Heinrich von Mondeville

Heinrich v​on Mondeville, französisch Henri d​e Mondeville (auch Henry d​e Mondeville u​nd Hermondaville), latinisiert Henricus d​e Mondavilla (* u​m 1260 wahrscheinlich i​n Émondeville/heute i​m Département Manche; † n​ach 1325 i​n Paris), w​ar ein normannischer Wundarzt, Lehrer d​er Anatomie i​n Montpellier u​nd Leibarzt Philipps d​es Schönen.

Leben

Seine Kindheit verbrachte Heinrich (Henri) vermutlich i​n der Normandie. Sein Studium d​er Medizin begann e​r in Montpellier o​der Paris. An d​er Universität Bologna studierte e​r Chirurgie u​nd Anatomie, ebenso w​ie sein späterer Schüler Guy d​e Chauliac, d​er eine „Große Chirurgie“ veröffentlichte. Er studierte i​n Paris b​ei den Chirurgen Lanfrank v​on Mailand u​nd Jean Pitard u​nd in Bologna b​ei Teodorico Borgognoni. Anschließend lehrte a​n der Universität Montpellier.

Zu Heinrichs Schülern gehörten u​nter anderem a​uch der westflämische Wundarzt Jan Yperman[1] (1269/65 b​is etwa 1350) u​nd der Handwerkschirurg Thomaes Schelling v​an Thienen, d​ie ebenfalls Chirurgie unterrichteten u​nd in Ypern bzw. Namur a​ls geschworene Wundärzte tätig waren.[2][3]

Heinrich w​urde 1298 z​um Chirurgen (Leibwundarzt) d​es französischen Königs Philipps d​es Schönen berufen, w​ar als Lehrer v​on dessen Kindern s​owie später (1312) a​uch als v​on Arras a​us nach England beorderter Gesandter tätig.

In Montepellier begann er 1304 die 1314 abgeschlossene Arbeit an seinem Werk Cyrurgia,[4] dem ersten französischen Lehrbuch der Chirurgie, mit dem er Neuerungen in die Chirurgie einzubringen versuchte (Vorgängerin von Guy de Chauliacs Chirurgia magna). Von Galen übernahm er die Lehre von den zwei Kammern des menschlichen Uterus. Zur Illustration seiner Vorlesungen verwendete er als Erster Schautafeln und anatomische Modelle. Neben der Chirurgie befasste er sich mit der medizinischen Deontologie. In seine Arbeit floss die Aristotelische Philosophie ein. Er war Vorgänger von Mondino dei Luzzi in Bologna.

Im Jahr 1306 h​atte er d​ie Nachfolge Lanfranks v​on Mailand i​n Paris angetreten.[5]

Literatur

  • Julius Pagel (Hrsg.): Die Anatomie des Heinrich von Mondeville. Nach einer Handschrift der Königlichen Bibliothek zu Berlin vom Jahre 1304. Berlin 1889.
  • Julius Pagel: Leben, Lehre und Leistungen des Heinrich von Mondeville (Hermondaville). Ein Beitrag zur Geschichte der Anatomie und Chirurgie, Theil I: Die Chirurgie des Heinrich von Mondeville (Hermondaville), nach Berliner, Erfurter und Pariser Codices zum ersten Male – nebst einer Abhandlung über Synonyma und einem Glossar von Moritz Steinschneider – hrsg. von Julius Leopold Pagel. Berlin 1892. (Digitalisat)
  • Edouard Nicaise: Chirurgie de maître Henri de Mondeville, chirurgien de Philippe le Bel, roi de France. Composée de 1306 à 1320. Baillière, Paris, 1893 (Digitalisat)
  • Gundolf Keil: Heinrich von Mondeville (Hermondavilla). In: Burghart Wachinger u. a. (Hrsg.): Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. 2., völlig neu bearbeitete Auflage, ISBN 3-11-022248-5, Band 3 Berlin/ New York 1981, Sp. 800–804.
  • Gundolf Keil: Henri de Mondeville (Heinrich von Mondeville). In: Werner E. Gerabek u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 569 f.

Einzelnachweise

  1. Gundolf Keil: Yperman, Jan (Jehan, Johan Y., Ieperman). In: Werner E. Gerabek u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. Berlin / New York 2005, S. 1513 f.
  2. Ernst Kern: Sehen – Denken – Handeln eines Chirurgen im 20. Jahrhundert. ecomed, Landsberg am Lech 2000, ISBN 3-609-20149-5, S. 252.
  3. Gundolf Keil: „Meister der Chirurgie“ aus dem „gesamten deutschen Sprachraum“. Christoph Weißers Chirurgenlexikon mit 2000 Biographien aus der Geschichte der Chirurgie. Ein Essai. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 327–333, hier: S. 330.
  4. Alphonse Bos (Hrsg.): La chirurgie de maître Henri de Mondeville: Traduction contemporaine de l’auteur. 2 Bände, Paris 1897/1898.
  5. Gundolf Keil: „Meister der Chirurgie“ aus dem „gesamten deutschen Sprachraum“. Christoph Weißers Chirurgenlexikon mit 2000 Biographien aus der Geschichte der Chirurgie. Ein Essai. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 327–333, hier: S. 329.
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