Herr Mannelig
Herr Mannelig ist eine schwedische Ballade im mittelalterlichen Stil. Sie handelt von einer Trollin, die Herrn Mannelig überreden möchte, sie zu heiraten. Sie würde ihn dafür mit Geschenken überschütten, doch er lehnt ab, weil sie keine Christin ist. Darauf bemerkt sie, bei einer Heirat „wäre sie von ihrer Qual befreit gewesen“, was z. B. heißen könnte, dass sie bei einer Heirat mit einem christlichen Mann eine unsterbliche Seele bekommen hätte.
Das Lied wurde, soweit bekannt, 1877 erstmals gedruckt, und zwar in einer Volksliedersammlung aus der schwedischen Region Södermanland.[1] Der Titel lautet dort „Bergatrollets frieri“ („Der Heiratsantrag des Bergtrolls“). Das Lied trägt dort die Herkunftsangabe „aus der Kirchspielsgemeinde Lunda“ (gemeint: Lunda in Södermanlands län, Gemeinde Nyköping).[2] Die beiden in der vierten Strophe des Liedes erwähnten Orte Tillö und Ternö liegen im südlichen Södermanland.[3]
Band 3 der genannten Volksliedersammlung enthält eine Variante dieses Liedes mit dem Titel „Skogjungfruns frieri“ („Der Heiratsantrag der Waldjungfrau“); auch hier lehnt Herr Mannelig ab, weil die Waldjungfrau eine Heidin ist. Diese Lied-Variante stammt aus der Kirchspielsgemeinde Näshulta, Södermanlands län.[4] Weitere Varianten dieses Liedes heißen „Herr Magnus och Hafstrollet“ („Herr Magnus und der Meertroll“) sowie „Hertig Magnus och Hafsfrun“ („Herzog Magnus und die Meerjungfrau“).[5] Hans Christian Andersens Kunstmärchen „Die kleine Meerjungfrau“ weist zur Ballade von Herrn Mannelig insofern Motiv-Parallelen auf, als die kleine Meerjungfrau erst durch die Heirat mit dem Prinzen eine unsterbliche Seele bekommen hätte, doch ist auch ihr Versuch, das Herz des Prinzen zu gewinnen, zum Scheitern verurteilt.
Die in der ersten Strophe des Liedes getroffene Aussage „Hon hade en falskeliger tunga“ (d. h., „Sie hatte eine falsche / gespaltene Zunge“) scheint anzudeuten, dass die Trollin leere oder falsche Versprechungen abgibt. Doch ist dieses Detail nicht überzubewerten, denn in der Liedvariante aus Näshulta heißt es stattdessen „Hon sjong med så rörande tunga“ (d. h., „Sie sang mit so rührender Zunge“),[6] so dass in dieser Version also keine Unehrlichkeit der Trollin unterstellt wird.
Die Sprache des Liedes „Herr Mannelig“ ist nicht „Fornsvenska“ (Altnordisch/-schwedisch), sondern vielmehr eine Form des späteren „Nysvenska“ (Neuschwedisch), das ungefähr zur Zeit von Gustav Vasa seinen Anfang nahm und sich dann zum „Nusvenska“ (Gegenwartsschwedisch) weiterentwickelte. Einige Inkonsequenzen in der Sprachstruktur deuten zudem darauf hin, dass hier ein mit Elementen des Neuschwedischen und Gegenwartsschwedischen gemischter Text vorliegt. Somit dürfte das Lied in seiner überlieferten Sprache ungefähr dem entsprechen, was in Schweden (insbesondere in Mittelschweden) im späten 18. Jahrhundert gesprochen wurde, allerdings mit gelegentlichen archaischen Einfärbungen. Bisher gibt es noch keinen Beleg dafür, dass die Ballade bereits im schwedischen Mittelalter (d. h. vor 1521) existiert hat.
Gleichwohl haben seit Ende des 20. Jahrhunderts mehrere Mittelalter-Bands das Lied in ihr Repertoire aufgenommen und auch in andere Sprachen übersetzt (siehe unten unter Rezeption). In der Interpretation der tschechischen Band Psalteria wurde der Titel der Ballade zu „Herr Mannerlig“ abgeändert.
Text
Bittida en morgon, innan solen upprann, |
Eines frühen Morgens, bevor die Sonne aufging, |
Rezeption
Unter den zahlreichen Künstlern, die dieses Lied in verschiedenen Sprachen spielen, finden sich bekannte Namen wie
- In Extremo, auf Schwedisch (auch bei einem Auftritt im Computerspiel Gothic)
- Garmarna, auf Schwedisch
- Haggard, auf Italienisch
- Psalteria, auf Tschechisch
- Wolfenmond, auf Schwedisch
- Schelmish, instrumental
- Dunkelschön, auf Schwedisch
- Rayneke, instrumental
- Heimatærde, auf Deutsch
- Tibetréa, auf Schwedisch
- Chur, auf Ukrainisch
- Des Koenigs Halunken, auf Schweizerdeutsch
Eine Chorversion setzte Denise Weltken aus Köln für den schwedischsprachigen Chor „De tokiga trollen“.[8]
Belege
- H. Aminson (Hg.): Bidrag till Södermanlands äldre Kulturhistoria, på uppdrag af Södermanlands Fornminnesförening. Bd. 1: Folkvisor. Stockholm 1877, S. 21–23. Online hier (PDF; 1,9 MB).
- H. Aminson (wie Anm. 1), S. 21: „Från Lunda socken“
- H. Aminson (wie Anm. 1), S. 22.
- H. Aminson (Hg.): Bidrag till Södermanlands äldre Kulturhistoria, på uppdrag af Södermanlands Fornminnesförening. Bd. 3: Folkvisor. Stockholm 1882, S. 34–36. Online hier (PDF; 2,1 MB)
- H. Aminson (wie Anm. 4), S. 36 unten.
- H. Aminson (wie Anm. 4), S. 34.
- Der Text folgt H. Aminson (wie Anm. 1), S. 21–23.
- Repertoire des Chores „De tokiga trollen“., abgerufen am 12. August 2014.