Horaz Krasnopolski
Horaz Krasnopolski (* 5. November 1842 in Pištín, Böhmen; † 29. August 1908 in Gmunden, Oberösterreich) war ein jüdischer Rechtswissenschaftler in Prag.
Leben
Krasnopolski wurde als Sohn armer jüdischer Eltern im böhmischen Pištín (Pístino) geboren.[1] Er besuchte das k.k. I. Staatsgymnasium Czernowitz und studierte ab 1861 an der Karls-Universität Prag Rechtswissenschaft. In Prag wurde er 1862 Mitglied des Corps Austria (1862) und des Corps Rugia.[2][3] 1868 wurde er in Prag promoviert. Nach weiteren Studienaufenthalten an der Georg-August-Universität Göttingen und der Universität Leipzig wurde er 1872 Anwalt in Prag. Er habilitierte sich 1872 für Handelsrecht (Österreich) und österreichisches Zivilrecht. 1876 wurde er als Nachfolger des verstorbenen Josef Krainz a.o. Professor und 1881 o. Professor des österreichischen Zivilrechts. An der Karl-Ferdinands-Universität wirkte er bis zu seinem Lebensende als Hochschullehrer.
Seine zahlreichen Schriften erstrecken sich auf alle Gebiete des bürgerlichen Rechts. Die meisten sind in Fachzeitschriften zerstreut, einige geben Vorträge wieder, die in verschiedenen juristischen Gesellschaften gehalten wurden. Sein Lebenswerk, eine systematische Gesamtdarstellung des österreichischen Privatrechts, das er nahezu vollendet hinterließ, wurde von seinem Schüler Bruno Alexander Kafka nach 1910 herausgegeben. Aus der historischen Schule hervorgegangen, suchte Krasnopolski, ein Meister der grammatikalischen Interpretation, als hervorragender Kenner des römischen und des deutschen Rechts sowie des heimischen Partikularrechts, die Institutionen des österreichischen Privatrechts in ihrer geschichtlichen Entwicklung zu betrachten. Er war akademischer Lehrer von Franz Kafka und Vorsitzender der Prüfungskommission, als Kafka sein juristisches Staatsexamen ablegte.[4]
Schriften
- Die Haftung außergenossenschaftlicher Verbindlichkeiten, Wien 1878
- Der Legalisierungszwang, Wien 1880
- Das Anfechtungsrecht der Gläubiger nach österreichischen Recht, 1889
- Der Schutz des redlichen Verkehrs im österreichischen Zivilrecht, 1892
- Das Ehehindernis der höheren Weihen nach österreichischen Recht, 1896
- Der Verlöbnisbruch nach österreichischen Recht, 1904
- Die Änderungen und Ergänzungen einiger Bestimmungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, 1908
- Lehrbuch des österreichischen Privatrechts, 5 Bände, Duncker & Humblot, München und Leipzig 1910ff
Ehrungen
- Hofrat (1897)
- Ehrenmitglied des Corps Austria[2]
- Komtur des Franz-Joseph-Ordens[3]
Literatur
- Bruno A. Kafka: Horaz Krasnopolski – ein Nachruf. Prag 1909.
- Jürgen Herrlein: Prager jüdische Akademiker als Mitglieder der Studentenverbindungen „Corps Austria“ und der „Rede- und Lesehalle deutscher Studenten in Prag“. Deren Exlibris- und Vereinsgraphik von Omil Orlik (1870-1932) und Georg Jilovsky (1884-1958); in: Österreichisches Jahrbuch für Exlibris und Gebrauchsgraphik, Bd. 66, 2009–2010, S. 27–35 ISBN 978-3-9500800-5-6
- † Hofrat Dr. Horaz Krasnopolski (Nachruf), in: Neue Freie Presse (Wien), Abendblatt vom 29. August 1908, S. 4
- Nachruf, in: Juristische Blätter, Jahrg. 37 (1908), S. 427
- Nachruf, in: Allgemeine österreichische Gerichtszeitung, 1908, S. 339
- Mayrhofer: Krasnopolski Horaz. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 4, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1969, S. 212. (allerdings mit falschem Geburtsort Pistin/Böhmen statt korrekt Pistin/Galizien)
- Klaus Wagenbach: Franz Kafka. Eine Biographie seiner Jugend 1883–1912. Francke, Bern 1958, S. 127f.
- Salomon Wininger: Große jüdische National-Biographie, Bd. 3, 1925, S. 524 f.
Weblinks
Einzelnachweise
- Biografie Horaz Krasnopolski im Österreichischen Biographischen Lexikon; abgerufen am 19. März 2019
- Kösener Corpslisten 1960, 25/13
- Adolf Siegl: Die suspendierten Corps des Prager SC – Rugia. Einst und Jetzt, Jahrbuch des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung, Bd. 19 (1974), S. 222–223.
- Hartmut Binder: Kafkas Welt, 2008, S. 99 (dort Erläuterung zu Bild 149)