Ergötzliche Nächte
Die ergötzlichen Nächte (italienisch Le piacevoli notti) ist eine Sammlung von Märchen, die Giovanni Francesco Straparola in zwei Bänden zwischen 1550 und 1553 publiziert hat.
Hintergrund
Die Geschichten der „ergötzlichen Nächte“ sind wie bei Boccaccios Decamerone in eine Rahmenerzählung eingebunden, stilistisch jedoch nicht mit ihm zu vergleichen. Die Sammlung beinhaltet 75 Geschichten und Novellen, davon 21 Märchen.
In der Rahmenhandlung erzählt sich während der Karnevalszeit in einer Villa (wahrscheinlich die des Bischofs von Lodi) auf Murano eine mondäne Gesellschaft von Damen und Herren in dreizehn Nächten Novellen und Märchen, an deren Schluss jeweils ein Rätsel gestellt und gelöst wird. In den ersten zwölf Nächten werden jeweils fünf, in der dreizehnten Nacht dreizehn Geschichten erzählt.
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Das Werk erfreute sich außerordentlicher Beliebtheit und erlebte innerhalb weniger Jahrzehnte über 50 Auflagen.
In den späteren Auflagen von 1556 wird die fünfte Novelle der achten Nacht aus religiöser Rücksichtnahme durch zwei andere Geschichten ersetzt, so dass das Werk von nun an 74 Erzählungen umfasst. Ab 1598 wurde es aufgrund unehrbarer Anspielungen und Anzüglichkeiten auf den geistlichen Stand, so in der Geschichte vom Priester Scarpacifico und den drei Straßenräubern, das später als Vorlage für Der kleine Klaus und der große Klaus diente, zensiert. Einige Novellen, in denen Kleriker eine Rolle spielen, werden herausgenommen, es kommt sogar zu einem päpstlichen Verbot.
Straparola hat 23 seiner Novellen dem Neapolitaner Hieronymus Morlini, 16 Sachetti, Brevio, Ser Giovanni, dem altfranzösischen Fabliaux, der Legenda Aurea und dem Roman de Merlin entlehnt; andere gehen auf einen arabischen Roman über vierzig Tage und Abende, wieder andere auf Tausendundeine Nacht zurück.
Der Dieb Cassandrino
Cassandrino hat einen Freund, den Prätor. Dieser liebt ihn so sehr, dass er ihn für seine ständigen Diebstähle nicht bestrafen lässt. Allerdings soll Cassandrino ihm beweisen, was für ein guter Dieb er ist. Aus diesem Grund stellt er ihm 3 Aufgaben: Cassandrino soll ihm sein Bett stehlen während er schläft, in der Nacht ein Pferd stehlen, welches von Dienern bewacht wird und schließlich den Priester Severino in einem Sack zu ihm bringen. Cassandrino gebraucht jedes Mal eine List, um die Wünsche seines Freundes zu erfüllen (für das Bett gräbt er eine Leiche aus, den Diener, der auf dem Pferd schläft, setzt er auf Holzpflöcke und dem Priester verspricht er, als er in Engelsgestalt zu ihm kommt, in die Herrlichkeit einzugehen, wenn er sich in den Sack begibt). Als er alle Dinge ausgeführt hat, wird er ein rechtschaffener Mensch und Kaufmann.
Priester Scarpacifico
Der Priester wird, nachdem er auf dem Markt einen Esel gekauft hat, von 3 Räubern hereingelegt, die ihm den Esel abschwatzen, weil es sich bei ihm schließlich um einen Esel und nicht um ein Maultier handle. Nachdem der Priester dem Betrug aufgedeckt hat, will er sich bei den Räubern rächen. Er tut 3 Dinge: er verkauft ihnen eine Ziege, die angeblich nach Hause gehen und Essen bei den Frauen bestellen kann, er verkauft ihnen eine Sackpfeife, mit der man Tote angeblich wieder beleben kann (daraufhin töten die Räuber ihre Frauen) und er lässt sie glauben, als sie ihn in einen Sack einschnüren, er in ihrer Abwesenheit allerdings entkommen kann und an seine Stelle einen Schäfer in den Sack setzt, welcher daraufhin von den Räubern in den Fluss geworfen wird, dass er im Sack nicht ertrunken ist, sondern als reicher Schäfer zurückgekehrt ist, woraufhin sich die Räuber ebenfalls in Säcke einschnüren und ins Wasser werfen lassen. Daraufhin sterben sie, der Priester allerdings kehrt als reicher Mann mit einer Herde Schafe nach Hause zurück.
Die Prinzessin als Ritter
Ricardo ist der König von Theben. Als er ein alter Mann ist, beschließt er, sein Reich für seine drei Töchter aufzuteilen. Er behält ein kleines Stück Land für sich. Dann wird seine Frau allerdings wieder schwanger und das vierte Mädchen kann kein Land mehr erhalten. Die Eltern möchten sie an einen niederständischeren Mann verheiraten, weil sie keinen Anspruch mehr auf einen König hat (sie hat kein Vermögen und kein Land, das als Mitgift dienen könnte). Daraufhin beschließt Constanza als Constanzo in die Welt zu reisen, um sich einen König zu suchen. Sie kommt zum König Caco, welchem sie zu dienen beginnt. Er hat eine Frau, welche sich in Constanzo verliebt. Als sich ihre Liebe in Hass wandelt, möchte sie Constanzo loswerden, indem sie Caco sagt, Constanzo solle einen Satyr fangen, ein halb Mensch, halb Tier-Ungeheuer, das noch von niemandem gefangen werden konnte. Constanzo aber schafft es und als er ihn zum König bringt, beginnt der Satyr dreimal laut zu lachen: Einmal bei der Beerdigung eines Kindes, einmal bei einer Hinrichtung eines armen Mannes und einmal als er die Königin sieht. Der Grund hierfür liegt darin, dass der Satyr magische Fähigkeiten besitzt und sieht, dass der Vater des Kindes, welches beerdigt wurde, nicht der wahre Vater ist, der arme Mann im Vergleich zu den Zuschauern der Hinrichtung keinen wirklichen Diebstahl begangen hat und die Dienerinnen der Königin zum Teil Männer sind. Daraufhin lässt Caco seine Frau und die Männer töten, Constanza gibt sich zu erkennen und heiratet den König.
Werkausgaben
- Ergötzliche Nächte. Übers. Adelbert von Keller, Ill. Franz Stassen. Wigand, Leipzig, o. J. (ca. 1910).
- Die Novellen und Mären der Ergötzlichen Nächte. 2 Bände. Übers. Hanns Floerke, Georg Müller-Verlag, 1920.
- Ergötzliche Nächte. Hermann Meister Verlag. Heidelberg 1950. (Die kleinen Meisterbücher. 108)
- Ergötzliche Nächte. Achtzehn dreiste Geschichten. Desch, München 1968.
- Die ergötzlichen Nächte des Giovan Francesco Straparola. Hrsg. Werner Heilmann, Übers. Alfred Semerau. 3. Auflage. Heyne, München 1982, (Exquisit-Bücher. 197). ISBN 3-453-50166-7
- Die ungetreue Polissena : ergötzliche und tolldreiste Novellen aus dem alten Italien. Nach den Übers. von Keller u. Floerke, Bearb. u. Hrsg. Gerda Böttcher. Ill. Inge Jastram. Eulenspiegel-Verlag, Berlin, 1989, ISBN 978-3-359-00350-2. (Auch als Hörbuch: DAISY, Sprecher: Katarina Regehr)
Adaptionen in den Medien
- Le Piacevoli notti. Italien, 1966. (Dt. Ergötzliche Nächte, engl. Pleasant Nights) Regie: Armando Crispino, Luciano Lucignani, Darsteller: Vittorio Gassman, Gina Lollobrigida, Ugo Tognazzi, Adolfo Celi, Eros Pagni, Gigi Proietti, Carmen Scarpitta, Maria Grazia Buccella, Hélène Chanel, Luigi Vannucchi, Magda Konopka, Omero Antonutti, u. a.