Flugzeugkollision von Zagreb
Bei der Flugzeugkollision von Zagreb vom 10. September 1976 kollidierten im betreffenden Luftraum eine Hawker Siddeley Trident der British Airways und eine Douglas DC-9 der jugoslawischen Inex Adria Airways. Grund dafür war ein überlasteter Luftraum, kombiniert mit Fehlhandlungen und technischen Fehlanzeigen bei der Flugverkehrskontrolle. Insgesamt kamen 176 Personen ums Leben,[1] darunter 107 deutsche Staatsangehörige.
Im Luftraum über dem damals blockfreien Jugoslawien kreuzten sich mehrere Luftstraßen. Damit verbunden war das Problem einer starken Beanspruchung der Fluglotsen, vor allem auch mit der Kontrolle des Luftraums über Zagreb. Binnen fünf Jahren hatte man dort zuvor bereits 32 Beinahe-Kollisionen registriert.
Flugzeuge
Das betroffene Flugzeug der British Airways war eine Hawker Siddeley Trident 3B mit der Werknummer 2320, die mit drei Rolls-Royce Spey MK 512-5w Mantelstromtriebwerken sowie einem Zusatztriebwerk für den Start (Rolls-Royce RB.162-86 Turbojet) ausgestattet war. Es hatte 8627,44 Flugstunden und 6952 Landungen absolviert und ein Lufttüchtigkeitszeugnis, das bis zum 27. Mai 1978 gültig war. Das betroffene Flugzeug der Inex Adria Airways war eine Douglas DC-9-32 mit der Werknummer 47649, die mit zwei JT8D-9A Mantelstromtriebwerken ausgestattet war. Es hatte 1345,22 Flugstunden und 990 Landungen absolviert und ein Lufttüchtigkeitszeugnis, das bis zum 5. März 1977 gültig war.[2]
Besatzungen
Die Cockpit-Besatzung der Trident bestand aus dem 44-jährigen Kapitän Dennis V. Tann, dem 29-jährigen Ersten Offizier Brian E. Helm und dem 24-jährigen Zweiten Offizier Martin J. Flint. Die Cockpit-Besatzung der DC-9 bestand aus dem 41-jährigen Kapitän Jože Krumpak und dem 29-jährigen Ersten Offizier Dušan Ivanuš.[3]
Verlauf
Die britische Trident war in London in Richtung Istanbul gestartet, die DC-9, die fast ausschließlich deutsche Urlauber beförderte, im jugoslawischen Ferienort Split in Richtung Köln. Für den Hauptakteur bei der Bezirkskontrollstelle Zagreb, den 28-jährigen Fluglotsenassistenten Gradimir Tasić, war dieser 10. September bereits der dritte 12-Stunden-Tag der Woche. Als sich die beiden Flugzeuge dem Luftraum über Zagreb näherten, ereignete sich in dieser Flugsicherungszentrale der erste verhängnisvolle Fehler: Einer der Lotsen fragte Tasić, auf den überfüllten Radarschirm zeigend, ob er die DC-9 in den „oberen Luftraum“ schicken könne. Tasić, der wegen einer anderen Sache gerade ins Mikrofon gesprochen hatte, bezog die Frage fälschlicherweise auf eine andere Maschine in der Nähe und nickte ungeduldig. Danach ereigneten sich noch weitere Kommunikations-Missverständnisse, weil die Lotsen sich gleichzeitig mit anderen Maschinen befassen mussten. Der falsche Steigflug der DC-9 wurde somit auch nachträglich nicht erkannt.
Beide Flugzeuge näherten sich jetzt auf gleicher Höhe. Als Tasić auf seinen Radarschirm sah, zeigte dieser ihm die Trident möglicherweise in einer falschen Position. Er folgerte daraus rechnerisch, dass sich die beiden Maschinen in einem Abstand von ca. 250 Metern kreuzen würden. Die letzten 20 Sekunden vor der Kollision sprach er mit der DC-9-Crew nur in serbokroatischer Sprache, um deren Steigflug zu stoppen, so dass die Besatzung des britischen Flugzeugs keinen Hinweis auf ein Kollisionsproblem erhielt. Dann prallten die beiden Flugzeuge zusammen, wobei die linke äußere Tragfläche der DC-9 mitten ins Cockpit der Trident hineinschnitt, wodurch die drei Piloten dort auf der Stelle getötet wurden. Die Trident erlitt eine explosive Dekompression, wodurch der vordere Bereich wegbrach. Das Leitwerk wurde vom vorderen Bereich getroffen und abgerissen. Durch das Gewicht der Triebwerke schlug die Trident mit dem Heck auf. Das linke Triebwerk der DC-9 wurde durch Einsaugen von Trümmerteilen beschädigt, außerdem verlor sie 5 Meter der linken Tragfläche und ging in einen Sturzflug über.[4] Der Voice-Recorder zeichnete noch die letzten Worte des Inex-Copiloten D. Ivanuš auf: „Wir sind erledigt – Goodbye, goodbye“. Etwa 26 Kilometer nordöstlich von Zagreb prallten die beiden Maschinen am Boden auf. Niemand überlebte den Absturz, 176 Tote waren zu beklagen. Eine benachbarte Kleinstadt blieb knapp verschont.
Rechtliche Aufarbeitung
Beim Gerichtsverfahren fiel die Hauptschuld auf Tasić, relativiert aber durch das Radar-Versagen. In einem späteren Berufungsverfahren wurde dann auch relativierend festgestellt, dass der zu Gefängnis verurteilte Tasić diese Situation unmöglich auf sich alleine gestellt bewältigen konnte.
Literatur
- Gondrom-Verlag (Hrsg.): Flugzeug-Katastrophen, 1996, ISBN 3-8112-1296-6
Film
Weblinks
- Finaler Unfallbericht 9/82 (PDF; 9,6 MB) - Englisch (Archiv (Memento vom 10. Mai 2012 auf WebCite))
- Anhänge zum Report 9/82 (PDF; 2,1 MB) (Archiv (Memento vom 10. Mai 2012 auf WebCite))
- Unfallbericht 5/77 (PDF; 4,9 MB) - Englisch (Archiv (Memento vom 10. Mai 2012 auf WebCite))
- Anhänge zum Report 5/77 (PDF; 526 kB) (Archiv (Memento vom 10. Mai 2012 auf WebCite))
- Report zur Flugzeugkollision von Zagreb bei AirDisaster.com - Englisch
- Bericht über den Prozess im Spiegel
Einzelnachweise
- Unfallbericht 5/77 siehe Abschnitt 1.2 (Injuries to Persons)
- Unfallbericht 5/77 siehe Abschnitt 1.6 (Aircraft Information)
- Unfallbericht 5/77 Siehe Abschnitt 1.5 (Crew Information)
- Unfallbericht 5/77 Siehe Abschnitt 1.16 (Test and Research)
- https://www.imdb.com/title/tt0888489/fullcredits
- https://www.youtube.com/watch?v=zBGhsFzmjLA