Gefahrerhöhung
Die Gefahrerhöhung ist ein Begriff aus dem Versicherungsvertragsrecht.
Sie ist in Deutschland in §§ 23 ff. Versicherungsvertragsgesetz (VVG) geregelt.
Eine Gefahrerhöhung liegt vor, wenn der Eintritt eines Schadens nach Vertragsabschluss dauerhaft erheblich wahrscheinlicher wird oder die Höhe des zu erwartenden Schadens sich erheblich vergrößert, ohne dass der Versicherer dies voraussehen und einkalkulieren konnte.[1]
Dabei ist eine Einzelfallbetrachtung geboten. Es kommt darauf an, dass sich die Risikosituation insgesamt gesehen erhöht hat. Gefahrmindernde Umstände sind den gefahrerhöhenden im Sinne der Gesamtabwägung gegenüberzustellen (Gefahrenkompensation). Eine Gefahrerhöhung liegt erst dann vor, wenn sich die geänderte Gefahrenlage auf einem erhöhten Niveau stabilisiert hat (Dauererfordernis). Die Änderung muss einen neuen Zustand erhöhter Gefahr schaffen, der mindestens von so langer Dauer ist, dass er die Grundlage eines neuen, natürlichen Gefahrenverlaufs bilden kann und damit den Eintritt des Versicherungsfalles generell zu fördern geeignet ist. Die Gefahrerhöhung beginnt mit dem Anfang eines vorprogrammierten Geschehens, in dessen Verlauf es zu einer gefahrerhöhenden Bedrohung kommt.[2]
Der Versicherungsnehmer darf nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung veranlassen, beispielsweise in einen riskanteren Beruf wechseln oder durch einen Dritten zulassen. Eine vom Willen des Versicherungsnehmers unabhängige Gefahrerhöhung hat er dem Versicherer anzuzeigen. Verletzt der Versicherungsnehmer seine Obliegenheiten, kann der Versicherer den Vertrag kündigen, die Prämie erhöhen, einen Risikoausschluss vereinbaren sowie ganz oder teilweise[3] von der Leistung frei sein (§§ 24-26 VVG),[4][5][6] um das Gleichgewicht zwischen Prämienaufkommen und Versicherungsleistung aufrechtzuerhalten.
Ähnlich ist die Rechtslage in Österreich[7] und der Schweiz.[8]
Literatur
- Gregor Saremba: Die Gefahrerhöhung im deutschen und US-amerikanischen Versicherungsvertragsrecht. Karlsruhe 2010, ISBN 978-3-89952-515-1.
Einzelnachweise
- Objektive und Subjektive Gefahrerhöhung Stand: 1. September 2006
- BGH, Beschluss vom 20. Juni 2012 - Az. IV ZR 150/11 Rdnr. 10, 13
- Dirk-Carsten Günther, Stefan Spielmann: Vollständige und teilweise Leistungsfreiheit nach dem VVG 2008 am Beispiel der Sachversicherung (Teil 2) r+s 2008, S. 177–186
- Die Gefahrerhöhung im neuen VVG IWW-Institut, 5. Mai 2008
- Thomas Binder: Wenn die PV-Versicherung nicht zahlt: Zum Begriff der Gefahrerhöhung Sonne Wind & Wärme 12/2014, S. 78
- BGH, Urteil vom 10. September 2014 - Az. IV ZR 322/13
- Robert Seljak: Die Gefahrerhöhung gem. §§ 23-31 VersVG 2012
- Allgemeine Bedingungen (AB) für die Kombi-Haushaltversicherung Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG, Ausgabe 02.2013, A11 Gefahrerhöhung und -verminderung