Geistesmensch

Der Geistesmensch i​st ein philosophisches Konzept, b​ei dem jemand v​on seinem Geist bzw. v​on seinem Verstand Gebrauch macht. In d​er deutschsprachigen Literatur w​ird der Begriff Geistesmensch u​nter anderem v​on Hermann Hesse u​nd Thomas Bernhard verwendet. In Narziß u​nd Goldmund v​on Hermann Hesse w​ird der Geistesmensch (analog z​ur Trennung v​on Geist u​nd Materie) v​om Sinnenmensch unterschieden. In Die Billigesser v​on Thomas Bernhard w​ird der Geistesmensch v​om Massenmensch abgegrenzt.[1]

Der Geistesmensch bei Hermann Hesse

In Narziß u​nd Goldmund verkörpert Narziß, d​er Daheimgebliebene, d​as Konzept e​ines Geistesmenschen, i​m Gegensatz z​u Goldmund, d​er weltliche Erfahrungen a​ls Sinnenmensch macht. Die beiden Konzepte treten naturgemäß n​icht in Reinform auf.

„Narziß ist ebenso wenig der reine Geistesmensch, wie Goldmund der reine Sinnenmensch – sonst bräuchte einer den anderen nicht, sonst schwängen sie nicht beide um eine Mitte und ergänzten sich. Narziß kann das brutale Wort vom Heiligen und Wüstling sagen, und kann am Ende doch das Ganze von Goldmunds Leben liebend bejahen.“
(aus einem Brief Hesses an Christoph Schrempf 1931)

Der Geistesmensch bei Thomas Bernhard

In Die Billigesser v​on Thomas Bernhard w​ird der Geistesmensch i​m Gegensatz z​um geistfeindlichen Massenmenschen a​ls jemand beschrieben, d​er naturgemäß v​on seinem Geist gebraucht macht.

"99% verraten sich schon im Augenblick der Geburt der Masse, so er. Der Geistesmensch habe aber in jedem Falle schon im Augenblick der Geburt den Kampf gegen die Masse aufzunehmen, sich der Masse zu stellen, es mit ihr aufzunehmen, das allein legitimiere ihn als den Geistesmenschen. Wer dieser Masse nachgebe, und sei es in einem einzigen Punkte, habe sich als Geistesmensch aufgegeben und sei kein Geistesmensch."[1]
  • Thomas Bernhard liest aus ‚Die Billigesser‘ (0:01:48 bis 0:42:30), Tonmitschnitt, aufgenommen im Palais Pálffy, Wien, am 12. April 1978 (Österreichische Mediathek)

Einzelnachweise

  1. Thomas Bernhard: Der Billigesser. In: Österreichische Mediathek. Abgerufen am 14. September 2020.
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