Freiwilliges Arbeitsengagement
Freiwilliges Arbeitsengagement bezeichnet berufliche Tätigkeiten, die das Organisationsziel fördern, aber außerhalb der primären Arbeitsanweisungen liegen und aus eigenem Antrieb ausgeführt werden (intrinsische Motivation). Darunter fallen Hilfe gegenüber Kollegen, Schutz der Organisation vor Vandalismus, Unterbreitung von Verbesserungsvorschlägen, Erwerb von Kenntnissen aus eigener Initiative, die für eine Verbesserung der Arbeitsleistung förderlich sind, Übernahme von Verantwortung, die formal nicht zugeschrieben wurde, und eine positive Darstellung der Organisation nach außen. Ein verwandter Begriff ist Extra-Rollenverhalten[1]. Ein Gegenbegriff ist "in-role"-Verhalten, das durch den Arbeitsvertrag der Mitarbeiter definiert ist, also ihre Dienstaufgaben im engeren Sinne.
Verschiedene theoretische Ansätze beziehen sich auf Freiwilliges Arbeitsengagement:
- Staatsbürgerliches Verhalten in Organisationen (organizational citizenship behavior, OCB[2])
- Prosoziales Organisationsverhalten[3]
- Spontaneität in Organisationen[4]
Freiwilliges Arbeitsengagement weist Überschneidungen, aber auch Differenzen zum Konzept der Identifikation mit einer Organisation auf (Gebundenheit). So zeigen Befunde von Pond, Nacoste, Mohr & Rodriguez (1997)[5], dass das von Vorgesetzten eingeschätzte staatsbürgerliche Verhalten von Mitarbeitern (OCB) mit der von den Mitarbeitern selbst eingeschätzten Identifikation mit ihrer Organisation schwach positiv korreliert.
Freiwilliges Arbeitsengagement ist sowohl als Ursache als auch als Folge von organisationaler Identifikation anzusehen. Freiwilliges Arbeitsengagement ist vom "Flow-Konzept"[6] abzugrenzen, das Konzentration, Zielvorgabe, tiefes Involvement, Kontrollerleben und ein Vergessen der Zeit beinhaltet, während eine herausfordernde Tätigkeit ausgeübt wird[7].
Freiwilliges Arbeitsengagement kann in mehrere Dimensionen unterteilt werden[8][9]: Dazu zählen Hilfsbereitschaft, Gewissenhaftigkeit, Höflichkeit, Unkompliziertheit bzw. sportlicher Geist, der darin zum Ausdruck kommt, dass kleine Mängel und Unzulänglichkeiten toleriert werden, Eigeninitiative und bürgerliche Tugend, die die regelmäßige, mutige und konstruktive Teilnahme an dem Firmenleben betrifft. In neueren Untersuchungen wird oft zwischen drei Dimensionen unterschieden: Hilfsbereitschaft, Eigeninitiative und sportlicher Geist, für deren Messung ein Fragebogen entwickelt wurde[10]. Die Komponente der Hilfsbereitschaft wird durch einen Fragebogen von Bierhoff, Müller & Küpper (2000)[11] gemessen.
Freiwilliges Arbeitsengagement unterliegt verschiedenen antezedenten Bedingungen (z. B. Stimmung, Zufriedenheit, Arbeitsethik, Fairness). Der Führungsstil kann freiwilliges Arbeitsengagement ermutigen. Dabei wirkt sich ein Austauschorientierter, Mitarbeiter-fördernder und delegierender Stil des Vorgesetzten günstig aus[12]. Weitere Forschung befasst sich mit den Prozessen, die zwischen Eigenverantwortung und freiwilligem Arbeitsengagement vermitteln[13]. Freiwilliges Arbeitsengagement kann sich positiv auf die Gruppenleistung auswirken[14]. Eines der wichtigsten Korrelate des Freiwilligen Arbeitsengagements ist die Gruppenatmosphäre (Bierhoff & Müller, 2005).
Freiwilliges Arbeitsengagement bei Mitarbeitern ist über verschiedene Ansätze der Führung (z. B. Verhaltensgitter[15]) und über arbeitsorganisatorische Maßnahmen[16][17] beeinflussbar.
Einzelnachweise
- Nerdinger, F.W. (2000). Extra-Rollenverhalten. Gruppendynamik und Organisationsberatung, 31, 155-167.
- Smith, C.A., Organ, D.W. & Near, J.P. (1983). Organizational citizenship behavior: Its nature and antecedents. Journal of Applied Psychology, 68, 653-663.
- Brief, A.P. & Motowidlo, S. (1986). Prosocial organizational behaviors. Academy of Management Review, 11, 710-725.
- George, J.M. & Brief, A.P. (1992). Feeling good - doing good: A conceptual analysis of the mood at work-organizational spontaneity relationship. Psychological Bulletin, 112, 310-329.
- Pond, S.B., Nacoste, R.W., Mohr, M.F. & Rodriguez, C.M. (1997). The measurement of organizational citizenship behavior: Are we assuming too much? Journal of Applied Social Psychology, 27, 1527-1544.
- Csikszentmihalyi, M. (1992). Flow. Das Geheimnis des Glücks. Stuttgart: Klett.
- Seligman, M.E.P. (2003). Authentic Happiness. Using the New Positive Psychology to Realize Your Potential for Lasting Fulfillment. Nicholas Brealey Publishing: London.
- Organ, D.W. (1988). Organizational citizenship behavior. Lexington: Lexington Books.
- Staufenbiel, T. (2000). Antezedentien und Konsequenzen freiwilligen Arbeitsengagements. Gruppendynamik und Organisationsberatung, 31, 169-183.
- Podsakoff, P.M., Ahearne, M. & MacKenzie, S.B. (1997). Organizational citizenship behavior and the quantity and quality of work group performance. Journal of Applied Psychology, 82, 262-270.
- Bierhoff, H.W., Müller, G.F. & Küpper, B. (2000). Prosoziales Arbeitsverhalten: Entwicklung und Überprüfung eines Messinstruments zur Erfassung des freiwilligen Arbeitsengagements. Gruppendynamik und Organisationsberatung, 31, 141-153.
- Bierhoff, H.W. & Müller, G.F. (2005). Leadership, mood, atmosphere, and cooperative support in project groups. Journal of Managerial Psychology, Vol. 20 No.6, 483-497.
- Parker, S.K., Williams, H.M. & Turner, N. (2006). Modeling the antecedents of proactive behavior at work. Journal of Applied Psychology, 91, 636-652.
- George, J.M. & Brief, A.P. (1992). Feeling good - doing good: A conceptual analysis of mood at work-organizational spontaneity relationship. Psychological Bulletin, 112, 310-329.
- Podsakoff, P.M., MacKenzie, S., Paine, J.B. & Bachrach, D. (2000). Organizational citizenship behaviors: A critical review of the theoretical and empirical literature and suggestions for future research. Journal of Management, 26, 513-563.
- Bierhoff, H.W. & Herner, M.J. (1999). Arbeitsengagement aus freien Stücken: Zur Rolle der Führung. In G. Schreyögg & J. Sydow (Hrsg.), Führung - neu gesehen, S. 55–87. Berlin: de Gruyter.
- Rohmann, E., Bierhoff, H.W. & Müller, G.F. (2000). Förderung freiwilligen Arbeitsengagements in Organisationen. Gruppendynamik und Organisationsberatung, 31, 213-224.