Gehörnte Mauerbiene
Die Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta) ist eine Wildbienenart der Gattung Osmia aus der Gruppe der Mauerbienen innerhalb der Familie der Bauchsammlerbienen (Megachilidae). Diese in Süd- und Mitteleuropa vorkommende Art ist in Deutschland weit verbreitet, allerdings in Süd- und Mitteldeutschland deutlich häufiger als im Norden. Die Höhenstufe von 500 m überschreitet sie nur vereinzelt. Wie alle Mauerbienen lebt sie solitär, bildet also keine Staaten.
Gehörnte Mauerbiene | ||||||||||||
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Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta), Weibchen beim Pollensammeln an Kuhblume (Taraxacum) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Osmia cornuta | ||||||||||||
(Latreille, 1805) |
Merkmale
Die Gehörnte Mauerbiene ist eine der auffälligsten Wildbienen des Frühlings. Während bei den hummelartigen Weibchen (12–16 mm) der Körper tiefschwarz und der Hinterleib rostrot bepelzt sind, kann man die etwas kleineren Männchen leicht an ihrer weißen Gesichtsbehaarung erkennen. Nur die Weibchen haben am Vorderkopf zwei kleine, zwischen den Haaren versteckte Hörnchen (daher der deutsche sowie wissenschaftliche Artname). Die Weibchen besitzen zudem entsprechend der Zugehörigkeit zur Familie der Bauchsammlerbienen (Megachilidae) eine sog. Bauchbürste zum Transport des Pollens von den Blüten zum Nest.
Lebensweise
Nahrung
Die Gehörnte Mauerbiene zählt zu den Wildbienen, die bereits an den ersten warmen Frühlingstagen (Anfang bis Mitte März) im Siedlungsbereich des Menschen zu beobachten sind. Ihre Nahrungspflanzen sind hier dementsprechend Frühjahrsblüher. Sowohl in der Eigenversorgung mit Nektar als auch in der Wahl ihrer Pollenquellen für die Versorgung der Brut ist die Art aber nicht wählerisch. Bisher wurden Vertreter von insgesamt 14[1] Pflanzenfamilien als Pollenquellen bekannt. Somit unterscheidet sie sich von vielen anderen, teils hoch spezialisierten Bienenarten. Leicht kann man die Weibchen beim Pollensammeln am Blaustern (Scilla siberica) oder am Lerchensporn (Corydalis) in Parks und Gärten beobachten. Sehr beliebt sind auch die Blüten von Weiden (Salix), Ahorn (Acer), Kirschen und Pflaumen (Prunus), Apfel (Malus) und Birne (Pyrus).
Nestbau
Die Gehörnte Mauerbiene nistet in bestehenden Hohlräumen. Außerhalb von Ortschaften nisten diese Insekten meist in südexponierten, vegetationsfreien Löss- und Lehmwänden von Hohlwegen und in Steilwänden an Flussufern sowie in Bohrlöchern in weißfaulem Holz. Letztere dürften den natürlichen Nistraum darstellen.
Innerhalb von Ortschaften baut diese auch in Gärten und Parkanlagen lebende Wildbiene ihre Nester in vorhandenen Hohlräumen diverser Art, z. B. in Mauerritzen, in Löchern im Verputz, in Abflussröhrchen von Rollläden und in Ritzen von Fensterrahmen, stellenweise auch in Vertiefungen von Mauersteinen. Die Gehörnte Mauerbiene nimmt sehr gerne künstliche Nisthilfen an.
Die Nester werden von den Weibchen über einen Zeitraum von 4–6 Wochen gebaut. Ein Weibchen kann hierbei 7 Nester bauen. Die Nester sind meist Linienbauten mit bis zu 12 hintereinander liegenden Brutzellen, vor denen sich zum Ausgang hin eine sogenannte Leerzelle und ein dicker Verschlusspfropfen befinden. Die Brutzellen sind durch Querwände voneinander getrennt. Als Baumaterial dient feuchter Sand oder Lehm, der mit Drüsensekreten vermischt wird.
In jeder Brutzelle wird ein Futtervorrat aus Pollen und Nektar für die sich später in den Brutzellen entwickelnden Larven angelegt. Hierzu sammeln die Weibchen beim Besuch der Blüten sowohl Nektar als auch Pollen. Der Nektar wird in ihrem Kropf (Honigblase) und der Pollen in ihrer Bauchbürste transportiert. Bei der Rückkehr zum Nest, gehen sie zuerst mit dem Kopf voraus in den Nistgang und erbrechen den Nektar am Ende des Gangs. Danach kommen sie heraus, drehen sich um und gehen dann rückwärts in den Gang um am Gangende mit ihren Hinterbeinen den Pollen von ihrem Unterleib abzustreifen. Die Sammelausflüge und die Ablage von Nektar und Pollen werden mehrfach wiederholt, bis genügend Futter abgelegt wurde. Danach legt das Weibchen direkt an der Oberfläche des Futtervorrats pro Brutzelle ein Ei und verschließt die Brutzelle anschließend. In Brutzellen, in denen sich eine weibliche Biene entwickelt wird ein größerer Futtervorrat angelegt als in einer Brutzelle, in der sich eine männliche Biene entwickelt. Zudem werden die Brutzellen, in denen sich männliche Bienen entwickeln, in Richtung des Nestausgangs angelegt. Die Männchen schlüpfen einige Tage vor den Weibchen und machen so den später schlüpfenden Weibchen Platz.[2]
- Weibchen mit fast geschlossener Brutröhre
- Weibchen bringt frisches Baumaterial für die Trennwand zwischen zwei Nestzellen
Lebenszyklus
Die Gehörnte Mauerbiene hat einen einjährigen Lebenszyklus. Die Männchen verlassen das Nest ab Ende Februar, die Weibchen kurz darauf. Nach Eiablage schlüpfen die Larven innerhalb von 3–4 Tagen. Nach dem vollständigen Verzehr des Futtervorrats verpuppt sich die Larve. Das Puppenstadium reicht von Mitte Mai bis Mitte Juli. Die Zeit von Mitte Juli bis zum nächsten Frühjahr verbringt die Gehörnte Mauerbiene im Stadium des Vollinsekts (Imago) in ihren Kokon in Diapause. Dabei ist eine Periode mit tieferen Temperaturen notwendig um die Diapause zu beenden. Bei steigenden Temperaturen werden die Insekten in der Zeit von Februar bis März wieder aktiv. Nach Aufnagen des Kokons, der Querwände und des Verschlusspfropfens verlassen die Gehörnten Mauerbienen im auf die Eiablage folgenden Frühjahr nacheinander ihr Nest, worauf der Zyklus mit der neuen Generation von neuem beginnt.[2]
- Brutzelle mit Ei am Futtervorrat (Tag 1)
- Junge Larve (Tag 12)
- Große Larve mit fast aufgebrauchtem Futtervorrat (Tag 31)
- Larve bei der Bildung ihres Kokons (Tag 36)
- Vollständig verpuppte Larve (Tag 39)
Verbreitung
Die Gehörnte Mauerbiene ist in Europa weit verbreitet, von Portugal über Süd- und Mitteleuropa bis zum Kaukasus, nordwärts bis in die Norddeutsche Tiefebene, südwärts bis Sizilien, Kreta und Syrien. Auch in Nordafrika verbreitet.
In Deutschland und Österreich ist O. cornuta aus allen Bundesländern außer Schleswig-Holstein nachgewiesen. Auch in der Schweiz weit verbreitet.[1]
Gefährdung und Schutz
Da die Gehörnte Mauerbiene hinsichtlich Nistplatz und Nahrung keine hohen Ansprüche stellt, ist diese Wildbienenart in Deutschland nicht gefährdet. Durch geeignete Nisthilfen und ein reiches Angebot an entsprechenden Frühjahrsblühern kann die Art leicht gefördert werden. Problemlos kann man die Gehörnte Mauerbiene auch mit Nisthilfen anlocken, sofern diese unmittelbar an der sonnenseitigen Hauswand oder sonstigen größeren Flächen angebracht sind. Als künstliche Nistgelegenheiten werden Holzblöcke mit Bohrungen quer zur Holzfaser von mindestens 8–10 cm Tiefe angenommen; noch besser eignen sich waagrecht orientierte Bambusrohre mit einer Länge von 20–25 cm; der Innendurchmesser sollte jeweils 7–9 mm betragen. Mauerbienen sind friedfertig, selbst wenn Hunderte von ihnen auf engem Raum nisten.
Bestäubung im Obstanbau
Bienen der Gattung Osmia werden in Japan in Form der Art Osmia cornifrons bereits seit den frühen 70er Jahren zur Bestäubung in Apfel- und Kirschplantagen eingesetzt. Die Nutzung der verwandten Gehörnten Mauerbiene als Bestäuber in Mandel-, Apfel- und Birnenplantagen wird in Spanien seit den frühen 90er Jahren untersucht. Dabei hat sich z. B. gezeigt, dass die Gehörnte Mauerbiene bei der Bestäubung von Mandelbäumen effizienter ist, als die bis dahin ausschließlich hierfür genutzte Europäische Honigbiene (Apis mellifera), so dass theoretisch drei Weibchen der Gehörnten Mauerbiene ausreichen um einen Mandelbaum zu bestäuben.[3]
Zur Vermehrung der Mauerbienen werden in der Landwirtschaft Nisthilfen in Form von sogenannten Nistbrettern eingesetzt. Zur Schädlingsreduktion werden die Kokons nach Zerlegung der Nisthilfen in ihre einzelnen Nistbretter entnommen, gesäubert und nach Trocknung bis zur weiteren Verwendung im nächsten Frühjahr kühl gelagert.[4]
Literatur
- Paul Westrich: Die Wildbienen Baden-Württembergs. 2. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1990 (2 Bände).
- Paul Westrich: Wildbienen am Haus und im Garten. (= Arbeitsblätter zum Naturschutz. Band 22). Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg, Karlsruhe 1997 (PDF; 14,9 MB).
- Paul Westrich: Wildbienen – Die anderen Bienen, Verlag Dr. Friedrich Pfeil, München 2015, S. 20–25, ISBN 978-3-89937-136-9
Weblinks
- Paul Westrich: Osmia cornuta – Gehörnte Mauerbiene: Ein Beispiel für eine solitäre Bienenart (private Website).
- www.mauerbienenforum.de Steckbrief der Gehörnten Mauerbiene
- Video, Paarung https://meg-bayern.de/wp-content/uploads/2019/02/Osmia_cornuta_Paarung.mp4
Einzelnachweise
- Erwin Scheuchl/Wolfgang Willner: Taschenlexikon der Wildbienen Mitteleuropas. Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim, 2016, S. 743.
- J. Bosch: The nesting behaviour of the mason bee Osmia cornuta (Latr) with special reference to its pollinating potential (Hymenoptera, Megachilidae), Apidologie, 1994, 25, S. 84–93.
- J. Bosch, M. Blas: Foraging behaviour and pollinating efficiency of Osmia cornuta and Apis mellifera on almond (Hymenoptera, Megachilidae and Apidae), Appl. Entomol. Zool. 1994, 29(1), S. 1–9.
- Mauerbienenhaltung bei mauerbienenforum.de, abgerufen am 3. März 2021.