Glaskrebschen
Das Glaskrebschen (Leptodora kindtii) stellt den einzigen Vertreter der Ordnung oder Unterordnung Haplopoda dar. Diese gehört zu den Krallenschwänzen (Onychura) innerhalb der Blattfußkrebse (Branchiopoda).
Glaskrebschen | ||||||||||||
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Larve | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Leptodora kindtii | ||||||||||||
(Focke, 1844) |
Das Glaskrebschen lebt in Seen und großen Fließgewässern räuberisch von verschiedenen Kleinkrebsen (Anomopoda, Ruderfußkrebse) und Rädertierchen.
Bau des Glaskrebschens
Das Vorderende des Leptodora-Kopfes beherrscht ein einzelnes, großes Facettenauge.
Das Glaskrebschen erreicht eine Körperlänge von maximal 14 Millimetern. Es hat die Schale, die für die anderen Vertreter der Krallenschwänze typisch ist, zu einem dorsalen Brutsack bei den Weibchen reduziert und sich an eine räuberische Lebensweise angepasst. Der Körper ist stark transparent, langgestreckt und besitzt einen kurzen Rumpf, dessen Segmentgrenzen vollständig aufgelöst sind. Der Hinterleib ist lang und besteht aus drei Segmenten sowie dem Telson mit einer Hinterleibsgabel (Furca).
Die ersten Antennen sind bei Weibchen kurz und einästig, die zweiten Antennen stellen große zweiästige Schwimmbeine mit langen Schwimmborsten dar. Die Mandibeln stellen stabförmige Beißwerkzeuge dar; die beiden Maxillenpaare fehlen. Die Bauchseite des Rumpfes ist senkrecht zur Körperachse geknickt, so dass die Thoraxbeine nach vorn ragen. Diese bilden auf diese Weise einen Fangkorb, wobei das 1. Beinpaar deutlich länger als die anderen ist.
Fortpflanzung und Entwicklung
Bei den Glaskrebschen gibt es nur im Herbst eine sexuelle Fortpflanzungsphase (monozyklische Fortpflanzung). Die Männchen, die etwas kleiner sind als die Weibchen, ergreifen diese mit ihren zu Greiforganen ausgebildeten 1. Antennen sowie mit den 1. Rumpfbeinen und besamt sie. Die befruchteten Eier werden frei ins Wasser abgegeben; aus ihnen schlüpfen nach dem Winter Metanauplius-Larven mit sehr großen Antennen. Über mehrere Häutungen entwickeln sie sich zu erwachsenen Tieren.
Im Sommer kommt es jedoch zur parthenogenetischen Fortpflanzung, wobei sich die Jungtiere im Brutsack auf dem Rücken der Mutter entwickeln.
Systematik der Haplopoda
Die Haplopoda wurden früher gemeinsam mit den Onychopoda und den Anomopoda als Wasserflöhe (Cladocera) zusammengefasst, diese Gruppe stellt jedoch wahrscheinlich keine natürliche Einheit dar. Die tatsächliche Zuordnung im System der Krallenschwänze ist umstritten.
Entdeckung, Benennung
Das Glaskrebschen wurde erstmals 1844 anhand von Exemplaren aus dem Bremer Stadtgraben von dem bremischen Apotheker Georg Christian Kindt beobachtet. Gustav Woldemar Focke hat es beschrieben[1] und als Polyphemus kindtii benannt. Der gültige Gattungsname Leptodora ist griechisch und bedeutet „Dünne Haut“ (λεπτός leptós: dünn; δορά dorá: Haut). Mit dem latinisierten Artnamen ehrte Focke seinen jüngeren Kollegen Kindt.
Literatur
- Ax P (1999): "Das System der Metazoa II. Ein Lehrbuch der phylogenetischen Systematik"; Gustav Fischer Verlag.
- Gruner HE (1993):"Klasse Crustacea"; in Gruner HE (Hrsg.): "Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Band I, 4. Teil: Arthropoda (ohne Insecta)"; Gustav Fischer Verlag
- Schminke HK (1997): "Crustacea, Krebse"; in Westheide, Rieger (Hrsg.): "Spezielle Zoologie Teil 1: Einzeller und Wirbellose Tiere"; Gustav Fischer Verlag
- Vijverberg J. (2005): "Effects of Predation and Food on the Population Dynamics of the Raptorial Cladoceran Leptodora kindtii"; Limnology and Oceanography, 50(2), 455–464
Einzelnachweise
- Amtlicher Bericht über die zweiundzwanzigste Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Bremen im September 1844. Bremen, 1845, 2. Abteilung, S. 108–109. Auch digital: 2. Sitzung, 20. Sept. 1844. Ausführlicheres zur Taxonomiegeschichte unter dem Lemma "Leptodora" in der englischen Wikipedia.