Evangelium der Wahrheit

Das Evangelium d​er Wahrheit (Evangelium Veritatis, abgekürzt: EvVer o​der EV) i​st ein gnostischer Text i​n koptischer Sprache, wahrscheinlich a​us dem 2. Jahrhundert. Es i​st Teil d​er Nag-Hammadi-Schriften (Ägypten). Dort i​st es a​ls dritte Schrift d​es 1. Kodex (NHC I,3) überliefert u​nd Teile d​avon in Kodex XII. Irenäus v​on Lyon erwähnt e​in Evangelium dieses Namens. Ob e​s sich u​m dasselbe handelt, i​st offen.[1]

Nag-Hammadi-Kodex I, Blatt 17 mit dem Evangelium der Wahrheit

Name und Gattung

Die Schrift trägt keinen ausdrücklichen Titel; antikem Brauch entsprechend wurden d​ie ersten beiden Worte („Das Evangelium d​er Wahrheit i​st ein Frohlocken...“) a​ls Titel genommen. Von d​er Gattung h​er ist e​s kein Evangelium, sondern e​in predigtähnlicher Text m​it belehrenden u​nd ermahnenden Abschnitten.

Datierung

Die Begriffe u​nd Anklänge a​n die valentinianische Gnosis l​egen eine Identifizierung a​ls das b​ei Irenäus (Adversus haereses III 1,9) erwähnte „Evangelium d​er Wahrheit“ nahe. In diesem Fall wäre d​er Text u​m 150 n. Chr. entstanden. Einige „judenchristliche Reste“ (p. 19,9f.) sprechen für e​ine frühere Entstehung.[2]

Inhalt

  • Einleitung: Ursprung, Ort und Bedeutung des Wortes, das vom „himmlischen Vater“ hervorgegangen ist (p. 16,31-17,3)
  • Entstehung des Irrtums aus der Suche der göttlichen Welt nach „dem Ursprung“ (mangels klarer Erkenntnis des Vaters); Entstehung der materiellen Welt durch den Irrtum (als Ersatz für die wahre Wirklichkeit) (p. 17,4-18,3)
  • Entstehung der „Einsicht“ (Gnosis) aus dem Vater (p. 18,4)
  • Rolle des Erlösers, Offenbarung der Gnosis als Buch
  • Folgen der Offenbarung
  • Rückkehr in die Ruhe im Vater

Wichtige Aussagen

  • „Der Name Evangelium bedeutet: Hier wird den Menschen Hoffnung geoffenbart. Hier können alle, die suchen, das finden, was sie suchen.“ (S. 17)
  • „Der Irrtum beschäftigte sich mit Macht damit, einen schönen Ersatz für die wahre Wirklichkeit zu schaffen: die sichtbare Welt.“ (S. 17)
  • „Verachtet den Irrtum! Weil er so entstand, hat er keine Wurzel. Er entstand in einem Nebel, weil man den Vater nicht klar erkennen konnte.“ (S. 17)
  • „Wenn man daher den Vater kennenlernt, dann wird von da an das Vergessen nicht mehr bestehen können. Dies ist das Evangelium Gottes, nach dem die Menschen suchen. / Jesus Christus hat es geoffenbart. Er ist das verborgene Geheimnis.“ (S. 18)
  • „Wer aber bis zuletzt ohne Einsicht ist, der ist ein Geschöpf des Vergessens, und er wird mit dem Vergessen zusammen vergehen.“ (S. 21)

Ausgaben

  • James M. Robinson (Hrsg.): Nag Hammadi Studies (NHS). Brill, Leiden 1948ff. ISSN 0169-7749 S. 37–49. (koptisch und englische Übersetzung)
  • Klaus Berger, Christiane Nord: Das Neue Testament und frühchristliche Schriften. Frankfurt 1999, S. 1050–1067. (Einleitung und deutsche Übersetzung)
  • Hans-Josef Klauck: Apokryphe Evangelien. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2002, ISBN 3-460-33022-8, S. 177–188.
  • Uwe-Karsten Plisch: Was nicht in der Bibel steht. Apokryphe Schriften des frühen Christentums. Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 2006, ISBN 3-438-06036-1.

Anmerkungen

  1. Klaus Berger, Christiane Nord: Das Neue Testament und frühchristliche Schriften. Frankfurt 1999, S. 1050.
  2. Klaus Berger, Christiane Nord: Das Neue Testament und frühchristliche Schriften. Frankfurt 1999, S. 1050.
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