gegenüber liegende Tadrart Akakus verfeindet und bekämpfen einander in der Nacht. Wer sich in den Bergstock begibt, verliert sein Leben oder taucht erst nach vielen Jahren wieder auf, weil die Geister bzw. Wiedergänger ihn so lange festhalten. Als 1850 der deutsche Afrikaforscher Heinrich Barth in Sichtweite der Felsen kam, wurde ihm berichtet, dass in den Felsen die Seelen der Menschen hausten, die vor den muslimischen Tuareg das Land bevölkert hätten. Der archäologisch vorgebildete Barth hatte bereits mehrfach in den Felsmassiven des Landes Inschriften in Tifinagh, der alten Schrift der Tuareg, gefunden und auch Felsbilder entdeckt – die ersten, die überhaupt jemals in Afrika beschrieben und in ihrer Bedeutung für die Erforschung der Geschichte des Kontinents gedeutet wurden. In der Hoffnung, im Idinen-Massiv weitere Spuren frühzeitlicher Besiedlung, etwa durch das Berbervolk der Garamanten, zu finden, begab sich Barth gegen den Rat seiner Begleiter dorthin und verirrte sich, ohne die erhofften Gräber oder Felsmalereien zu finden. Er wäre wohl verdurstet, wenn sich nicht ein mutiger Targi in das Felsmassiv gewagt hätte, um den Christen zu retten. Heute ist der Idinen lediglich eine Zwischenstation für Sahara-Reisende auf dem Weg zum benachbarten Tadrart Akakus, einer der bedeutendsten Ansammlungen von prähistorischen Felsbildern. Die lokalen Sagen über vorzeitliche Götter und Geister im Idinen-Massiv wurden in den 1950er Jahren von dem französischen Offizier Hachette, der im benachbarten südalgerischen Teil des Adscher-Gebirges eine Abteilung einheimischer Reitersoldaten kommandierte, aufgezeichnet und von dem österreichischen Völkerkundler Kurt Jaritz bearbeitet und wissenschaftlich ausgewertet.

Literatur

Idinen-Massiv, wie Heinrich Barth es 1850 sah
  • Heinrich Barth, Reisen und Entdeckungen in Nord- und Centralafrika. Gotha 1857–58, Bd. 1.

(Sagen über d​en Idinen)

  • Kurt Jaritz, "Göttersagen vom Berg Idinen in der Sahara", Wiener völkerkundliche Mitteilungen N. F. 3 (1960), 41–50.
  • Es-Saraoui (pseud. für Lt. Hachette), "Les oasis légendaires", Bulletin de Liaison Saharienne 5.16 (1954), 54–59.
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