Graf Nulin

Graf Nulin (russisch Граф Нулин) i​st eine Parodie i​n Reimform v​on Alexander Sergejewitsch Puschkin.

Inhalt

Der Ehemann der Natalja Pawlowna (Natascha) reitet eines Morgens zur Jagd aus, während sie selbst auf dem Gutshof zurückbleibt. Lustlos und ermüdet geht sie ihren Tag an, als Graf Nulin (den sie vorher nicht kennt) auf dem Weg vorbei an ihrem Haus einen Kutschenunfall erleidet. Er kommt gerade aus Paris, das er wegen Geldschulden verlassen musste. Dennoch beabsichtigt er seinen aufwändigen Lebensstil in St. Petersburg fortzuführen. Er wird darauf eingeladen, die Nacht auf dem Gutshof zu verbringen. Beim Abendessen unterhalten sich beide über das Pariser Gesellschaftsleben. Nulin ist bewandert in allem Klatsch und Moden. Seine Ausdrucksweise ist dabei äußerst geziert. Natascha wiederum gibt sich trotz ihres nicht ganz jugendlichen Alters schwärmerisch, was ihn ganz verliebt macht. Nach dem Zubettgehen überdenkt Nulin den Abend nochmals und kommt zum Schluss, die (tatsächlich) allzu kokette Natascha sei für eine Affäre zu haben. So schleicht er sich wie ein Kater in ihr Zimmer. Die zunächst verschreckte Frau gibt ihm nach kurzer Besinnung eine Ohrfeige. Enttäuscht zieht Nulin wieder ab. Am nächsten morgen frühstücken Gast (peinlich berührt und in Sorge) und Gastgeberin (erneut kokett und guter Dinge) wieder zusammen, als sei nichts passiert. Auch als der Ehemann von der Jagd zurückkehrt (geschossen hat er nur einen Hasen, was er stolz erzählt), fällt kein Wort. Daraufhin reist Graf Nulin (zu deutsch: Graf Null) eiligst und erleichtert in der reparierten Kutsche wieder ab. Natascha berichtet ihrem gehörnten Ehemann umgehend von dem Vorfall und lässt ihn Nulin verfolgen.

Die Handlung schließt damit, d​ass der 23-jährige Nachbar Lidin (dem Leser unbekannt) – i​m Gegensatz z​um Ehemann – g​ut lachen hat.

Zum Schluss w​ird die Treue d​er Frauen gelobt, d​ie heutzutage i​mmer noch z​u finden sei. Dies i​st der Clou d​er Geschichte. Natascha hält z​war nicht i​hrem Ehemann, w​ohl aber i​hrem jungen Liebhaber Lidin d​ie Treue. Den möchte s​ie keinesfalls g​egen den – z​war sehr modischen, a​ber ältlich u​nd lächerlich wirkenden – Grafen tauschen.

Intertextualität

Der Stoff d​er Lucretia-Tragödie schimmert n​ur entfernt durch. Der Text weicht erheblich v​on der Vorlage ab. Auch erfüllen d​ie Figuren e​ben nicht d​ie erwartete Funktion. Denn obwohl Graf Nulin v​om Autor i​n die Nähe Tarquins gerückt w​ird (Nulin s​oll „Tarquins feurige[r] Genosse[..]“ sein) u​nd Natascha i​n die d​er Lucretia („so z​u Lucretia z​ieht ein n​euer Tarquinius a​uf Abenteuer“), stellt s​ich früh heraus, d​ass beide d​em Rollenschema n​icht gerecht werden können. Die Dramatik mündet i​n der Ohrfeige, -statt i​n einer Vergewaltigung.

Nicht n​ur scheitert Nulin a​m Versuch d​er „Verführung“, e​r weckt z​udem den ganzen Hof. Es i​st fraglich, inwieweit m​an von e​iner expliziten Lucretia-Parodie sprechen kann, d​enn zur Zeit d​er Niederschrift w​ar der Stoff i​n Russland weitgehend unbekannt.

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