Heinrich Koch (Unternehmer, 1829)
Carl Wilhelm Heinrich Koch (* 9. September 1829 in Beseritz, Mecklenburg-Strelitz; † 23. Januar 1866 in Bielefeld) war ein deutscher Mechaniker und zusammen mit Carl Baer Gründer der ersten Bielefelder Nähmaschinenfabrik.
Leben und Wirken
Heinrich Koch wurde in Beseritz als Sohn von Holländer Koch und Sophia Friederica Sabina Kriebel geboren. Nach Abschluss einer Schlosserlehre bei Johann Christoph Ludwig Zander in Friedland wurde Heinrich Koch Mitarbeiter der Maschinenfabrik Borsig in Berlin. Dort entwickelte er großes Interesse an der in Deutschland noch neuen Nähmaschinentechnik. Er wechselte zunächst zur Nähmaschinenfabrik von J. H. Jahrmark, Berlin, danach zu Carl Beermann, wo er sich als Werkmeister intensiv mit der Weiterentwicklung der Nähmaschinentechnik befasste. Dort lernte er den Schlosser Carl Baer kennen. Beide erkannten das Potential der neuen Technologie und beschlossen, typisch für die beginnende Gründerzeit in Deutschland, in die neue Technik zu investieren.[1]
Auf der Suche nach einem geeigneten Standort und Marktumfeld entschieden Koch und Baer sich für Bielefeld, da die dort aufstrebende Leinen- und Wäscheindustrie gute Absatzmöglichkeiten für Industrienähmaschinen bot. Zur Jahreswende 1860/1861 gründeten sie die erste Nähmaschinenmanufaktur in Bielefeld am Gehrenberg, heute Alter Markt, unter dem Namen „C. Baer & Koch“. Die ersten Maschinen wurden hauptsächlich im handwerklichen Verfahren am Schraubstock hergestellt, wobei die maschinelle Ausrüstung aus Drehbank, Bohrmaschine und Schleifmaschine bestand.[2] 1861 beschäftigten sie bereits 14 Mitarbeiter, darunter spätere Unternehmer wie Nicolaus Dürkopp, den Mitbegründer der Bielefelder Dürkoppwerke und Friedrich Gildemeister, der 1870 die „Gildemeister Werkzeugmaschinenfabrik Gildemeister & Comp.“ (heute DMG Mori AG) gründete.
1862 erfolgte der Umzug in ein neu errichtetes Fabrikgebäude an der Bahnhofstraße Nr. 16 in Bielefeld.
Koch übernahm die Leitung der Fabrikation, Baer den Vertrieb. Die Produktion umfasste die sogenannte „Bielefelder Einsatzmaschine“, Maschinen nach dem System Wheeler & Wilson und Grover & Baker sowie eine Zylindermaschine eigener Konstruktion.[3]
Am 5. November 1862 heiratete Koch die Tochter seines Lehrherrn, Auguste Friederike Dorothea Zander. 1865 trennten sich Baer und Koch. Heinrich Koch führte die Firma unter dem Namen „H. Koch & Co.“ weiter. Im Januar 1866 starb Heinrich Koch im Alter von 36 Jahren an einem Lungenleiden.
Das Unternehmen entwickelte sich unter der Geschäftsführung der Witwe Kochs erfolgreich weiter. Bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts konzentrierte sich die Geschäftsleitung auf den Bereich der industriellen Näh- und Bekleidungstechnik und prägte den Markennamen „Adler“ für die erfolgreichen Spezialnähmaschinen. 1990 erfolgte die Fusion mit der Dürkoppwerke AG zur Dürkopp Adler AG, heute Dürkopp Adler GmbH.
Soziales Engagement
Heinrich Koch engagierte sich in Bielefeld sozialreformerisch in der Bewegung der Arbeiterbildungsvereine. Er war Gründungsmitglied und Kassenwart des Bielefelder Arbeiterbildungsvereins, der 1863 gegründet wurde. Sein Engagement wurde in einem Zeitschriftennachruf des Vereins gewürdigt: „Mit dem Ableben des Nähmaschinen-Fabrikanten Herrn Koch hat der Verein einen herben Verlust erlitten. Er war der erste Arbeitgeber, der den wenigen Arbeitern thätig und treu bei der Gründung des Vereins zur Seite stand; […] Vieles haben wir dem Verstorbenen zu danken, und wir bedauern tief, daß er auch uns so schnell entrissen wurde.“[4]
Literatur
DNZ international: d. Nähmaschinen-Zeitung, Bielefelder Verlagsanstalt, Heft 7 / 1990, S. 27 Kruse, Fritz H., Die Geschichte der ADLER-Naehmaschinen aus Bielefeld, 1978, S. 3.
Festschrift: 50 Jahre Kochs Adler: Nähmaschinenfabrik und Eisengießerei A.-G. vorm[als] H. Koch & Co. Act[ien] Ges[ellschaft] Bielefeld 1860-1910, [Bielefeld 1910].
Tibaoudo, Anna Lisa: Bielefelder Straßennamen nach ortsansässigen Fabrikanten und Industriellen – Einblicke in die Vergabepraxis. In: Ravensburger Blätter, Heft 2 / 2013; S. 10.
Univ. Hannover, Institut für Bau- und Kunstgeschichte (Herausgeber), Wiethüchter, Henrich: Der Fall Phoenix. Zusammenhänge von Industriebau- und Technikgeschichte im 19. Jahrhundert. Fabrikbauten des Rundbogenstils in Bielefeld und die Nähmaschinenfabrik Baer und Rempel. Hannover, 1993
Wagner, Bernd: Koch’s Adler, in: Böllhoff, Florian / Boström, Jörg / Hey, Bernd (Hrsg.), Industriearchitektur in Bielefeld. Geschichte und Fotografie, Bielefeld 1986, S. 134-139. Der Wächter. – Wochenschrift für Minden-Ravensberg. Hrsg. v. Rudolf Rempel in Bielefeld. 31.01.1866; Nummer 9; 3. Jahrgang
Einzelnachweise
- Festschrift: „50 Jahre Kochs Adler“, S.4.
- Wiethüchter, Henrich: Der Fall Phoenix. Dissertation 1993, S. 49
- Ebd.
- Der Wächter. 31.01.1866