Echtzeitkinematik
Die Echtzeitkinematik (englisch Real Time Kinematic, RTK) ist in der Geodäsie ein Verfahren zur präzisen Bestimmung von Positionskoordinaten mit Methoden der Satellitennavigation. Es wird zum Aufmessen oder Abstecken von Punkten mit Hilfe satellitengestützter Navigationssysteme wie GPS, GLONASS, Beidou oder Galileo verwendet.
Dabei werden Genauigkeiten von 1 bis 2 cm erreicht. Die Koordinaten der Punkte werden nach der Initialisierung in Echtzeit berechnet. Voraussetzung ist ein ungestörter Empfang der Signale von mindestens fünf GNSS-Satelliten (empfohlen werden mindestens sechs). Prinzipiell werden mindestens zwei GNSS-Antennen benötigt:
- die erste ist die Referenz-Antenne
- die zweite der Rover, dessen Position durch dreidimensionales polares Anhängen an die Referenzstation nach dem Basislinienverfahren bestimmt wird.
Statt temporärer (privater) Referenz-Anttennen können auch permanente Referenzstationen eingesetzt werden, die von einem privaten Betreiber oder von den Vermessungsverwaltungen der Bundesländer zur Verfügung gestellt werden (Satellitenpositionierungsdienst der deutschen Landesvermessung (SAPOS), Axio-Net). Um nicht zu viele Referenzstationen einrichten zu müssen, ist man zu Netz-RTK übergangen. Hier werden mehrere Referenzstationen vernetzt und Korrekturdaten an den Rover im Vermessungsgebiet über Mobiltelefon (= per GSM; veraltet, nur noch in einigen Bundesländern verfügbar) oder mobiles Internet (Protokoll: Ntrip) übermittelt (SAPOS-Vernetzung).
Funktionsweise
Das Verfahren arbeitet mit simultanem Empfang von GNSS-Satellitensignalen mit geodätischen Empfängern.[1]
Die präzisen Positionen werden wie beim Differential Global Positioning System (DGPS) relativ zu Referenzstationen mit feststehenden Koordinaten bestimmt. DGPS-Verfahren erreichen eine Ortsauflösung im Meter- oder Submeterbereich. RTK ist um jenen Faktor genauer, den die Trägerfrequenz höher ist als die Chiprate. Die Phasenmessung ist auf etwa 1 mm genau, aber mehrdeutig um das Vielfache einer Wellenlänge, die bei der L1-Frequenz etwa 20 cm beträgt.
Die maximale Entfernung des Empfängers (Rovers) von der Referenzstation beträgt bei temporären Referenzstationen unter günstigen Bedingungen bis zu 10 km. Bei permanenten Referenzstationen ist ab 20 km RTK nicht mehr möglich. Bei Netz-RTK sind die Referenzstationen 50 bis 100 km voneinander entfernt. So lohnte es sich hier erstmals, ein flächendeckendes Netz von Referenzstationen aufzubauen.
Für Netz-RTK gibt es theoretisch zwei Verfahren, die angewandt werden können. Beim ersten Verfahren werden an den Nutzer im Messgebiet lediglich Parameter zur Flächenkorrektur übermittelt. Beim zweiten Verfahren, das in der Praxis ausschließlich benutzt wird, sendet der Rover seine Näherungskoordinaten über Mobiltelefon in die Vernetzungszentrale, wo eine optimale Dreiecksvermaschung berechnet und dann Korrekturdaten für diese Näherungsposition zurück an den Rover übermittelt werden (Prinzip der virtuellen Referenzstation).
RTK-Korrekturübertragungsprotokolle
NTRIP ist ein RTK-Korrekturübertragungsprotokoll.
Literatur
- Martin Asbeck, Stefan Drüppel, Klaus Skindelies, Markus Stein: Vermessung und Geoinformation. Fachbuch für Vermessungstechniker und Geomatiker. Hrsg.: Michael Gärtner. Gärtner, Solingen 2012, ISBN 978-3-00-038273-4, S. 111–123.
- Manfred Bauer: Vermessung und Ortung mit Satelliten. Globale Navigationssatellitensysteme (GNSS) und andere satellitengestützte Navigationssysteme. 6., neu bearb. und erw. Auflage. Wichmann, Berlin 2010.
- Manfred Bauer, Lambert Wanninger: Vermessung und Ortung mit Satelliten GPS und andere satellitengestützte Navigationssysteme. 5., neu bearb. und erw. Auflage. Heidelberg 2003, ISBN 978-3-87907-360-3.
Einzelnachweise
- Martin Asbeck, Stefan Drüppel, Klaus Skindelies, Markus Stein: Vermessung und Geoinformation. Fachbuch für Vermessungstechniker und Geomatiker. Hrsg.: Michael Gärtner. Gärtner, Solingen 2012, ISBN 978-3-00-038273-4, S. 113, 114.