Hedge Accounting
Als Hedge Accounting bezeichnet man die Bilanzierung zweier oder mehrerer Verträge (auch sog. Finanzinstrumente), die in einem Sicherungszusammenhang stehen. Der Zusammenhang dieser Verträge besteht in der gegenläufigen Ausgestaltung hinsichtlich solcher Vertragsmerkmale, die bestimmte Risiken – zumeist finanzielle Risiken – begründen. Aufgrund dieser Gestaltung sind die Verträge dazu geeignet, die Risiken gegenseitig teilweise oder vollständig zu kompensieren. Meist wird einer der beiden Verträge als Grundgeschäft – also als derjenige Vertrag, der das Risiko bzw. die Risiken begründet –, der andere Vertrag als Sicherungsgeschäft oder Hedgegeschäft – also als derjenige Vertrag, der das Risiko bzw. die Risiken (eines Grundgeschäfts) absichert – bezeichnet.
Für das Hedge Accounting gelten spezielle Bilanzierungsregeln, die von den allgemeinen Bilanzierungsregeln abweichen.
Die Notwendigkeit des Hedge Accounting
Das Konzept des Hedgegeschäft bzw. Hedging (engl. für „Schutz bieten“) besteht allgemein in einer inversen Kombination hochkorrelierter Positionen zur Reduzierung von Risiken. Dies bedeutet, dass die Wirkung von Grundgeschäft und Sicherungsgeschäft gegenläufig sein sollte, um zu einer kompensatorischen Wirkung in der Gewinn- und Verlustrechnung oder im Eigenkapital zu führen.
Hedge Accounting in der Internationalen Rechnungslegung (IFRS)
Die Abbildung von Sicherungsbeziehungen stellt aus Sicht der Banken eine der umstrittensten Regelungen der IFRS / IAS dar. Grundsätzlich resultiert die Notwendigkeit gesonderter Bilanzierungsregeln für Sicherungsbeziehungen aus dem gemischten Modell der Bewertung (Mixed Model), auf dem IAS 39 basiert. Bilanziert eine Bank nach „normalen“ Regeln des IAS 39, wäre beispielsweise folgende Konstellation denkbar: Während das Grundgeschäft eines Hedge aus einer Bilanzposition besteht, die zu fortgeführten Anschaffungskosten zu bewerten ist, wird das dazugehörige Sicherungsgeschäft in Form eines Derivats grundsätzlich erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet (Accounting mismatch). Wirtschaftlich gesehen entsteht für die Bank hier weder ein Gewinn noch ein Verlust, da sich Grund- und Sicherungsgeschäft kompensieren. Die Abbildung der Geschäfte würde jedoch nach den „normalen“ Vorschriften des IAS 39 asymmetrisch verlaufen: Nur die Wertänderungen des Sicherungsgeschäfts würden sich in der Gewinn- und Verlustrechnung wiederfinden, nicht jedoch die Wertänderungen des Grundgeschäfts. Das ökonomische Risiko einer allgemeinen Verlustgefahr der Bank wäre zwar erfolgreich kompensiert worden, aber das bilanzielle Risiko einer möglichen Verschlechterung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage würde weiterhin bestehen und sich entsprechend im Jahresabschluss niederschlagen. Um eine solche Konstellation zu vermeiden, werden in Sicherungsbeziehungen eingebundene Finanzinstrumente von IAS 39 im Rahmen des Hedge Accounting als Sonderfall erfasst und nach anderen Regeln bewertet als andere Finanzinstrumente. Es findet eine Synchronisierung hinsichtlich der Abbildung von Wertschwankungen bei Grundgeschäft und Sicherungsinstrument statt.
Hedge-Arten nach IAS 39
Entsprechend den zu sichernden Risiken differenziert IAS 39 drei Arten von Sicherungsbeziehungen: a) Fair Value Hedge b) Cashflow Hedge c) Hedge of a Net Investment in a Foreign Operation
Der Fair Value Hedge ist die Absicherung des Risikos einer Fair Value-Änderung eines bilanzierten Vermögenswerts bzw. einer bilanzierten Verbindlichkeit oder einer nicht bilanzwirksamen festen Verpflichtung (Firm Commitment) oder eines spezifischen Anteils an einem solchen Vermögenswert, einer solchen Verbindlichkeit oder einer solchen festen Verpflichtung, wenn dieser Anteil einem bestimmten Risiko zugeordnet werden kann und Auswirkungen auf das Periodenergebnis haben könnte. Als Beispiele eines Fair Value Hedge können aufgeführt werden:
- Die Absicherung einer Festzinsposition gegen Änderungen des beizulegenden Zeitwerts, die aus Änderungen der Marktzinssätze resultieren,
- Die Absicherung von Vorräten gegen Preisänderungsrisiken,
- Die Absicherung von variabel verzinslichen Finanzinstrumenten gegen Marktwertänderungen, wenn der Marktwert zwischen den Zinsanpassungsterminen wesentlichen Schwankungen unterliegt.
Im Rahmen eines Fair Value Hedge gleichen sich die gegenläufigen Bewertungseffekte aus Grundgeschäft und Sicherungsgeschäft in der Gewinn- und Verlustrechnung aus.
Der Cashflow Hedge dient der Absicherung der Gefahr von Schwankungen des Cashflows. Diese Gefahr kann entweder einem bestimmten, mit dem bilanzierten Vermögenswert oder der bilanzierten Verbindlichkeit verbundenen Risiko zugeordnet werden, oder sie kann dem mit einer vorhergesehenen Transaktion (highly probable forecast transaction) verbundenen Risiko zugeordnet werden. Die Gefahr von Schwankungen des Cashflows muss außerdem möglicherweise Auswirkungen auf das Periodenergebnis haben können. Als Beispiele für einen Cashflow Hedge lassen sich anführen:
- Ein Zinsswap, mit dem eine variabel verzinsliche Position in eine festverzinsliche Position umgewandelt wird, oder umgekehrt
- Ein Währungsswap, d. h. eine Absicherung des Fremdwährungsrisikos für eine vorhergesehene Transaktion (beispielsweise geplante Umsatzerlöse in einer Fremdwährung).
Die Wertänderungen des Sicherungsinstrumentes werden direkt im Eigenkapital erfasst (statement of changes in equity) soweit es den effektiven Teil des Hedge betrifft. Der ineffektive Teil schlägt sich unmittelbar in der Erfolgsrechnung nieder.
Ein Hedge of a Net Investment in a Foreign Operation dient der Absicherung einer Nettoinvestition in einen ausländischen Geschäftsbetrieb gemäß IAS 21.
Betrachtet man die beiden erstgenannten Formen des Hedge, sind sie auf den ersten Blick einfach voneinander abgrenzbar: bei einer Einzelposition ergibt sich aus dem Sicherungszweck eindeutig die Art der Hedge-Beziehung. Diese Eindeutigkeit ist jedoch bei näherer Betrachtung nicht mehr ohne Weiteres gegeben. Bei zusammengesetzten Positionen ist sie abhängig davon, von welchem Standpunkt aus der Vergleich vorgenommen wird. Dies lässt sich mit folgendem Beispiel an dem Asset-Liability-Management von Banken verdeutlichen. Hier lassen sich häufig folgende Feststellungen treffen, die in der nachfolgenden Abbildung verdeutlicht werden:
- Die variabel verzinslichen Verpflichtungen übertreffen die variabel verzinslichen Forderungen (Kreditvergaben),
- Die festverzinslichen Forderungen übertreffen die festverzinslichen Verbindlichkeiten.
Nimmt man ansonsten ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen dem Gesamtvolumen der Forderungen und dem Gesamtvolumen der Verbindlichkeiten an, dann kann das Zinsänderungsrisiko von zwei verschiedenen Blickpunkten aus abgesichert werden:
- Der Festzinsüberhang bei den Forderungen (=Kreditgeschäft) wird mithilfe eines Swaps in eine variabel verzinsliche Vermögensposition umgewandelt, sodass der Fair Value unverändert bleibt (Fair Value Hedge),
- Der Überhang an variabel verzinslichen Verbindlichkeiten (=Einlagengeschäft, wie Sparverträge) wie wird mithilfe eines Swaps in eine Schuldposition mit einem auf das Kreditgeschäft passenden festen Cashflow umgewandelt (Cashflow Hedge).
Auf diese Weise kann folglich sowohl ein Fair Value Hedge, als auch ein Cashflow Hedge zu dem gewünschten Absicherungsergebnis führen.