Englische Virginalisten
Der Begriff englische Virginalisten, kurz Virginalisten, bezieht sich auf eine Gruppe englischer Komponisten vom Ende des 16. und dem Beginn des 17. Jahrhunderts, die Musik für das Virginal oder das Cembalo komponierten.
In der Zeit vor den Virginalisten wurde nicht zwischen Musik für Orgel, Cembalo und anderen Tasteninstrumente unterschieden. Die Virginalisten waren die ersten, die ausdrücklich für ein Instrument, das Virginal, schrieben und die spezifischen Möglichkeiten dieses Instruments nutzten. Charakteristisch sind dabei die schnellen virtuosen Passagen, erstmals auch in der linken Hand, die durch die schmalen Tasten und den leichten Anschlag des Virginals ermöglicht wurden.
Charakteristisch für die Virginalisten ist die Aneinanderreihung von Variationen über bekannte Lieder und Tänze. Eine typische Form ist auch die Variation upon a Ground, einen Basso ostinato, d. h. ein wiederkehrendes und konstantes Thema im Bass, das dann aber auch in den oberen Stimmen auftaucht. Beliebt ist auch die fancy (Fantasie), die der improvisatorisch wirkenden Fantasie des Kontinents ähnelt.
Auch die Musik einiger niederländischer und flämischer Komponisten, darunter Pieter Cornet und Jan Pieterszoon Sweelinck, ist stark von den Virginalisten beeinflusst. Zwei wichtige Vertreter dieser Schule, John Bull und Peter Philips, waren auch in Brüssel und Antwerpen tätig.
Klaus Wolters z. B. reiht auch Thomas Tallis (als Vorläufer) und (den Lautenisten) Robert Dowland (übertragen von Edgar Hunt) unter die englischen Virginalisten ein.[1]
Eine wichtige Quelle für das Schaffen dieser englischen Virginalisten ist das Fitzwilliam Virginal Book, aber auch andere Sammlungen wie das My Ladye Nevells Booke oder Benjamin Cosyn's Virginal Book.
In den Reihen Musica Britannica und Early Keyboard Music im Verlag Stainer & Bell erschienen kritische Ausgaben bzw. Auswahlsammlungen.
Komponisten
Komponisten, die zu dieser musikalischen Strömung gezählt werden, sind:
- John Blitheman
- John Bull (1562 oder 1563–1628)
- William Byrd (wahrscheinlich 1543–1623)
- Benjamin Cosyn
- Giles Farnaby (um 1563–1640)
- Richard Farnaby
- Orlando Gibbons (getauft 1583–1625)
- William Inglott
- Thomas Morley (1557 oder 1558–1602)
- John Mundy (um 1555–1630)
- Martin Peerson (um 1572–1651)
- Peter Philips (1560 oder 1561–1628)
- Ferdinando Richardson (ca. 1558–1619)
- Nicholas Strogers
- William Tisdale (geboren um 1570)
- Thomas Tomkins (1572–1656)
Sammlungen
Sammlungen mit Werken der Virginalisten sind:
- Anne Cromwell’s Virginal Book
- Benjamin Cosyn’s Virginal Book
- Clement Matchett’s Virginal Book
- Elizabeth Rogers’ Virginal Book
- Fitzwilliam Virginal Book
- My Ladye Nevells Booke
- Parthenia Inviolata
- Parthenia
- Priscilla Bunbury’s Virginal Book
- Susanne van Soldt Manuscript
- Dublin Virginal Manuscript
- The Mulliner Book
Siehe auch
Literatur
- Walter Niemann: Die Virginalmusik. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1919, OCLC 904224186.
- Margaret H. Glyn: About Elizabethan Virginal Music and its Composers. William Reeves, London 1934.
- Willi Apel: The History of Keyboard Music to 1700. Indiana University Press, 1972, S. 156–164, 253–258, 278–287, 293–323.
- Klaus Wolters: Handbuch der Klavierliteratur zu zwei Händen. 5. Auflage. Atlantis, Zürich 2001, ISBN 3-254-00248-2.
- Ernst Apfel: Ostinato und Kompositionstechnik bei den englischen Virginalisten. In: Archiv für Musikwissenschaft Nr. 19/20, 1962/63, S. 29–39, JSTOR 930025.
Einzelnachweise
- Klaus Wolters, S. 171