Fotoautomat
Ein Fotoautomat, teilweise auch Fotokabine genannt, ist eine etwa 2 m × 2 m × 1 m große Raumkonstruktion, die eine automatische, auf Münzeinwurf basierende Kamera sowie eine Fotoschnellentwicklungsmaschine oder einen Bilddrucker enthält. Sie dient der Aufnahme von Passbildern oder spontanen Erinnerungsbildern. Man findet sie häufig an zentralen Plätzen, in Bahnhöfen, Häfen, Flugplätzen, Freizeitparks, Vergnügungszentren und Einkaufszentren. Inzwischen werden in den meisten Fotoautomaten bereits Digitalkameras verwendet und die Bildentwicklung erfolgt per computergesteuertem Drucker. Einige Fotokabinen in Rathäusern haben sogar einen Netzwerkanschluss. Dabei werden die Bilder automatisch auf einen Dateiserver im LAN übertragen und auf den Photoausdruck ist zusätzlich eine Identifikationsnummer aufgedruckt. Die Angestellten im Passamt können anschließend mit Hilfe dieser Nummer auf die entsprechende Bilddatei zugreifen.
Aussehen und Funktionsweise
Fotoautomaten enthalten gewöhnlich einen in der Höhe verstellbaren Sitz oder eine Sitzbank. Nachdem der Münzeinwurf erfolgt ist, macht die hinter einer Scheibe befindliche Kamera meist zwei oder vier Aufnahmen im Abstand von ein paar Sekunden (einige Automaten produzieren bis zu acht Bilder). Der Kunde kann oft zwischen vier gleichen Passbildern oder einem größeren Einzelporträt wählen.[1] Vor jeder Belichtung ertönt ggf. ein akustisches und optisches Warnzeichen, das die nächste Aufnahme ankündigt, um ein rechtzeitiges Posieren zu ermöglichen. Nach der letzten Aufnahme beginnt der Automat mit der Bildentwicklung oder dem Ausdrucken, was einige Minuten dauern kann. Durch einen Schlitz werden dann die entwickelten Bilder ausgegeben, die evtl. noch einige Zeit der Trocknung benötigen.
Die neuesten Geräte sind mit automatischer Bilderkennung und einem Sprachcomputer ausgestattet. Damit können Bilder hergestellt werden, die den Anforderungen für den Elektronischen Reisepass und den Personalausweis genügen.
Varianten
Die älteren Fotoautomaten funktionieren auf chemischer Basis. So wird ein Fotopapier belichtet und anschließend in verschiedenen Chemikalien entwickelt. Diese tauchen heute immer öfter in Szenevierteln oder in der Nähe von Diskotheken auf, da sich die authentischen Retro-Fotos einer hohen Beliebtheit erfreuen. Mit dem ursprünglichen Zweck, Bilder für Ausweisdokumente zu schießen, hat dies jedoch nicht mehr viel zu tun und wird deshalb als „Spaßfotografie“ bezeichnet.[2] Neuere Automaten, die nach wie vor auf Bahnhöfen zu finden sind, funktionieren vollständig digital.
Einige Automaten ermöglichen die vorherige Auswahl von Stickern oder Ansichtskarten mit diversen Hintergründen als Ausgabemedium. Automaten mit Photostickern kamen zuerst in Japan mit den so genannten Purikura auf, die sich durch zahlreiche weitere fortgeschrittene Funktionen von Fotoautomaten außerhalb Japans unterscheiden.
In der Hochzeits- und Eventfotografie wird der Einsatz eines Fotoautomaten (oft unter der englischsprachigen Bezeichnung Photo Booth oder Fotobox) von einer Vielzahl Fotografen oder einzelner Unternehmen angeboten. Hierzu werden Kameras benutzt, die mittels einer Funkfernbedienung oder über einen Touchscreen von den Veranstaltungsgästen selbst gesteuert werden.
Geschichte
Das erste Patent auf einen Fotoautomaten wurde am 9. Januar 1888 von den Herren Pope und Poole aus Baltimore beantragt. Ein Jahr später, am 22. Januar 1889, wurde das US-Patent erteilt. Am 16. Oktober 1888 erhielt ein Erfinder namens Sacco das französische Patent Nr. 193734 auf eine ebensolche Maschine. Am 20. Februar 1889 schließlich erhielten Christel Föge, Joseph Raders und Carl Griese aus Hamburg das Reichspatent 51081 auf ihren „Apparat zur selbstthätigen Herstellung von Photographien“.[3]
Da bisher keine Unterlagen gefunden wurden, die belegen, dass diese frühen Erfindungen bis zur Marktreife gebracht wurden, muss man davon ausgehen, dass der Automat des Erfinders Ernest Enjalbert (franz. Patent Nr. 196451 vom 4. März 1889) der erste funktionsfähige und öffentlich aufgestellte Fotoautomat war. Er wurde vom 6. Mai 1889 an auf der Pariser Weltausstellung vorgeführt.
In der Folge wurden zahlreiche Patente angemeldet. Der erste wirtschaftlich erfolgreiche Automat war der Bosco-Photographieautomat des Erfinders Conrad Bernitt aus Hamburg (Reichspatent 58613 vom 16. Juli 1890).
In dieser Zeit stellten alle Automaten Ferrotypien her (Fotos auf Schwarzblech). Der Deutsche Carl Sasse ließ in England 1896 erstmals einen Automaten für das Negativ-Positiv-Verfahren patentieren. Im Jahr 1900 verbesserten die Deutschen Schultze und Vollmann dieses Verfahren. Die Chemische Fabrik auf Aktien (vormals E. Schering) führte mit einem Patent vom 12. Juli 1900 dann das Prinzip des Bildstreifens in die Automatenfotografie ein.
Ein 1894 in Sibirien geborener Jude, Anatol Marko Josephewitz, der sich seit 1921 Anatol Josepho nannte, wanderte 1923 in die USA ein. Er entwickelte die Idee einer Fotokabine, meldete sie 1925 zum Patent an, baute sie mit geliehenem Geld und stellte einen ersten Prototyp auf dem Broadway auf. Er nannte seine Maschine und seine Firma Photomaton.[4] Das Unternehmen war so erfolgreich, dass Josepho die US-Rechte daran im März 1927 (also noch vor der Patenterteilung) für eine Million Dollar an ein Konsortium von Geschäftsleuten verkaufen konnte.
Josepho hatte eine Kabine konstruiert, die abgesehen von der Vorderseite allseits geschlossen war (also auch mit Deckel). Viele der ersten Photomaton-Kabinen wurden in Kaufhäusern aufgestellt. Damit das Blitzlicht des Automaten nicht allzu sehr den Verkauf störte, brachten die Kaufhausbetreiber Vorhänge an den Vorderseiten der Kabinen an. Diese „Abgeschlossenheit“ bei der Aufnahme brachte Photomaton dann den Erfolg. Später wurden solche Vorhänge Bestandteil aller Fotokabinen.[5]
Literatur
- Gunter Karl Bose: Photomaton. 500 Automatenbilder: Frauen, Männer, Kinder 1928 - 1945, Institut für Buchkunst, Leipzig 2011, ISBN 978-3-932865-63-3.
Weblinks
Einzelnachweise
- Oskar Grün, Jean-Claude Brunner: Der Kunde als Dienstleister: Von der Selbstbedienung zur Co-Produktion. 1. Auflage. Springer-Verlag, 2002, ISBN 3-409-12003-3, S. 132 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 14. Januar 2017]).
- Fotos--"schön und nützlich zugleich": das Objekt Fotografie. In: Irene Ziehe, Ulrich Hägele (Hrsg.): Visuelle Kultur, Studien und Materialien. Band 2. LIT Verlag Münster, 2006, ISBN 3-8258-8663-8, S. 254 ff. und 264 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 14. Januar 2017]).
- Carl Griese: Erinnerungen. BoD Norderstedt 2013, ISBN 978-3-7322-8310-1, S. 113–116
- Franz Häussler: Fotografie in Augsburg, 1839 bis 1900: mit einem Bildteil aus den Fotoschätzen des Stadtarchivs Augsburg. In: Beiträge zur Geschichte der Stadt Augsburg. Band 1. Wißner-Verlag, Augsburg 2004, ISBN 3-89639-432-0, S. 66 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 14. Januar 2017]).
- Ernst Massen: Kleine Geschichte der Fotoautomaten. In: Photo Antiquaria Nr. 103 (4/2011)