Doxomanie
Doxomanie (von altgriechisch δόξα = „Ruhm, Ehre“ und μανία <maníā> = „Raserei, Wut, Wahnsinn“) bezeichnet Ruhmsucht oder Ruhmbegierde.
Begriffsgeschichte
Doxomanie in der katholischen Morallehre
Eine erste nachweisbare Nennung von Ruhmsucht als menschliches Laster geht auf Euagrios Pontikos zurück, der Ruhmsucht als Vana Gloria zu den acht negativen Eigenschaften rechnete, von denen Mönche heimgesucht werden können. Papst Gregor I. († 604) ordnete in seinem Sündenkatalog Ruhmsucht der Todsünde des Hochmuts zu.
Seit dem frühen Christentum spielte diese Auffassung eine Rolle. Johannes Cassianus schreibt:[1]
Fastet der Mönch offen, so wird er von der eitlen Ruhmsucht geplagt; wenn er es, um die Ruhmsucht zu vermeiden, verheimlicht, so versetzt ihm [S. 229] wieder die Selbstüberhebung Schläge. Um nicht von der eitlen Ruhmsucht angesteckt zu werden, vermeidet er es, lange Gebete in der Gegenwart der Brüder zu verrichten, und doch entgeht er dem Stachel der Eitelkeit nicht, wenn er sie im Verborgenen verrichtet und keine Zeugen seines Handelns hat.
Ramon Llull (ca. 1237 bis 1316) schreibt in der Doctrina pueril:[2]
Ruhmsucht bewirkt, dass man sein inneres Streben ganz auf die eigene Ehre ausrichtet.... Deshalb tun Ruhmsüchtige Gutes oder etwas, das den Anschein des Guten hat, damit man sie lobt und ehrt.
Ältere Konversationslexika beschreiben die Doxomanie bis ins 19. Jahrhundert hinein als übermäßige Ruhmbegierde[3] bzw. Ruhmsucht[4][5].
Doxomanie und vergleichbare psychopathologische Konzepte
Neben der christlich-moralischen Bewertung der Ruhmsucht findet die Beschreibung des entsprechenden Verhaltens im 20. Jahrhundert Eingang in die Psychologie und Psychiatrie. Im Rahmen des Krankheitsbildes der narzisstischen Persönlichkeitsstörung wird die „Suche nach Ruhm, Berühmtheit und Kraft“ als ein Motiv diskutiert[6]. Insofern ist das Konzept der Doxomanie auch heutzutage noch aktuell[7][8].
Eine nicht verwandte historische Bezeichnung ist Paradoxomanie („Paradoxie-Sucht“), die als Sucht, durch etwas Außerordentliches, Unerwartetes und Seltsames zu glänzen, beschrieben wird.[9][10] In diesem Zusammenhang ist auch von Sonderlingssucht und Seltsamkeitsfieber die Rede.[11] Die Sonderlingssucht sei auch ein Grund für Irrtümer, denn durch die „Sonderlingssucht oder das unbedingte Streben nach dem Ungewöhnlichen“ werde, so Uhle (1825), mancher „verleitet, auch die unumstößlichen Wahrheiten nicht anzunehmen“, weil man so starkes Wohlgefallen am Unglaublichen („oder: Überglaublichen“) finde, „daß man auch den gewagtesten Voraussetzungen Glauben beimißt, und alles vernünftige Selbstdenken verlernet.“.[12]
Einzelnachweise
- Cassian († 430/35) - Von den Einrichtungen der Klöster (De institutis coenobiorum et de octo principalium vitiorum remediis) Elftes Buch: Von dem Geiste der eitlen Ruhmsucht
- Ramon Llull (ca. 1237 bis 1316) Doctrina pueril: Was Kinder wissen müssen LIT Verlag Münster, 2010
- Conversations-Hand-Lexikon von Wolff 1834
- Handbuch der Fremdwörter von F. E. Petri 1863
- Encyklopädisches Lexikon in Bezug auf die neueste Literatur und Geschichte der Philosophie Brockhaus 1838
- Narzissmus.net Narzisstische und Borderline-Störung, zwei verwandte Bilder
- vergleiche z. B. FAZJOBnet.¨, Beitrag von B. Bandelow
- Sebastian Strauss: Zwischen Narzissmus und Selbsthass, De Gruyter 2010
- Wolfgang Heinrich Puchta: Der Geschäftsmann in Gegenständen der öffentlichen und Privatrechts-Praxis. I.I Palm und Erst Enke, Erlangen 1818 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Wilhelm Traugott Krug: Allgemeines Handwörterbuch der philosophischen Wissenschaften nebst ihrer Literatur und Geschichte. Band 3. Brockhaus, Leipzig 1833 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Johann Christian August Heyse: Kurzgefaßtes Fremdwörterbuch oder Handbuch zum Verstehen nach Vermeiden der in unserer Sprache mehr oder minder gebräuchlichen fremden Ausdrücke. Mit Bezeichnung der Aussprache, der Betonung und der nöthigsten Erklärung. Hahn'sche Hofbuchhandlung, Hannover 1825, S. 495 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Alois Uhle: Bündige Denklehre als Vorschule zur Lehre von der schriftlichen Darstellung in der unteren und mittleren Prosa. Piller'sche Schriften, Lemberg 1825, S. 139 und 184 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).