Emil Mayer (Architekt, 1845)
Emil Mayer (* 9. Juni 1845 in Stuttgart; † 7. Juli 1910 ebenda) war ein deutscher Architekt, zuletzt Stadtbaurat in Stuttgart. Er ist Vater des Architekten Martin Mayer (1878–1925).
Ausbildung und Tätigkeit
Mayer studierte am Polytechnikum, nachmals Technische Hochschule Stuttgart,[1] und war dort Schüler insbesondere von Christian Friedrich von Leins (1814–1892). Nach dem ersten württembergischen Staatsexamen nahm er eine Tätigkeit bei der österreichischen Nordostbahn in Wien auf. Nach Württemberg zurückgekehrt, legte er die zweite Staatsprüfung ab und wurde 1877 Bezirksbauinspektor in Ellwangen. Neun Jahre später wechselte er nach Stuttgart, wo er von 1886 bis zu seinem Tod als Oberbaurat die Leitung des Hochbauamtes innehatte und auch ehrenamtlich als Preisrichter bei Architektur-Wettbewerben tätig war.
Seine Bauten in Auswahl
Als Stadtbaurat in Stuttgart schuf er zahlreiche öffentliche Bauten, darunter Krankenhausbauten, vor allem aber Schulgebäude, so 1889/90 die Römerschule in Stuttgart-Süd (Hauptstätter Str. 139 / Römerstr. 16),[2] 1894/96 die Wilhelms-Realschule, dann Technische Oberschule in Stuttgart-Mitte (Hohenheimer Str. 12),[3] 1900/02 die Schwabschule in Stuttgart-West (Bebelstr. 17), 1901/03 das Königin-Katharina-Stift, eine höhere Schule für Mädchen, in Stuttgart-Mitte (Schillerstr. 5)[4] und 1906/08 zusammen mit Bauinspektor Albert Pantle (1859–1921) die Schillerschule in Stuttgart-Bad Cannstatt (Wiesbadener Str. 40).[5] Eines seiner letzten maßgeblich geplanten Werke ist der 1905/09 erbaute städtische Schlachthof in Stuttgart-Ost/Gaisburg (Schlachthofstr. 2).[6]
Charakteristik der Architektur
Mayers Zeitgenossen schätzten an seinen Bauten die Zweckmäßigkeit von Anlage und Grundriss. Bei den Schulbauten kombinierte er Mittelflur- und Seitenflurgrundrisse, wobei er großen Wert auf eine gute natürliche Belichtung legte. Für Sockel und Treppen setzte er – weil besonders robust – Granit ein. Für die Hauptfassaden wählte er meist aufwändig aus heimischem Werkstein gearbeitete Gliederungen im Stil vor allem der Deutschen Renaissance, also einer Zeit, in der Bildung auch für das Bürgertum bedeutend und möglich wurde. Durch die bevorzugten Formen der Deutschen Renaissance knüpfte Mayer zudem stilistisch an die das Stuttgarter Stadtbild damals prägende Architektur der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts an. Allein an den Fassaden der ehemaligen Wilhelms-Realschule setzte Mayer Formen des französischen Barocks ein, damit und mit speziellen Gestaltelementen, wie Kuppel, Freitreppe und den zwei Geschosse übergreifenden Säulen beidseitig des Portals die Architektur des 1894 vollendeten Reichstag in Berlin aufnehmend. Bei seinem letzten Schulbau, der Schillerschule in Bad Cannstatt, gliederten er und sein Mitarbeiter Bauinspektor Albert Pantle (1859–1921) – dem sich wandelnden Gestaltungsverständnis folgend – die Fassaden in den schlichteren Formen des süddeutschen Barock.
Literatur und Quellen
- Fridolin Rimmele: Oberbaurat E. Mayer in Stuttgart †. In: Zentralblatt der Bauverwaltung 30. Jg., 1910, S. 409, dort auch Porträtfoto
- [Nachruf Emil Mayer]. In: Deutsche Bauzeitung 44. Jg., 1910, S. 440
- Kleine Mitteilungen Stuttgart [Nachruf E. Mayer]. In: Württembergische Bauzeitung Jg. 29, 1910, S. 234f
- Mayer, Emil. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 24: Mandere–Möhl. E. A. Seemann, Leipzig 1930, S. 469.
Einzelnachweise
- Matrikelliste des Universitätsarchivs Stuttgart
- Liste der Kulturdenkmale in Stuttgart, geführt vom Landesamt für Denkmalpflege und der Denkmalschutzbehörde, Stand 2017
- Neubau der Wilhelms-Realschule in Stuttgart. In: Deutsche Bauzeitung 30. Jg., 1896, S. 487; Liste der Kulturdenkmale in Stuttgart, geführt vom Landesamt für Denkmalpflege und der Denkmalschutzbehörde, Stand 2017
- Der Neubau des Königin Katharinastifts in Stuttgart. In: Zentralblatt der Bauverwaltung 23. Jg., 1903, S. 582–585, 590–592; Das neue Katharinenstift in Stuttgart. In: Württembergische Bauzeitung 1. Jg., 1904, S. 49–51, 57f; Liste der Kulturdenkmale in Stuttgart, geführt vom Landesamt für Denkmalpflege und der Denkmalschutzbehörde, Stand 2017; Gisela Gündert, Wolfgang Kress, Josef Buck: 200 Jahre Königin-Katharina-Stift, hrsg. vom Königin Katharina Stift, Stuttgart 2018, S. 142f
- [Zur Besichtigung von städtischem Krankenhaus und Schiller-Schule durch den Württembergischen Verein für Baukunde zu Stuttgart] In: Deutsche Bauzeitung 43. Jg., 1909, S. 587; Liste der Kulturdenkmale in Stuttgart, geführt vom Landesamt für Denkmalpflege und der Denkmalschutzbehörde, Stand 2017
- Der neue Schlacht- und Viehhof der Stadt Stuttgart. In: Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsass-Lothringen 7. Jg. 1910, S. 113–120; Julius Baum u. a.: Die Stuttgarter Kunst der Gegenwart, Stuttgart 1913, S. 257; Liste der Kulturdenkmale in Stuttgart, geführt vom Landesamt für Denkmalpflege und der Denkmalschutzbehörde, Stand 2017